Zum Standort des Informatik-Departements

Hochschulwürde für Rotkreuz

Am rechten oberen Rand des Suurstoffi-Areals soll das Informatik-Departement einst 1000 Studierende ausbilden. (Bild: Google Maps)

Dem Entscheid, das Departement Informatik in Rotkreuz anzusiedeln, ging ein zähes Ringen und Werben voraus. Und eine Entwicklung des einstigen Bauerndorfes zu einem Standort, der auch Zug oder Luzern auszustechen vermag. Doch noch könnte der Zuger Kantonsrat der Ennetsee-Gemeinde einen Strich durch die Rechnung machen.

Bis Anfang der 70er-Jahre galt Rotkreuz als rückständiges Bauerndorf. Mit dem Ausbau zum Bahnknoten kam das Wachstum. Und nun wird die Ennetsee-Gemeinde zum wichtigsten Hochschulstandort im Kanton, der bald so viele Studierende zählen soll wie noch vor 50 Jahren Einwohner. «Rotkreuz ist keineswegs Provinz, sondern hochdynamisch», macht sich der Zuger Baudirektor Heinz Tännler für die Ennetseegemeinde stark.

«Dynamik hat ihren Preis»

18 andere Bewerber hat die «Kleinstadt» (Wikipedia) als Standort für das neue Informatik-Departement ausgestochen (zentral+ berichtete). Am Schluss lieferten sich das Zuger Hertizentrum und die nun gewählte «Suurstoffi» ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Schlussendlich gab wohl die etwas bessere Anbindung an den Verkehr in den Aargau und das angrenzende Mittelland den Ausschlag. Rektor Markus Hodel macht denn auch keinen Hehl daraus, dass es darum gehe, Personen aus den Nachbarkantonen anzuziehen. «Die Erträge fliessen durch Studierende, und für diese müssen wir attraktiv sein.» Dies gleicht es dann wieder aus, wenn die Mietkosten etwas höher ausfallen, wie Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel ergänzt. Denn: «Dynamik hat ihren Preis.»

Diese Dynamik wird auch auf dem Areal der neuen Schule anhalten, für das eine alte Sauerstoff-Fabrik als Namensgeberin herhält. Und damit an ein Rotkreuz erinnert, bevor 3M, Komax oder Panasonic ab Mitte der 70er-Jahre einen fast schon beispiellosen Boom begründeten.

Umstrittener Standort

Dass das sechste Departement der Hochschule Luzern im Kanton Zug stehen soll, war von Beginn weg umstritten. Dem Luzerner Bildungsdirektor Reto Wyss wurde von verschiedenen Seiten vorgeworfen, sich im Konkordatsrat wenig für seinen Kanton eingesetzt zu haben. Der Horwer Gemeindepräsident Markus Hool, der den Entscheid zugunsten von Zug damals heftig kritisierte, nimmt die Standortwahl heute gelassen zur Kenntnis. «Uns war immer die unmittelbare Nähe zu den anderen Departementen wichtig.» Ausserdem hätte man die Wertschöpfung des Departements in Luzern haben wollen. «Ob die Informatik nun in Zug oder Rotkreuz ist, spielt bei diesen Aspekten eine untergeordnete Rolle.»

Im Kanton Zug selbst buhlten insgesamt 19 Standorte um die Gunst. Acht Standorte wurden im Detail evaluiert:

  • Unterfeld, Zug
  • Hertizentrum, Zug
  • V-Zug-Areal, Zug
  • Siemens (Opus) und Grafenau, Zug
  • Unterfeld, Baar
  • Obermühle, Baar
  • Suurstoffi, Rotkreuz
  • 4 Towers, Steinhausen


Der von vielen bevorzugte Standort, das ehemalige Landis&Gyr-Areal (Siemens) beim Bahnhof schied aus, da kein konkretes Angebot eingereicht wurde. Nur die beiden verbleibenden Hertizentrum und Suurstoffi erfüllten die gestellten Mindestkriterien.

Zwischen Geleisen und Roche-Tower entstehen auf dem Areal bis in vier Jahren Wohnungen für bis zu 1’500 Personen, ausserdem gegen 3’000 Arbeitsplätze. Auch für die neuen Studenten sollen noch ein paar Wohnungen freigehalten werden. Zumindest die Zürcher werden sich über die etwas höheren Zuger Preise nicht wundern. Immerhin wissen sie aus eigener Erfahrung, dass Dynamik ihren Preis hat.

Boom führt zu Nadelöhr

Gemeindepräsident Peter Hausherr sieht einen der Vorteile des zukünftigen Hochschulstandortes nicht zuletzt in der Nähe zur regionalen Wirtschaft. «Alleine Roche hat hier in Rotkreuz etwa 400 IT-Mitarbeiter». Und er wünscht sich, dass die Schule in Rotkreuz auch Startups ermöglichen könnte.

Nötig dazu ist jedoch ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Ebenso wie die Autobahn sind heute auch die Züge zwischen Luzern und Zürich notorisch überlastet. Hausherr ist sich bewusst, dass der stündliche Interregio-Halt den Ansprüchen einer gut gebildeten Elite nur bedingt genügt. «Eine Machbarkeitsstudie zeigt, dass ein Halbstundentakt technisch möglich ist», sagt Hausherr. Ebenso sei bereits eine zweite Bahnunterführung in Planung. Er hofft, dass der Standortentscheid den Vorhaben zusätzlichen Rückenwind verleiht.

Provisorien stehen bereits

Vorerst jedoch muss man sich seitens der Hochschule mit einem Provisorium begnügen. Im Herbst 2016, wenn das Departement seinen Betrieb aufnehmen wird, zieht man in zwei bestehende Gebäude ein. «Heute stehen hier erst die Hüllen, so dass der Innenausbau nach unseren Wünschen erfolgen kann», sagt Rektor Hodel. Ab 2019 soll dann der spätere Campus bereit stehen. Auch dieser wird von der Erstellerin Zug Estates gemietet, insgesamt auf 30 Jahre.

Dies alles beruht jedoch vorerst nur auf Planrechnungen. Denn noch können sich einige Akteure als Spielverderber betätigen. Allen voran der Zuger Kantonsrat. Dieser muss eine jährliche «Vorteilsabgeltung», wie Matthias Michel den Zuger Standortbeitrag an die Hochschule nennt, bewilligen. Für die jährlich 1,5 bis 2 Millionen Franken glaubt der Zuger Regierungsrat positive Zeichen ausgemacht zu haben. Dazu kommt eine Anschubfinanzierung von einer Million Franken. «Bei den anderen Departementen wurde diese Unterstützung jeweils gewährt. Doch dieser Betrag ist heute tatsächlich nicht garantiert», schränkt Michel ein.

Standort nur fast definitiv

Und selbst der Standort ist noch nicht ganz definitiv, obschon sich der Konkordatsrat letzte Woche einstimmig für die «Suurstoffi» ausgesprochen hat. Sollte sich der Zuger Kantonsrat für die Stadt Zug anstelle von Rotkreuz aussprechen, käme diesem Votum wegweisende Bedeutung zu. Denn der Rat muss nicht nur über das Budget, sondern auch über raumplanerische Aspekte entscheiden. Da Hochschulstandorte Auswirkungen auf Verkehr und Umwelt mit sich bringen, verlangt das Raumplanungsgesetz deren Festlegung im Richtplan.

Noch vor dem Kantonsrat kann sich die Zuger Bevölkerung zum Hochschulentscheid äussern. Dieser wird nun ab 8. November zur öffentlichen Mitwirkung aufgelegt. Dann folgen ein Regierungs- und Kantonsratsbeschluss. Danach muss auch noch der Bebauungsplan angepasst und die Baubewilligung für das Projekt erteilt werden. Ein ambitionierter Zeitplan, der nach Heinz Tännler Ende 2016 abgeschlossen sein soll – vorausgesetzt es gehen keine Einsprachen ein. Der Baubeginn wäre damit frühestens ab 2017 möglich.

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