Nachwuchspolitiker Atilla Cilingir im Gespräch

Zuger Staatsapparat soll abspecken

In der Gemeinde Risch kandidieren Atilla Cilingir (li.) und Martin Kammermann für einen Sitz der glp im Kantonsrat. (Bild: mag)

Politik statt Marketing. So lautet das Motto der Zuger Grünliberalen für den Wahlkampf. Das Geld für teure Plakate fehlt. Deshalb wollen sie mit ihrem Einsatz für eine nachhaltige und umweltfreundliche Wirtschaft punkten. zentral+ nimmt die Partei unter die Lupe.

Die Grünliberale Partei des Kantons Zug bestreitet mit dem vermutlich kleinsten Budget den diesjährigen Wahlkampf (zentral+ berichtete). Gemäss Präsidentin Michèle Kottelat ist die Partei daher zwar in der Öffentlichkeit weniger präsent. Ein Nachteil sei dies allerdings nicht. «Wir wollen keine Sitze kaufen oder den entsprechenden Anschein erwecken», begründet die Parteipräsidentin und blickt wohl trotzdem etwas neidisch auf die Budgets der anderen Kantonalparteien. «Wir hoffen, dass wir Sympathien gewinnen, indem wir im Wahlkampf nicht mit Geld um uns werfen.» Haben die Grünliberalen denn eine andere Wahl?

Teure Plakate seien eigentlich gar nicht nötig, denn mit den Flyern sei die Partei in jedem Haushalt vertreten. «Das reicht», sagt Kottelat. Sie blickt trotz kleinem Budget optimistisch auf die anstehenden Wahlen und hat sich zusammen mit ihren Vorstandsmitgliedern dafür auch ein hohes Ziel gesteckt: Die glp will im Grossen Gemeinderat (GGR) der Stadt Zug und im Kantonsrat Fraktionsstärke erreichen.

Positionen der glp

Die glp setzt sich für mehr Eigenverantwortung und eine niedrige Staatsquote ein. Die Partei steht nicht für ein quantitatives, sondern für ein qualitatives Wachstum. Sie versucht in ihren Vorstössen Wirtschaft und Umwelt nachhaltig zu verbinden.

Wichtig sind der glp auch neue Wohnformen für jung und alt. Dazu kommt eine zeitgemässe Mobilität. Die Partei will Alternativen zum Auto fördern und damit zur Vereinfachung der Mobilität beitragen.

Regional ist für die Grünliberalen der Finanzausgleich wichtig. In diesem Zusammenhang setzen sie sich für mehr Gerechtigkeit ein.

Im GGR sind dafür drei Mandate gefragt. Neben den bisherigen Michèle Kottelat und Silvan Abicht müsste also einer der beiden neuen Kandidaten die Wahl schaffen, damit die glp dieses Ziel erreicht.

Messlatte liegt hoch

Im Kantonsrat liegt die Hürde deutlich höher. Die Grünliberalen waren dort bisher durch Daniel Stadlin und Ivo Hunn vertreten. Hunn tritt jedoch aus familiären Gründen nicht mehr an. «Das ist für uns ein Problem», sagt Parteipräsidentin Kottelat. Weshalb?

Stimmt der Kantonsrat an seiner Sitzung vom nächsten Donnerstag der neuen Geschäftsordnung zu, müssen Parteien im Kantonsrat zur Bildung einer Fraktion neu über fünf Mandate verfügen. Im Moment sieht es tatsächlich so aus, dass dies bereits für die nächste Legislatur gelten wird. Gemäss dem Zuger Landschreiber Tobias Moser sind zu diesem Thema nämlich keine Anträge eingegangen.

Für die glp bedeutet dies: Gesucht wird ein Nachfolger für den abtretenden Kantonsrat Ivo Hunn und drei weitere Kandidierende, die den Sprung in die Legislative schaffen – ein hohes Ziel.

Für die fünf von der glp angestrebten Sitze im Kantonsrat kandidieren insgesamt elf Personen. Dazu gehört auch der Leiter der Jungen Zuger Grünliberalen, Atilla Cilingir. Der 25-Jährige aus Rotkreuz kandidiert nach 2010 zum zweiten Mal für den Kantonsrat. zentral+ traf ihn zum Gespräch und wollte mehr über die Politik der Grünliberalen, den Kanton Zug und den Stellenwert junger Politiker wissen.

zentral+: Herr Cilingir, wieso sind Sie überhaupt Mitglied der Grünliberalen und nicht einer anderen Partei?

Atilla Cilingir: Die glp politisiert unabhängig vom Links-rechts-Schema. Es geht vielmehr um die Sache selber. Das hat mich überzeugt. Nicht Ideologien, sondern Rationalität steht im Vordergrund. Das Dreieck Mensch-Umwelt-Wirtschaft ist für uns zentral. Damit identifiziere auch ich mich.

zentral+: Ein Anliegen der glp sind gesunde Finanzen. Wo sehen Sie beim Kanton Zug Sparpotential?

Cilingir: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass der Zuger Staatsapparat zu gross geworden ist. Der Staat darf nicht ständig mehr und neue Aufgaben übernehmen. Wir streben deshalb eine Zentralisierung der Verwaltung an. Es sollte zudem mehr departementsübergreifend gearbeitet werden. Dann sind Projekte der öffentlichen Hand in Zug meistens teurer als in anderen Kantonen. Dort besteht grosses Sparpotential und meiner Meinung nach viel Handlungsbedarf. Der Zuger Luxus darf ruhig in Frage gestellt werden.

«Projekte der öffentlichen Hand sind in Zug meistens teurer als in anderen Kantonen. Dort besteht grosses Sparpotential.»

zentral+: Die Jungen Grünliberalen setzen sich besonders für mehr bezahlbaren Wohnungsraum ein. Bisher mit geringem Erfolg. Weshalb?

Cilingir: Das ist tatsächlich so. Es fehlt uns intern an Ressourcen. Deshalb müssen wir unsere Themen sehr punktuell auswählen. Aber ja, es ist im Kanton Zug schwer, bezahlbaren Wohnungsraum zu schaffen.

zentral+: Das wäre doch ein dankbares Wahlthema!

Cilingir: Sicher. Grüne und Juso wollen neue günstige Wohnungen bauen. Ich finde aber, dass Familien diesbezüglich gezielt finanziell unterstützt werden sollten. Das heisst, sie können eine Wohnung beziehen und erhalten vom Staat finanzielle Zuschüsse. Wenn neue günstige Wohnungen gebaut werden sollen, dann benötigt dies wiederum Land. Zusätzlich besteht dort die Gefahr, dass sich Nicht-Anspruchsberechtigte in subventionierte Wohnungen einmieten. Neue günstige Wohnungen zu bauen ist meines Erachtens demnach langfristig keine gute Lösung.

zentral+: Gibt es weitere Punkte, bei denen im Kanton Zug aus Ihrer Sicht dringend Verbesserungen her müssen?

Cilingir: Ja, der kantonale Finanzausgleich zum Beispiel ist unfair und benachteiligt die Stadt Zug stark. Da besteht sicher auch Handlungsbedarf. Bei diesem Finanzausgleich werden die Leistungen nicht ausgeglichen. Die Zentrumslasten der Stadt werden also nicht vergütet. Ein weiteres Anliegen sind leerstehende Büro- und Gewerberäume, die für verschiedene Wohnformen innovativ genutzt werden könnten. Zum Beispiel für generationenübergreifendes Wohnen oder auch für Vereine.

zentral+: Die Grünliberalen wollen im Kantonsrat eine eigene Fraktion bilden. Wie stehen die Chancen?

Cilingir: Wir kämpfen mit einem minimalen Budget und ohne teure Plakatwerbung um die Gunst der Wählerschaft. Das macht es schwierig, das ist klar. 

zentral+: Weshalb ist die Fraktionsstärke so entscheidend?

Cilingir: Ohne Fraktionen werden der Partei keine Sitze in den Kommissionen zugeteilt. Zudem erhalten fraktionslose Parteien keine Fraktionsbeiträge, was sich schliesslich wieder negativ auf das Wahlbudget auswirkt.

zentral+: Sie selber betreiben aktiv Politik seit Sie 20 Jahre alt sind. Weshalb engagieren Sie sich schon in jungen Jahren politisch?

Cilingir: Die politischen Entscheide werden die junge Bevölkerung am längsten betreffen. Deshalb finde ich es selbstverständlich, dass sich auch 20-, 18- oder vielleicht sogar 16-Jährige politisch engagieren sollten. Schon in jungen Jahren hörte ich meinen Eltern bei ihren Diskussionen zu, schaute immer die Nachrichten und informierte mich selbständig. So war es für mich nur normal, dass ich einmal in die Politik einsteigen werde. Ich will etwas bewirken und mitbestimmen.

«Ich will etwas bewirken und mitbestimmen.»

zentral+: Wie reagierten Ihre Kollegen darauf?

Cilingir: Die Einen fanden das cool. Sie waren beeindruckt, dass ich mich in der Politik einmische. Sie fragten kritisch nach, ob ich damit nicht überfordert sei. Immer wieder war auch von Mut die Rede. Andere fragten, was es denn bringen würde. «Wie willst du deine Anliegen vermitteln», fragten sie zum Beispiel. Ich finde, man sollte nicht so kleinkariert denken. Grosse Revolutionen begannen immer klein. Nicht dass ich ein Revolutionär wäre, aber eben.

zentral+: Sie sagen, es sei schade, dass sich nicht mehr Junge mit Politik befassen würden. Wirkt die Öffentlichkeit abschreckend? Als Politiker muss man sich exponieren, bietet Angriffsflächen.

Cilingir: Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist. Mit den Social Media-Plattformen wie Facebook ist man so oder so öffentlich. Ich glaube nicht, dass dies ein Hindernis darstellt. Viel eher sind der Zeitaufwand und fehlendes Selbstvertrauen Gründe, die Junge von der Politik abhalten. Zudem wird Politik von Jungen oft mit älteren Personen in Verbindung gesetzt.

«Zeitaufwand und fehlendes Selbstvertrauen sind Gründe, die Junge von der Politik abhalten.»

zentral+: Sie sind auf Twitter und Facebook aktiv. Nutzen Sie diese Social Media-Plattformen auch im Wahlkampf?

Cilingir: Ich betreibe keinen aktiven Wahlkampf auf Twitter. Wenn man aber gelegentlich Stellung zu verschiedenen Themen nimmt oder seine Leserbriefe dort publiziert, dann hilft das sicher. Für die regionale Politik im Kanton Zug ist Facebook nützlicher. Facebook wird in der breiten Bevölkerung viel häufiger verwendet. Da könnte ich auch gezielt Werbung für meine Kandidatur machen. Auf Facebook kann ich zudem meine Zielgruppe gezielt herausfiltern. Diese im Wahlkampf zu bewerben, das habe ich tatsächlich vor.

zentral+: Zum Schluss: Warum wollen Sie überhaupt in den Kantonsrat?

Cilingir: Ich will als Junger etwas bewegen. Junge haben eine andere Sichtweise auf die Politik, sie denken globaler und haben einen anderen Kontext. Das Internet hat einen grossen Einfluss auf meine Generation. Zudem ist es eine neue Herausforderung, meine Ideen und Gedanken einzubringen und dafür zu kämpfen, dass sie umgesetzt werden. Im Kantonsrat kann ich mehr bewirken.

Zur Person
Atilla Cilingir wohnt in Rotkreuz und ist seit 2009 Mitglied der Zuger Grünliberalen. Das 25-jährige Vorstandsmitglied amtet zudem als Leiter der Jungen Grünliberalen des Kantons Zug. Cilingir studiert derzeit an der Universität Luzern Rechtswissenschaften und kandidiert zum zweiten Mal für den Kantonsrat.
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