Zank um Luzerner ZHB-Nutzung

Verantwortliche wehren sich gegen Umnutzung

Die Fassade entlang der Hirschmattstrasse ist in einem schlechten Zustand und bröckelt. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Stadtluzerner haben mit ihrem Ja zur «Rettung der ZHB» ein deutliches Zeichen gesetzt. Trotzdem wollen die bürgerlichen Parteien, dass geprüft wird, ob sich das Gebäude auch für alternative Zwecke eigne. Die Verantwortlichen der ZHB wehren sich. Eine andere Nutzung als als Bibliothek sei kaum möglich.

Das letzte Wort um den Erhalt der Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) als solches scheint noch nicht gesprochen. Nach dem deutlichen Ja zur «Rettung der ZHB» vom Sonntag (76 Prozent der Stadtluzerner Stimmberechtigten wollen die ZHB erhalten) wird nun deren Nutzung in Frage gestellt. Bürgerliche Politiker der SVP, FDP und CVP denken laut über eine alternative Nutzung der Räume nach.

So solle der Regierungsrat sich nebst der Sanierung auch Alternativen überlegen, wird CVP-Fraktionschef Ludwig Peyer in der «Neuen Luzerner Zeitung» zitiert. «Streng genommen müssen nach der Abstimmung vom Sonntag nur das Vögeligärtli und das Gebäude erhalten bleiben, nicht aber dessen Inhalt», so Peyer weiter. Konkrete Ideen nennt er allerdings keine.

«Nicht realistisch»

Für Ina Brueckel, Medienverantwortliche der ZHB, ist eine andere Nutzung als die einer Bibliothek «nicht realistisch». Denn: «Das Gebäude wurde als Bibliothek konzipiert und gebaut. Es entspricht den spezifischen Bedürfnissen und Aufgaben einer Bibliothek». Alternative Nutzungen seien praktisch nicht möglich. «Das wurde bereits in mehreren Machbarkeitsstudien geprüft ­– mit klarem Ergebnis dagegen», erklärt Brueckel.

Das sah vor vier Jahren auch der Regierungsrat so. In einer Botschaft an den Kantonsrat schreibt er: «Eine Umnutzung ist sehr schwierig und kostspielig.» Die Botschaft enthält bereits ein Sanierungskonzept für die überfällige Sanierung der ZHB. Kostenpunkt: rund 19 Millionen Franken. Dieses Konzept wird nun wieder aktuell (siehe Box).

Sanierungskonzept

Zu den Neuerungen aus dem Sanierungskonzept von 2010 zählt eine grosszügige Freihandbibliothek mit einem breiten Spektrum an Fach-, Sach- und Unterhaltungsmedien auf sechs Stockwerken. Ein Treppenhaus an der Seite verbindet die Etagen miteinander. Geplant ist auch eine Cafeteria mit 53 Plätzen im Erdgeschoss. Die Cafeteria «dient als kombinierter Aufenthaltsraum sowohl für das Personal der ZHB als auch für das Publikum», heisst es in der Botschaft.

Die Westfassade entlang der Hirschmattstrasse befindet sich in einem schlechten Zustand. Sie soll denkmalpflegerisch restauriert werden. Ebenfalls sieht das Konzept eine Aufwertung der Umgebung vor. Baumbestand und Grünflächen werden angepasst. Das Gebäude soll nach der Sanierung Minergie-Standard haben. Hierfür werden Fassade und Dachstock neu isoliert. Auf dem Dach ist eine Fotovoltaikanlage geplant.

Massiv mehr Bücher

Könnte man also die Pläne aus dem Jahr 2010 wieder aus der Schublade holen? «Das schnelle Herausziehen wäre der ideale Verlauf», sagt Brueckel, wendet aber ein: «natürlich müsste das Konzept überprüft und an die aktuellen Bedürfnisse angepasst werden.» Konkret würde der Bestand der Bücher in der Freihandbibliothek überdacht werden müssen. Geplant ist bisher ein Bestand von 90’000 bis 100’000 nach der Sanierung. Zum Vergleich: Heute verfügt die Bibliothek über eine Freihandbibliothek mit rund 26’000 Büchern. «Das ist das absolut unterste Limit für eine Freihandaufstellung», so Brueckel. Denn pro Jahr kämen rund 10’000 neue Bücher dazu. «Da der jetzige Raum beschränkt ist, müssen wir Platz schaffen, indem wir in einem ständigen Nachrückverfahren erst Bücher herausnehmen, um aktuelle Publikationen anbieten zu können.»

Ebenso müsste laut Brueckel die Zahl der Lese- und Publikumsarbeitsplätze geprüft werden. «Vielleicht müsste man mehr Publikumsarbeitsplätze schaffen», hinterfragt die Medienverantwortliche der ZHB. Denn diese würden intensiv genutzt, «nicht nur von Studenten, auch von einem breiten Publikum, das unser Angebot schätzt und nutzt.» Ihre Prognose für die Zukunft: «Der Bildungsstandort Luzern ist stark gewachsen und wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Das hat Konsequenzen für den Bibliotheksbetrieb.»

Fassade bröckelt

Unbestritten ist, dass das Gebäude aus dem Jahr 1951 saniert werden muss. In den letzten Jahren versuchte man den Schaden in Grenzen zu halten und hat jeweils Teilbereiche saniert, so etwa die Fensterfronten oder den Lesesaalgarten. Laut Brueckel sind heute bereits vier der fünf Etagen im Magazintrakt der ZHB leer. «Die Gebäudeversicherung hat einen weiteren Betrieb im jetzigen Zustand ausgeschlossen», sagt sie.

Die Fassade entlang der Hirschmattstrasse sei in einem miserablen Zustand. «Teile der Vorsprünge sind abgebrochen. Andere mussten aus Sicherheitsgründen herausgeschlagen werden. Mit der kostenbewussten Sanierung wäre auch dieses Problem gelöst», erklärt Brueckel.  «Was Angebote und Dienstleistungen der ZHB betrifft, sind wir hingegen absolut à jour», sagt Brueckel.

Sanierung frühstens 2016

Nun ist der Kanton als Besitzer der ZHB gefordert. Marcel Schwerzmann, Finanzdirektor des Kantons Luzern, erklärt die weiteren Schritte: «Die Botschaft aus dem 2010 wird nun zeitlich und finanziell überarbeitet. Anschliessend wird sie erneut dem Parlament vorgelegt.» Zu den Kosten der Sanierung kann Schwerzmann noch keine konkreten Aussagen machen. Im Juni 2010 hatte der Kantonsrat für die Sanierung einen Kredit von 18,88 Millionen Franken bewilligt. «Wenn das Projekt gleichbleibt, wird lediglich der Bauteuerungsindex angewandt», sagt Schwerzmann. Er schätzt, dass mit der Sanierung frühstens Anfang 2016 begonnen werden könne.

Die Stadt Luzern widmet sich derweil der Umzonung. Die ZHB und das Vögeligärtli werden von der Ortsbildschutzzone B in die sensiblere Ortsbildschutzzone A umgezont. Daniel Bernet, stellvertretender Stabschef der Baudirektion, schätzt, dass bis im Winter 2015 die Umzonung zusammen mit anderen Teilrevisionen eingeleitet sein wird. «Wir sammeln noch weitere Anliegen, um sie dann gleichzeitig zu behandeln. Es macht keinen Sinn, die anstehenden Teilrevisionen einzeln durchzuführen», so Bernet.

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