Finanzierung

Parteispenden – wie viel Transparenz ist nötig?

Wer finanziert welche Partei? Im Bild das Zuger Regierungsgebäude, in dem unter anderem der Kantonsrat tagt. (Bild: any)

Wer spendet welcher Partei wie viel? Dies möchte die SP in Zug gerne wissen und reicht einen Vorstoss ein, um der Geheimniskrämerei ein Ende zu setzen. Sie verweist auf die Kantone Genf und Tessin, die eine entsprechende Regelung kennen. Doch auch dort sind die Diskussionen darüber nicht verstummt. 

In der Schweiz wird in immer mehr Belangen mehr Transparenz gefordert. Mehr Durchsichtigkeit will auch die SP im Kanton Zug, und zwar in Sachen Politikfinanzierung. Die Fraktion fordert den Regierungsrat mit einem Postulat auf, «Massnahmen zu prüfen, wonach die Offenlegung der wichtigsten Finanzierungsquellen und Grossspenden von politischen Parteien geregelt wird».

Im Klartext: Parteien, womöglich auch Initiativ- und Abstimmungskomitees, sollen künftig darlegen, aus welchen Kassen hauptsächlich die Gelder zu ihnen fliessen. Damit soll für den Stimmbürger klar werden, welche Interessenbindungen vorhanden sind. «Politische Parteien und Gruppierungen nehmen Aufgaben des öffentlichen Interessens wahr, umso wichtiger ist Klarheit und Transparenz», begründet Kantonsrat und SP-Fraktionschef Markus Jans das Begehren.

Jans macht deutlich, dass die politische Forderung der SP noch weitergeht. «Nicht nur Gruppierungen, auch Privatpersonen, die sich zur Wahl stellen, sollen Einblicke in ihre finanziellen Beziehungen geben», sagt er. Gerade jetzt, da der Kanton Zug sein Wahlsystem für die Exekutive vom Proporz zum Majorz gewechselt habe, sei es für den Wähler von zentraler Bedeutung zu wissen, wer wen finanziell unterstütze, ergänzt der Politiker. «Denn Geld kann einen Wahlkampf beeinflussen.»

Politologe wäre dafür

Unterstützung erhalten die Sozialdemokraten vom Schwyzer Politologen Iwan Rickenbacher. Er fände es sinnvoll, «wenn Spenden ab einer gewissen Summe offen gelegt würden. Damit werden die Interessen transparenter, die mit einer Wahl oder einer Abstimmung verbunden werden.» Das gelte auch für Kandidaten. «Spenden ab einer gewissen Summe wären sinnvoll offen zu legen. Unter Druck geschieht dies heute schon hin und wieder.» 

Die Ablehnung ist gross

Schon einmal diskutierte der Zuger Kantonsrat über mehr Transparenz bei Wahlen. 2007 hat die Alternative Fraktion eine Motion eingereicht und gefordert, dass Parteien zu verpflichten sind, Auskunft über die Herkunft der finanziellen Mittel bei Wahlen zu geben. Die bürgerliche Mehrheit im Rat blockte das Anliegen ab. Es ist anzunehmen, dass der neuste Vorstoss der Zuger SP das gleiche Schicksal erleiden wird.

Auch im Luzerner Kantonsrat wurden ähnlich gelagerte Vorstösse in den vergangenen Jahren abgelehnt: 2007 die Motion von Alain Greter (Grüne) über «die Transparenz der Parteienfinanzierung und die Begrenzung der Wahlkampfkosten»; ein paar Monate später die Motion von Hilmar Gernet (CVP) über «ein Parteiengesetz als Beitrag zur Sicherung der direkten Demokratie und der demokratischen Qualität».

In Zürich wiederum versagte der Kantonsrat vor wenigen Tagen einer Parlamentarischen Initiative der SP zum Thema die Unterstützung. Eine Niederlage musste jüngst auch die Juso im Kanton Basel-Landschaft einstecken. Am vergangenen Abstimmungssonntag, 9. Juni, sagte der Souverän Nein zu ihrer Transparenz-Initiative.

Die Argumente der Gegner gleichen sich. Sie sprechen jeweils von einer drohenden Überregulierung, von einem deutlichen Mehraufwand für die Parteien und Organisationen. Auch von einem Schritt in Richtung Überwachungsstaat ist die Rede. Und wer kontrolliert, ob die Angaben stimmen?, wird gefragt und darauf hingewiesen, dass ein solcher Kontrollaufwand in keiner Weise mit dem Ertrag übereinstimmen werde. Befürchtet wird zudem ein Rückgang der Spenden.

In der ganzen Schweiz ein Thema

Von diesen Argumenten lassen sich die Befürworter nicht beeindrucken. Für sie ist klar: Mehr Transparenz fördert die Demokratie und das Vertrauen des Volkes in die Politik. Die Bevölkerung habe das Recht auf alle Informationen als Entscheidungsgrundlage. 

Immer wieder greifen deshalb Politiker in der ganzen Schweiz, grossmehrheitlich aus dem linken Lager, das Thema auf. Im Kanton Aargau ist die Juso-Volksinitiative «für die Offenlegung der Politikfinanzierung» hängig, der Regierungsrat arbeitet derzeit einen Gegenvorschlag aus. Im Kanton Solothurn läuft die Unterschriftensammlung zur kantonalen Gesetzesinitiative «Transparenz in der Parteienfinanzierung», lanciert von der Jungen SP Region Olten. In der Stadt Bern hat das Parlament vergangenen Jahres einen Vorstoss diesbezüglich von linksgrüner Seite überwiesen.

Bundesrat will vorerst keine nationale Lösung

Viele der Verfechter für mehr Transparenz würden es begrüssen, wenn es eine nationale Lösung gäbe. Doch der Bundesrat sieht keine Notwendigkeit, eine solche zu forcieren, und nimmt es in Kauf, dass die Schweiz damit in Europa praktisch ein Einzelfall bleibt. Denn nahezu alle europäischen Staaten haben die Finanzierung der politischen Parteien und der Wahlkampagnen gesetzlich geregelt.

Der Bundesrat verteidigt das hiesige System: «Die Schweiz ist geprägt von Föderalismus und direkter Demokratie. Und das politische Leben sowie die Finanzierung der Parteien sind in der Wahrnehmung der Bevölkerung weitgehend Sache privaten Engagements und nicht des Staates.»

Mit dieser Begründung entgegnet er einer Forderung der Greco, in unserem Land mit einer gesetzlichen Regelung für mehr Transparenz bei der Finanzierung der politischen Parteien und Wahlkampagnen zu sorgen (hier finden Sie den Bericht dazu). Die Greco ist ein Gremium des Europarats und steht für «Groupe d’Etats contre la Corruption», also «Staatsgruppe gegen die Korruption», der die Schweiz im Juli 2006 beigetreten ist.

Wieso hat es die Forderung nach mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung so schwierig? «Vielleicht, weil die wenigsten Stimmberechtigten zahlende Parteimitglieder sind», sagt der Politologe Iwan Rickenbacher. Eine andere Erklärung hat er derzeit nicht.

Genf und Tessin als Ausnahmen

Doch nicht überall scheiterte der Versuch, gesetzlich mehr Durchsicht einzuführen. In den Kantone Tessin und Genf sind bestimmte Verpflichtungen in Bezug auf die Transparenz festgehalten. Die Diskussionen über das Thema sind deswegen aber nicht verstummt.

So scheint es, als habe vor einigen Jahren die SVP in Genf, wo anonyme Spenden verboten sind, eine gewisse Geldsumme erhalten, deren Absender unklar ist – dank dem Zwischenschalten einer Stiftung. «Jedes Gesetz kann umgangen werden», sagt der Zuger SP-Fraktionschef Markus Jans, das sei kein Grund, eines abzulehnen. 

Dass es immer Leute gibt, die wissen, wie Vorschriften zu umgehen sind, sagt auch Giovanni Merlini, langjähriger Tessiner Parlamentarier und Alt-Präsident der Tessiner FDP. Im Kanton Tessin müssen unter anderem die politischen Parteien der Staatskanzlei Spenden von mehr als 10’000 Franken melden. «Wer nicht gemeldet werden will, spendet einfach ein bisschen weniger», sagt Merlini.

Vorstösse wurden eingereicht

Wie die Tessiner Verwaltung das Funktionieren der entsprechenden Paragraphen bewertet, ist derzeit nicht zu erfahren. Laut Staatskanzler Giampiero Gianella sind diverse Vorstösse im Parlament zum Thema hängig, noch habe der Regierungsrat aber «das delikate Thema» nicht aufgegriffen. Sprich: Es gibt noch keine offizielle Stellungnahme dazu. «Es geht um die Fragen, ob wir das Gesetz in der heutigen Form beibehalten wollen oder ob es Anpassungen braucht, um das eigentliche Ziel von mehr Transparenz zu erreichen», sagt Gianella.

Braucht es im Tessin denn überhaupt Transparenz in der Parteienfinanzierung? Giovanni Merlini meint ja. «Damit der Bürger weiss, welche Interessen hinter welcher Gruppierung stehen.» Auch der Jungfreisinnige Tessiner Alessandro Speziali möchte sich nicht einfach von den geltenden Regeln verabschieden. Er erachtet es vor allem als zentral, dass erkenntlich ist, welche Organisationen und Institutionen die Parteien unterstützen. «Privatpersonen hingegen sollten anonym bleiben dürfen, weil hier die Grenze zwischen Privatsphäre und öffentlichem Interesse tangiert ist», sagt Speziali.

Kein Einfluss auf Politlandschaft

Bleibt noch die Frage, ob sich die politische Landschaft mit der Durchsetzung von mehr Transparenz in der Politikfinanzierung verändert? «Nein», sagen die Tessiner Politiker. «An der politischen Landschaft verändert sich auf Dauer nicht viel», sagt auch Politologe Iwan Rickenbacher. «In einer ersten Phase würden unter Umständen ein gewisses Erstaunen einsetzen, woher die Mittel, links und rechts im Parteienspektrum, stammen.»

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