Zoff um Abgaben

Kanton Luzern streitet mit Bund um Mehrwertsteuer

Es ist nicht immer ganz klar, welche staatlichen Leistungen mit Mehrwertsteuer verrechnet werden müssen. (Bild: Symbolbild, bra)

Die Steuer-Kontrolleure des Bundes durchforsteten fünf Monate lang die Luzerner Verwaltung. Anschliessend gab es viel Ärger, Aufwand und zwei grössere Gerichtsprozesse. Warum? 

Im Normalfall wäre eine Kontrolle der Eidgenössischen Mehrwertsteuerverwaltung in drei Wochen erledigt. Das läuft so: Die Spezialisten des Bundes sehen die Ordner der Kantonsverwaltung durch, machen Stichproben, mahnen hie und da zu mehr Augenmerk, sie geben Tipps, schreiben Berichte, vielleicht ein paar Rechnungen für Nachbelastungen und sind bald wieder weg. Doch der letzte Besuch der Bundesrevisoren verlief anders. Die Kontrolle dauerte ganze fünf Monate; von November 2012 bis März 2013.

Mehrere hunderttausend Franken

Das Resultat ist ein regelrechter Streit. Der Kanton Luzern ist sich mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung – vorsichtig ausgedrückt – «uneinig». Das geht aus Gesprächen mit betrauten Personen hervor. Zwei Fälle landeten nach der besagten Kontrolle schlussendlich vor Bundesverwaltungsgericht. Im Grundsatz ist man sich uneins, ob gewisse Dienstleistungen durch den Staat mehrwertsteuerpflichtig sind oder nicht. Die Forderung des Bundes: Der Kanton Luzern soll happige Beträge nachzahlen.

Gestritten wird in einem Fall um rund 700’000 Franken. Weder Kanton noch die Eidgenössische Steuerverwaltung wollen zum laufenden Verfahren offiziell Stellung nehmen. Stein des Anstosses sind Vermessungsarbeiten der kantonalen Dienststelle Raum und Wirtschaft. Diese Arbeiten wurden vom Kanton Luzern anderen Dienststellen oder Privatpersonen ohne Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Sobald der Staat aber unternehmerisch tätig wird, muss auch er mit Mehrwertsteuer abrechnen.

Einzelheiten können sich aufsummieren

«Im Grossen und Ganzen arbeiten die öffentlichen Verwaltungen sehr sorgfältig», erklärt Gerhard Schafroth, Experte beim Beratungsunternehmen Swissvat AG. «Es passieren eigentlich wenige Fehler. Allerdings können sich diese Einzelheiten bei so vielen verschiedenen staatlichen Leistungen unbemerkt und über Jahre recht aufsummieren.» Es herrsche eigentlich nur in seltenen Fällen Uneinigkeit zwischen der MWST-Verwaltung und den Kantonen oder Städten.

Im zweiten konkreten Streitfall, der aus der besagten Kontrolle in der Luzerner Kantonsverwaltung hervorgegangen ist, geht es gemäss den involvierten Personen um eine Klagesumme von rund 140’000 Franken – inklusive Zins. Die Luzerner Polizei hatte im Rahmen der Cityring-Baustelle auf der Autobahn entsprechende Signalisierungen installiert. Diese Leistung hat sie dann ohne Mehrwertsteuer an andere staatliche Stellen weiterverrechnet. Schlussendlich hat der Kanton nach einer Einsprache vor Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen. 

«Ich finde das absurd»

Macht es wirklich Sinn, über solche Beträge zu prozessieren? Immerhin geht es auf jeder Ebene um staatliche Steuergelder, die von der einen Stelle an die andere bezahlt werden müssen. «Ich finde das absurd», sagt Heidi Rebsamen, Kantonsrätin der Grünen und Mitglied der Planungs- und Finanzkommission.

«Dass die Bundesbehörden den Kanton so in die Mangel nehmen, macht absolut keinen Sinn. Unternehmen sollten so streng kontrolliert werden, nicht Kantone.» Verglichen mit dem, was zum Beispiel eine Verwaltung wie der Kanton Luzern sonst an Gebühren und Steuergeldern einnehme, werde da um Kleinigkeiten gestritten und so viel Prozesskosten verursacht, kritisiert Rebsamen.  

Auf der anderen Seite seien Kontrollen wichtig und ein notwendiger Ansporn, möglichst alles richtig zu machen, meint Mehrwertsteuer-Experte Gerhard Schafroth. «Ein kleiner Teil der staatlichen Leistungen sind auch unternehmerische Leistungen, die genauso von einer Firma oder anderen Privatpersonen gegen Bezahlung erbracht werden könnten.»

Der Teufel liegt im Detail

Zum Beispiel werde ein Busbillett verkauft, oder die Gemeinde liefert Weihnachtsbäume. «Schwieriger wird es allerdings in speziellen Fällen, wenn ein Grundbuchamt den Bürgern dabei hilft, Verträge aufzusetzen», so Scharfroth. Der Teufel liege da im Detail. Das Amt nehme dann eine Beratungstätigkeit wahr. «Diese Arbeit könnte auch von Anwälten und Notaren gemacht werden.»

Verwendet ein Spital Medikamente zur Behandlung von Patienten, ist das in erster Linie mehrwertsteuerfrei. «Gibt das Spital aber dem Patienten die Medikamente mit nach Hause, unterliegt das der Mehrwertsteuer. Schliesslich müssen auch die Apotheken auf ihren Verkäufen die Mehrwertsteuer abliefern», sagt Schafroth. Sonst wurde der Staat steuerfrei die Wirtschaft konkurrenzieren, und das wolle ja auch niemand. 

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