Internet-Auftritte vernachlässigt

Luzerner Politiker produzieren «Online-Ruinen»

Ein Link ins Nirgendwo: Die Webseite von SVP-Kantonsrat Guido Müller ist zurzeit inaktiv. (Bild: guidomueller.ch)

zentral+ hat die Webseiten von Luzerner Kantonsrätinnen und Kantonsräten unter die Lupe genommen. Was besonders auffällt: Die meisten Inhalte werden sehr stiefmütterlich behandelt und über Jahre hinweg nicht mehr aktualisiert. Solche «Internet-Ruinen» machen aber nicht gerade eine gute Gattung vor dem Wahlkampf 2015.

Luzerner Politiker kümmern sich offenbar gar nicht gut um ihre persönlichen Webseiten. Die meisten Kantonsrätinnen und Kantonsräte lassen sie sogar regelrecht «verwahrlosen». Sie produzieren «Internet-Ruinen», so nennt es Mark Balsiger, Experte für politische Kommunikation. Die Webseiten werden nur für den Wahlkampf gebraucht und nachher nicht mehr aktualisiert. «Irgendwann gehen sie vergessen und schlummern vor sich hin.» Weil das Ganze aber keinen guten Eindruck macht – besonders mit Blick auf die Wahlen im Frühjahr 2015 – haben wir ein paar dieser Online-Sünden ausgewählt. Wir weisen die Kantonsräte darauf hin, welche Inhalte dringend aufgefrischt werden sollten.

Eine «technische Panne»

Die erste Probe aufs Exempel wird bei SVP-Fraktionspräsident Guido Müller durchgeführt. Auf der offiziellen Webseite der Partei ist soweit alles in Ordnung. Informationen und Eckdaten zur Person stehen da. Doch der Link zu seiner persönlichen Website funktioniert nicht. Guido Müller ist online «temporär nicht erreichbar». Auf Anfrage bedankt er sich bei zentral+ für die Aufmerksamkeit: «Es liegt eine technische Panne vor, die nächstens behoben werden sollte», sagt Müller.

Auch bei Rolf Born lohnt es sich, zweimal hinzuschauen. Auf der persönlichen Website des FDP-Fraktionspräsidenten erfährt man viel über seine Hobbies und seine Fussball-Leidenschaft. Dass der Link zum «Smartvote»-Profil nicht mehr funktioniert, sei ihm verziehen. Das ist nur ein Detail. Unter der Rubrik «Vorstösse» wird der Begriff «Neu» erstaunlich weit ausgedehnt. Der mit einem rotem «New» gekennzeichnete Vorstoss datiert auf den 2. Februar 2012. 

Gekonnter Auftritt mit Gitarre

Der Auftritt von Nino Froelicher, Fraktionsschef der Grünen, ist unaufgeregt. Nur das Nötigste findet sich auf der Webseite seiner Partei, plus ein politischer Leitsatz. Mit einer solchen Aufmachung kann man in Sachen Aktualität keine Fehler machen. Auf der anderen Seite werden für den uninspirierten Auftritt auch keine Lorbeeren verteilt.

Bemerkenswert originell – und auch bemerkenswert alt – ist Froelichers musikalischer Auftritt. Ein Link zu einem gelungenen Youtube-Video zeigt, wie er am 12. März 2011 mit seiner Gitarre einen alten Bob Dylan-Song zum Besten gibt. Ob er wohl für den nächsten Wahlkampf einen neuen, eigenen Song schreiben wird? Wer weiss. 

2012 das letzte Mal aktualisiert

Marcel Budmiger, SP-Kantonsrat und ehemaliger Stadtluzerner Parlamentarier, hat seinen Webauftritt stark vernachlässigt. Gemäss diesem will er noch immer für die Grossstadtratswahlen, die vor zweieinhalb Jahren stattgefunden haben, kandidieren. «Meine Webseite war für den Grossen Stadtrat konzipiert und wurde 2012 das letzte Mal aktualisiert», erklärt Budmiger. Er habe die Prioritäten auf die politischen Geschäfte gesetzt und die eigene Kommunikation vernachlässigt. Eine neue Seite für den Kantonsrat sei in Erarbeitung und werde sich auf die wichtigsten Grundinformationen beschränken. «Man lernt ja auch dazu», sagt er.

Auch Urs Dickerhof nimmt es mit der Aktualität nicht so genau. Auf der Webseite des SVP-Magistraten steht prominent, dass er Kantonsratspräsident sei. Nur war das eben letztes Jahr. «Alles Gute für das neue Jahr» wünscht er unter «News». Und da Dickerhof zudem unter seiner Rubrik «Termine» nichts aufführt, könnte es fast den Eindruck erwecken, er habe in den nächsten paar Jahren nichts mehr zu tun. «Die Homepage sollte eigentlich abgeschaltet sein, darum wird sie nicht mehr betreut», teilt Dickerhof mit. 

«Danke für 2011» 

Die Liste der vernachlässigten Webseiten ist lang. Zahlreiche Aufritte machen keine gute Gattung. Nachfolgend sollen nur noch die herausragendsten Beispiele erwähnt werden: Armin Hartmann zum Beispiel, SVP Kantonsrat und Gemeindepräsident von Schlierbach, bedankt sich bei den Wählern heute noch für das gute Wahlresultat von 2011. «Ihre Rückmeldung ist mir Ansporn, die Aktualisierung umgehend in die Wege zu leiten», sagt Hartmann.

Die Grüne Kantonsrätin Heidi Rebsamen hat sich gemäss Webseite letztmals vor einem Jahr im Kantonsrat zu Wort gemeldet. «Aktuell … Das habe ich an der letzten Session gesagt», steht da, und der Eintrag ist vom 14. August 2013. Und FDP-Kantonsrätin Romi Odoni aus Rain hat in ihrem «Aktuell» noch Sommerpause.

Weiter will SP-Kantonsrat David Roth auf seiner Webseite noch die 1:12-Fahne zur Bestellung empfehlen. Der Link dazu funktioniert allerdings nicht mehr. Die Abstimmung zur Eidgenössischen Initiative war letztes Jahr im November und die Website der Inititanten wurde inzwischen abgeschaltet.

Nur «HTML-Hieroglyphen» bei Stefan Roth

Nicht zuletzt macht auch der Luzerner Stadtpräsident und CVP-Kantonsrat Stefan Roth online einen wirren Eindruck. Es handelt sich offensichtlich um ein technisches Problem, wie folgender Screen-Shot zeigt:

 

 

Und sofern man darauf überhaupt etwas erkennen kann: Der Stadtpräsident freut sich über seine ersten 100 Tage im Amt. Das war vor knapp zwei Jahren. Die Freude hält offenbar immer noch an. Die Webseite von CVP-Kollegin Andrea Gmür-Schönenberger sieht nicht viel besser aus: «Closed», mit CVP-Orange und HTML-Hieroglyphen.. 

Zurzeit hinterlassen die Luzerner Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Internet also einen ziemlich schlechten Eindruck. Und der Wahlkampf für die Kantonsratswahlen 2015 wird bald beginnen. Es bleibt bis dahin zu hoffen, dass sich die Volksvertreter um die Auffrischung ihrer Webseiten kümmern. Kommunikationsexperte Mark Balsiger: «Internet-Ruinen zeugen zwar nur von einer schlechten Bewirtschaftung der eigenen Webseite. Auf die Qualität der politischen Arbeit sollte man nicht direkt schliessen. Viele Wähler tun es aber trotzdem.»

 

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