Gripen-Abstimmung Zentralschweiz

Zuger SVP: «Die Zentralschweiz hat noch Wehrwillen»

Die Gripen-Befürworter waren besonders stark im Entlebuch. Fast in jeder Wiese stand ein Plakat. (Bild: mbe)

Die Schweiz hat am Wochenende Nein gesagt zum Kauf der Gripen-Kampfjets. Wäre es nach der Zentralschweiz gegangen, hätte Ueli Maurer seine 22 Flugzeuge aber bekommen. In Zug legten alle Gemeinden ein Ja ein. In Luzern war der Kanton dafür, die Stadt dagegen. Reaktionen und Einschätzungen, warum die Zentralschweizer anders ticken als der Rest der Schweiz.

Der Kanton Zug hat mit 57,95 Prozent Ja zum Gripen gesagt, ebenso die Stadt Zug. Ist Zug damit die neue Bastion des Konservatismus in der Schweiz? Bei der Analyse der Gripen-Abstimmung fällt auf, dass Zug, trotz Modernität in vielen Bereichen, in dieser Frage abgestimmt hat wie zu Zeiten des Kalten Krieges. SVP-Gemeinderat Willi Vollenweider bestätigt dies mit seinem Kommentar: «Ich bin zufrieden mit den Zugern, aber nicht zufrieden mit den Welschen», sagt er. Für Vollenweider ist das trotzige Ja von Zug der Ausdruck des nach wie vor vorhandenen «Wehrwillens» in der Innerschweiz. «Im Rest der Schweiz ist der Wehrwille offenbar erodiert», sagt er. Die Veranstaltung mit Ueli Maurer hat nach seiner Meinung keinen Einfluss gehabt auf den Entscheid der Stimmberechtigten.

Dolfi Müller: Links-Rechts-Schema spielte

Für den Zuger Stadtpräsidenten Dolfi Müller (SP) hat in dieser Abstimmung das Links-Rechts-Schema gespielt. Linke stimmten Nein, Bürgerliche Ja. Obwohl rund 35 bis 40 Prozent der Zuger gelegentlich links wählten, sei der «Basiseffekt» schwächer als in Städten wie Zürich oder Basel, sagt Müller. Als weitere Gründe für das Ja von Zug sieht Müller die Orientierung an der Innerschweiz. Und die Kleinheit der Stadt. «Je grösser und städtischer ein Gebiet ist, desto skeptischer sind die Leute in Armeefragen.» Die Stadt Luzern habe Nein gestimmt. «Die ländliche Bevölkerung hat natürlich schon ein anderes Verhältnis zur Armee.»

Wie sich der Besuch von Ueli Maurer und der von zentral+ publik gemachte Frauenwitz ausgewirkt hätten, «wissen die Götter», meint der Zuger Stadtpräsident. Doch die Frauen seien schon armeekritischer eingestellt.

Jolanda Spiess-Hegglin von der Alternative-Die Grünen Zug, die das Komitee gegen Gripen anführte, kann sich das Ja der Stadt Zug nicht erklären. «Ich bin extrem überrascht», sagt sie und fragt sich: «Sind wir eine versteckte Hochburg von Militärs?»

Dennoch ist sie froh um das nationale Nein, zu dem sicherlich beigetragen habe, dass die Grünliberalen sich ebenfalls gegen den Gripen einsetzten. «Lokal haben sie uns aber wie immer nicht unterstützt», sagt Spiess-Hegglin.

Luzerner Stimmen

Im Kanton Luzern befürworteten 54,29 Prozent der Stimmberechtigten den Gripen-Kauf, 45,71 Prozent lehnten ihn ab.

Der grünliberale Nationalrat Roland Fischer war einer der liberalen Vertreter, die gegen den Gripen-Kauf votierten und vertrat seinen Standpunkt an vielen Podiumsdiskussionen. «Ich bin erstaunt, dass das Ja der Luzerner nicht noch deutlicher ausgefallen ist und hätte zirka 55 bis 60 Prozent Ja erwartet», sagt Fischer. Er erklärt sich das Resultat so, dass viele liberale und bürgerliche Wähler wie er den Gripen-Kauf abgelehnt hätten, weil sie die Notwendigkeit nicht einsahen und der Kauf ein «finanzpolitisches Abenteuer» darstelle.

«Ausserdem ist das Bild der traditionellen Armee auf dem Land noch stärker verankert. Viele dieser Wähler fanden, wenn sie den Gripen ablehnten, gehe ein weiteres Stück Armee verloren», sagt Fischer. – Also ein Stück «Nostalgie» abseits der Sachpolitik, die stolze 3,1 Milliarden Franken gekostet hätte. — In städtischen Gebieten sei man eher der Ansicht, dass die Armee neu ausgerichtet werden müsse. Fischer zählt sich zu dieser Gruppe.  «Ich bin deshalb aber kein Armeegegner», betont der GLP-Nationalrat aus Udligenswil.

Willisau und Entlebuch schwangen obenaus

Am grössten war die Zustimmung für den Gripen in den Wahlkreisen Willisau (60,42 Prozent Ja) und im Entlebuch (62,61 Prozent Ja).

In der Stadt Willisau sagten 58,31 Prozent der Stimmberechtigten Ja zum Gripen-Fonds. Die Willisauer Stadtpräsidentin Erna Bieri hätte ein knapperes Resultat erwartet. «Es war sehr spannend und bis zuletzt unklar, wie es herauskommen würde. Ich war Vorsitzende des Urnenbüros und konnte die Trends beobachten. Bei der Mindestlohninitiative war es zum Beispiel viel schneller klar als bei der Gripen-Vorlage.»

Bei der Gripen-Vorlage sei die Kampagnen-Führung nicht optimal gewesen, sagt Erna Bieri. Sie habe eine Verunsicherung festgestellt. «In Gesprächen habe ich immer wieder gehört, dass die Leute bis zuletzt unsicher waren, wie sie stimmen sollen.» Man habe sich gefragt, ob das Geld richtig investiert sei, das Verteidigungskonzept noch den heutigen Ansprüchen genüge und ob die Sicherheit mit den neuen Flugzeugen wirklich gewährleistet sei.

Gemeindepräsident stimmte Nein

Auch im Entlebuch vertrat eine Mehrheit der Stimmberechtigen, wie so oft, mit ihrem Ja zum Gripen-Fonds eine andere Meinung als der Rest der schweizerischen Bevölkerung. «Obwohl man auch bei uns opponiert gegen den Fluglärm, stimmt die Mehrheit in unserer ländlichen und eher konservativen Region immer noch Pro Militär. Viele finden, wenn die Armee die Flugzeuge braucht, dann braucht sie diese eben», sagt der Entlebucher Gemeindepräsident Adrian Felder (CVP). Wegen des Neins gehe die Schweiz oder die Armee aber nicht unter, fügt er hinzu und outet sich mutigerweise als einer, der gegen die Gripen-Vorlage gestimmt hat. Der Grund: «Die Strategie der Armee ist für mich nach wie vor unklar, und es wird nur immer über punktuelle Dinge diskutiert.» Zudem seien während der Abstimmungskampagne viele Fehler gemacht worden, und der Gripen existiere ja erst auf dem Reissbrett.

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