Regierungsratswahlen im Kanton Zug

Die Neulinge haben nur geringe Wahlchancen

Gemäss dem Zuger Landschreiber Tobias Moser stehen die Kandidaturen für den Regierungsrat endgültig fest. Änderungen gibt es keine. Damit können die Parteien ihren Wahlkampf lancieren. (Bild: mag)

Neben den sieben amtierenden Regierungsräten kandidieren Christina Bürgi Dellsperger, Martin Pfister und Stefan Thöni neu für den Zuger Regierungsrat – mit geringen Chancen. zentral+ stellt sie vor und liefert Hintergründe zur Regierungsratswahl.

Bei den Zuger Wahlen im Oktober treten zwar alle sieben bisherigen Regierungsräte wieder an. Dass sie wiedergewählt werden, ist allerdings nicht in Stein gemeisselt. Da die Sitze zum ersten Mal durch das Majorzsystem besetzt werden, geben sich die Bisherigen bezüglich Wahlprognosen sehr vorsichtig. Die neue Ausgangslage sorgt unter ihnen für Verunsicherung. Sorgen um eine Abwahl müssen sich die amtierenden Regierungsräte aber eigentlich keine machen.

Dieser Meinung ist zumindest Dominik Schwerzmann. Er ist zwar Vorstandsmitglied der Stadtzuger CVP, für die er bis 2006 im Grossen Gemeinderat (GGR) politisierte. Er ist andererseits aber auch studierter Politikwissenschaftler. Aufgrund des neuen Wahlsystems herrsche derzeit «sehr viel Ungewissheit», stellt er fest. Für Schwerzmann ist dabei klar: «Die bisherigen Regierungsräte sind unumstritten. Eine Rochade ist unwahrscheinlich.»

«Die bisherigen Regierungsräte sind unumstritten. Eine Rochade ist unwahrscheinlich.»

Dominik Schwerzmann, Politikwissenschaftler

Bisherige unbestritten

Die Chancen von Christina Bürgi Dellsperger, Martin Pfister und Stefan Thöni schätzt er deshalb als gering ein. «Es wird für die neuen Kandidierenden extrem schwierig, die Bisherigen zu schlagen. Ausser es erleidet einer in den letzten zwei Monaten einen krassen Rufverlust.» Dass alle amtierenden Regierungsräte wieder zur Wahl antreten würden und in der Bevölkerung nie umstritten gewesen seien, erschwere die Ausgangslage für die neuen Kandidierenden zusätzlich, erklärt Schwerzmann. Die Kandidaturen von Bürgi Dellsperger und Pfister bezeichnet er als «ernstzunehmende, aber längerfristige Aufbaukandidaturen».

«Kürzlich stand der Finanzdirektor Peter Hegglin im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich im Fokus der Kritiker», sagt der Politikwissenschaftler und fügt an: «Trotzdem oder gerade deshalb sehe ich ihn in seinem Amt weniger in Gefahr.» Auch in Bezug auf die Wiederwahl von Landammann Beat Villiger sieht er keine Schwierigkeiten. Matthias Michel sei gar «völlig unbestritten», wie Baudirektor Heinz Tännler auch. Bei Urs Hürlimann, Stephan Schleiss und Manuela Weichelt-Picard sieht Schwerzmann ebenfalls keine Angriffsfläche.

Die drei Neuen

Die drei neuen Kandidierenden sehen das natürlich anders. Sie werden bis zum entscheidenden Urnengang alles daran setzen, um sich ausreichend Stimmen aus der Bevölkerung zu sichern. zentral+ hat die drei neuen Kandidaten zum Interview getroffen und den Puls zwei Monate vor den Wahlen vom 5. Oktober gefühlt. Christina Bürgi Dellsperger, Martin Pfister und Stefan Thöni sind in ganz unterschiedlichen Berufen tätig, kandidieren für verschiedene Parteien und vertreten ihre ganz eigenen Positionen.

Christina Bürgi Dellsperger

Wohnort: Risch

Beruf: Diplomatin

Jahrgang: 1960

Partei: SP

zentral+: Warum wollen Sie in den Regierungsrat?

Christina Bürgi Dellsperger: Nachdem ich nun 22 Jahre als Diplomatin auf der ganzen Welt gearbeitet habe, möchte ich wieder in der Schweiz arbeiten. Ich bin in Zug aufgewachsen und immer wieder gerne dorthin heimgekommen. Ich möchte mich für den Kanton Zug einsetzen und der Bevölkerung etwas zurückgeben.

zentral+: Weshalb sollen die Bürger gerade Sie wählen?

Bürgi Dellsperger: Ich habe breites Spektrum von Erfahrungen und Fähigkeiten, vor allem aufgrund meiner internationalen Tätigkeit, welche bis anhin im Regierungsrat vielleicht etwas weniger vorhanden waren. Ich bringe viele nützliche Kontakte aus Wirtschaft und Politik mit sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene. Trotzdem bin ich Zugerin durch und durch. Der Kanton Zug liegt mir am Herzen. Ich würde gerne im Regierungsrat mitarbeiten und mich für einen lebenswerten Kanton einsetzen.

zentral+: Diplomaten vermitteln oft zwischen zwei Parteien und müssen viel verhandeln. Welches ist Ihre bevorzugte Verhandlungsstrategie?

Bürgi Dellsperger: An einer Verhandlung in Rom vor über 20 Jahren zwischen Israelis und Palästinensern gingen anschliessend an die Gespräche alle miteinander essen. Das hat mich beeindruckt. Ein palästinensischer Gesandter meinte damals über das Verhandeln: «Hart in der Sache, weich gegenüber Menschen.» Bei Verhandlungen will ich die Bedürfnisse der anderen Seite kennen, sie verstehen und eine Lösung an streben, die für beide Seiten positiv ausfällt.

zentral+: Der Zuger Politikwissenschaftler Dominik Schwerzmann räumt allen neuen Kandidaten geringe Wahlchancen ein. Wie reagieren Sie darauf?

Bürgi Dellsperger: Am 5. Oktober werden wir sehen, ob die Politauguren recht haben.

So sieht der Zuger Politikwissenschaftler Dominik Schwerzmann ihre Chancen:
Christina Bürgi Dellsperger war zuletzt lange Jahre ausserhalb des Kantons Zug tätig. Da ist es schwer, sich kurzfristig wieder aufzubauen und einen Ruf zu erlangen. Damit sie die Wahl schaffen würde, müsste ihre Partei einen gewaltigen Wahlkampf betreiben.

 

 

Martin Pfister

Wohnort: Allenwinden

Beruf: Geschäftsführer

Jahrgang: 1963

Partei: CVP

zentral+: Warum wollen Sie in den Regierungsrat?

Martin Pfister: Ich habe die nötige Erfahrung für dieses Amt, die ich unter anderem während meiner politischen Tätigkeit in mehreren Führungsfunktionen gesammelt habe. Ich war Fraktionschef der CVP im Kantonsrat und bin momentan Präsident der CVP Kanton Zug. Die Exekutive reizt mich. Ich spüre über die Parteigrenzen hinaus eine grosse Akzeptanz. Im Majorzverfahren zählen neu Köpfe, das ist meine Chance. Zudem sollen die Bürger bei den Kandidaten eine Auswahl haben.

zentral+: Weshalb sollen die Bürger gerade Sie wählen?

Pfister: Ich vertrete drei Schwerpunkte. Ich will mich für einen starken Bildungsstandort, konkurrenzfähige wirtschaftliche Rahmenbedingungen und eine lösungsorientierte politische Kultur einsetzen. Ich vertrete das glaubwürdig und bringe die nötigen Qualitäten mit.

zentral+: Sie führen ihr eigenes Beratungsunternehmen. Wann waren Sie das letzte Mal auf einen wichtigen Rat angewiesen?

Pfister:  Ich treffe Entscheide nie alleine und beziehe mein Umfeld mit ein. Für meine Regierungsratskandidatur habe ich mein privates und berufliches Umfeld in die Entscheidung miteinbezogen.

zentral+: Der Zuger Politikwissenschaftler Dominik Schwerzmann räumt allen neuen Kandidaten geringe Wahlchancen ein. Wie reagieren Sie darauf?

Pfister: Wenn mir die bürgerlichen Wähler ihre Stimme geben, dann bin ich gewählt. Ich führe gegen kein bisheriges Regierungsmitglied einen Wahlkampf. Vielmehr stelle ich meine eigenen Qualitäten und politische Haltungen in den Vordergrund. Es gibt namhafte Kenner der Zuger Politlandschaft, die mir sehr gute Chancen einräumen.

So sieht der Zuger Politikwissenschaftler Dominik Schwerzmann seine Chancen:
Eine taktische Kandidatur der CVP. Mit dem neuen Martin Pfister sowie den beiden bisherigen Regierungsräten Peter Hegglin und Beat Villiger bietet die Partei den Wählern eine Auswahl. Die Kandidatur von Pfister ist deshalb mit einem gewissen Risiko behaftet. Die drei könnten sich mit dem Majorz-Wahlsystem gegenseitig Stimmen abjagen.

 

 

Stefan Thöni

Wohnort: Steinhausen

Beruf: Informatikingenieur

Jahrgang: 1985

Partei: Piratenpartei

zentral+: Warum wollen Sie in den Regierungsrat?

Stefan Thöni: Meiner Meinung nach liegen im Zuger Regierungsrat ein paar Sachen im Argen. Es herrscht zu wenig Transparenz. Zudem sollen die kantonalen Behörden ihre Dienstleistungen auch online erbringen. Dafür will ich mich einsetzen.

zentral+: Weshalb sollen die Bürger gerade Sie wählen?

Thöni: Im Handeln des Regierungsrats braucht es andere Sichtweisen. Die kann ich als Informatikingenieur einbringen. Die letzten Informatikprojekte sind zum Beispiel verunglückt. Diesbezüglich hätte ich viel Erfahrung. Auch beim Thema Überwachung könnte ich Alternativen bieten: Bei der Durchfahrt durch das Ortszentrum von Cham gäbe es beispielsweise andere datenschutzkonforme und verkehrspolitisch interessante Lösungen. 

zentral+: Sie betrachten sich als Vertreter der digitalen Generation. Welche Apps benutzen Sie am häufigsten?

Thöni: Ich benutze oft «ChatSecure», eine App um Nachrichten sicher zu verschicken. Es ist quasi die sichere Variante von «WhatsApp». Dazu benutze ich «TextSecure», ein SMS-Ersatz.

zentral+: Der Zuger Politikwissenschaftler Dominik Schwerzmann räumt allen neuen Kandidaten geringe Wahlchancen ein. Wie reagieren Sie darauf?

Thöni: Mir ist bewusst, dass die bisherigen Regierungsräte einen grossen Startvorsprung haben. Trotzdem stelle ich mich zur Wahl, weil ich überzeugt bin, dass eine Veränderung in der Regierung notwendig ist und dass die Zuger Stimmberechtigten gewinnen können, wenn sie mehr Neues wagen.

So sieht der Zuger Politikwissenschaftler Dominik Schwerzmann seine Chancen:
Stefan Thöni kenne ich überhaupt nicht. Die Ziele der Piratenpartei sind schwierig abzuschätzen. Sie schaffen es nicht, ihre Botschaften aus den Bereichen IT und Datenschutz an die Bevölkerung zu bringen. Sie hatten bisher einen einzigen medienwirksamen Auftritt. Seine Chancen sind verschwindend klein.
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