Kandidatur Olympische Jugend-Spiele

Sportliches Risiko für die Staats-Kassen

Im Stadion Allmend könnten Wettkämpfe für die «Youth Olympic Games» 2020 stattfinden. (Bild: lucerne2020.ch)

24 Millionen Franken wollen die Zentralschweizer Kantone für die Olympischen Jugend-Winterspiele ausgeben. Doch noch ist vieles unklar – auch die endgültigen Kosten. Wie sehr diese aus dem Ruder laufen könnten, zeigt ein vertraulicher Bericht, der zentral+ vorliegt.

Die sechs Regierungen der Zentralschweiz geben sich in diesen Tagen selbstbewusst. Sie bewerben sich beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) um die Austragung der Jugendspiele. Überzeugt haben die Kantonsvertreter unterschrieben, «gemeinsam etwas Grossartiges für unsere Jugend zu realisieren», wie es in der Absichtserklärung heisst. Die nachhaltige Förderung des Jugendsports, die PR-Strahlkraft von Megaevents über die Landesgrenzen hinaus sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit der Kantone werden als Vorteile dieser Kandidatur angepriesen. Die einzelnen Austragungsorte kennt man noch nicht – aber das gesamte Projekt soll 48 Millionen Franken kosten.

Über das finanzielle Risiko für die öffentliche Hand wurde bis anhin noch nicht viel gesprochen. Die Olympiade soll erst im Jahr 2020 stattfinden und ist diesbezüglich noch in weiter Ferne. Es scheint auch nicht sehr wichtig, schon in der Bewerbungsphase darüber zu reden.

Aber die Kostentransparenz bei solchen Sportevents ist sehr umstritten. Ohne finanzielle Zusage der öffentlichen Hand kommt eine solche Kandidatur erst gar nicht ins Rollen. Mit der Bewerbung haben die sechs Zentralschweizer Kantone zusammen mit der Stadt Luzern zugesichert, rund die Hälfte der Ausgaben zu übernehmen. «Das Budget umfasst die Eröffnungsfeier, die Technik, Transport, Sicherheit, Sport, Infrastruktur, Helfer, die Olympic-Village bis hin zu Löhnen und die Schlussfeier», sagt Werner Grossniklaus vom Initiativkomitee «Lucerne 2020». Die andere Hälfte der 48 Millionen soll unter anderem durch private Sponsoren zusammenkommen.

Dabei ist vieles inhaltlich noch unklar. Das Budget sei noch nicht abgeschlossen, heisst es gleichzeitig. Solange die Austragungsorte noch nicht feststehen, rechnet das Initiativkomitee für das IOC mit einem Verteilschlüssel nach Anzahl Einwohner. Der Kanton Luzern müsste demnach 15 bis 17 Millionen Franken übernehmen. Der Kanton Zug zwei bis drei Millionen. Als möglicher Gastgeber, als «Host-City», hat die Stadt Luzern in einem Grundlagenpapier schon mal einen A-Fonds-Perdu-Beitrag von fünf Millionen für die Spiele in Aussicht gestellt.

Innsbruck musste die «Blackbox» öffnen

Nur, wie leicht später die tatsächlichen Veranstaltungskosten aus dem Ruder laufen können, ist bekannt: In Singapur wurde das ursprüngliche Budget der Jugend-Sommerspiele gleich um ein Vierfaches überschritten. In Graubünden explodierten die Kosten förmlich, als es darum ging, für die Olympischen Winterspiele 2022 konkret zu werden. Die Defizitgarantie des Bundesrates wurde auf eine Milliarde hochgeschraubt.

In Innsbruck lief die Kandidatur ganz ähnlich wie in der Zentralschweiz. Innsbruck war Austragungsort für die «Youth-Olympic Games 2012». Und erst kürzlich haben die Tiroler eine saftige Quittung dafür erhalten.

Denn ein vertraulicher Bericht des Landesrechnungshofes, der zentral+ vorliegt, zeigt nun auf, wie der Aufwand nach dem Zuschlag des IOC wie automatisch nach oben kletterte.

Gleich wie die Zentralschweiz verpflichtete sich Innsbruck vorerst mit einem Regierungsbeschluss, sich an den Kosten der Bewerbung, der Organisation und der Durchführung zu beteiligen. Die öffentliche Hand (die Region Tirol, der Bund und die Stadt Innsbruck) hatten zu den anfänglichen Gesamtkosten von 15 Millionen Euro insgesamt 60 Prozent beizusteuern, also 9 Millionen. Daneben sollte das IOC ebenfalls Kosten übernehmen. Auch Beiträge von Sponsoren und Tourismusorganisationen sollten fliessen. Soweit der Plan. Ein genaues Sportprogramm lag bei der Bewerbung 2008 aber noch nicht vor.

Mit dem Einverständnis hatten die Behörden grünes Licht gegeben. Denn nachdem die Stadt vom IOC die Zusage für die Olympischen Jugend-Winter-Spiele erhalten hatte, galt es, «auf Basis der in der Bewerbung gefassten Beschlüsse die weitere Umsetzung und Mittelbereitstellung sicherzustellen», so der Bericht wörtlich. Wie genau die Spiele ausgestaltet werden sollten oder wo sie stattfinden, war auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar.

Erst indem das IOC das genaue Programm der Disziplinen festlegte, kam der Ball ins Rollen. Dann ergaben sich weit höhere Anforderungen an die Ausrichtung der sportlichen Wettbewerbe als geplant. Die Mietkosten für die Wohnungen im Olympischen Dorf und für Veranstaltungsorte (Olympiaworld und Congress/Messe Innsbruck) sowie das Personalbudget mussten massiv erhöht werden. 
Aus einem geschätzten Betrag von 15 Millionen Euro wurden somit 23,7 Millionen Euro, in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat (bestehend aus Funktionären und Politikern).

Schlussendlich mussten die Behörden für den Fehlbetrag gerade stehen: «In Folge dessen sollten die ursprünglich vereinbarten Förderbeträge des Bundes, des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck von jeweils 3 Millionen Euro auf jeweils 5 Millionen Euro erhöht werden», so der Bericht. «Der höhere Finanzierungsbedarf wurde nicht zur Gänze durch Sponsoringeinnahmen abgedeckt.»

Die Zentralschweiz habe die Kosten im Griff

In der Zentralschweiz hingegen steckt das Projekt «Youth Olympic Games 2020» noch in den Kinderschuhen. Laut Beat Villiger, Präsident der Zentralschweizer Regierungskonferenz, bedeutet die kürzlich unterzeichnete Absichtserklärung, dass man mit diesen Kostenteilen weiterrechnet. «Danach geht es darum, die Beiträge noch rechtlich abzusichern. Dies kann durch parlamentarische Entscheide geschehen, aber auch durch Budgetvor- und nachträge. Zuwendungen aus dem Lotteriefonds wären auch denkbar.»

Und Werner Grossniklaus vom Initiativkomitee verteidigt die geschätzten Berechnungen von 48 Millionen: «Wir haben bei uns ein strenges Kostenmanagement mit genauen Budgetpositionen. Zudem eine Kontrolle durch die Treuhandstelle und durch die Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers, welche auch bereits unser Budget verifiziert haben.» Für die Einnahmen ist laut Grossniklaus vorgesehen, dass sich die Beiträge der öffentlichen Hand (Kantone und Stadt Luzern), die Entschädigungen seitens des IOC, sowie die Sponsoringeinnahmen «in etwa die Waage halten».

Bis die Kandidatur gewonnen ist, kann noch viel Zeit vergehen. Am 22. August entscheidet das Exekutiv-Komitee von Swiss Olympic vorerst in einer nationalen Beratung über das Dossier. Mitbewerber für die Schweiz ist auch Lausanne. Danach müsste die Zentralschweiz für eine weitere, internationale Runde vor das IOC. Die definitive Wahl des Austragungsortes erfolgt durch die Gremien des IOC im Sommer 2015.

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