Elektronische Busspur in Zug

«Mit dem Stadttunnel hat das gar nichts zu tun»

Zug erhält eine elektronische Busspur, damit die Busse aus Walchwil und Oberwil zu den Stosszeiten die Bahnanschlüsse gewährleisten können. Die Idee ist ungewöhnlich: Der Bus weicht bei Stau auf die Gegenfahrbahn aus. zentral+ wollte wissen, ob es noch Schwachstellen gibt und was das Projekt mit dem Ausbau der Bahnstrecke Arth-Goldau-Zug und dem Stadttunnel zu tun hat.

Die allmorgendliche Autokolonne im Süden vor der Stadt Zug ist ein Problem. Nicht nur für den Individualverkehr, sondern auch für die Busse der Linien 3 und 5 der Zugerland Verkehrsbetriebe. Wegen des Staus sind sie verspätet und können deshalb die Fahrpläne oft nicht einhalten. Die Folge: Pendler verpassen den Bahn-Anschluss in Zug um nach Zürich oder Luzern zur Arbeit zu gelangen.

An Werktagen sind die Arther- und Grabenstrasse in Fahrtrichtung Zug regelmässig verstopft. Die Staus reichen zu Spitzenzeiten oft bis zum Fridbach oder sogar noch weiter Richtung Oberwil zurück. Nun will die Kantonsregierung handeln. Im Zusammenhang mit der Sanierung der Artherstrasse beginnt deshalb am nächsten Montag ein ungewöhnliches Verkehrsprojekt, das in der Schweiz eine Seltenheit ist: Die elektronische Busspur.

Bus darf auf die Gegenfahrbahn

Doch wie funktioniert dieses Bus-Bevorzugungssystem? Grundsätzlich handelt es sich um eine Steuerung über eine Lichtsignalanlage. Am Knoten Mänibach (altes Kantonsspital) wird eine Lichtsignalanlage installiert, deren Ampeln von den stadteinwärts fahrenden Bussen mit Fernsteuerung auf Rot geschaltet werden, falls zwischen Fridbach und Mänibach ein Stau besteht. Sobald dann der stadtauswärts fahrende Verkehr auf dem erwähnten Abschnitt abgeflossen ist, wird die Gegenfahrbahn für den Bus frei gegeben. Dieser kann die wartenden Fahrzeuge überholen und vor der Kolonne direkt in die Haltestelle Mänibach einfahren.

Ein Versuch, die Lösung der elektronischen Busspur graphisch darzustellen. (Bild: zvg Kanton Zug)

Ein Versuch, die Lösung der elektronischen Busspur graphisch darzustellen. (Bild: zvg Kanton Zug)

Damit das System gefahrlos funktioniert, sind laut Baudirektion flankierende Massnahmen nötig. Die privaten Ausfahrten in die Artherstrasse sollen mit separaten Lichtsignalanlagen in das Steuerungssystem eingebunden werden. Weiter müsse der Rad- und Gehweg seeseits der Artherstrasse durchgängig auf drei Meter verbreitert werden, damit die Radfahrenden getrennt vom motorisierten Verkehr zirkulieren können. Und schliesslich müssen im Abschnitt Fridbach-Mänibach die öffentlichen Parkplätze aufgehoben werden. Die Sanierung der Artherstrasse inklusive Bussystem kostet rund 6 Millionen Franken. Nach Abzug der Beteiligung durch den Bund muss der Kanton noch rund 4 Millionen selber bezahlen.

Mehr Stau und längere Wartezeiten?

Das System ist noch wenig bekannt, die Baudirektion ist aber überzeugt, dass es die Praxistauglichkeit ausreichend bewiesen habe. Ebenfalls überzeugt ist der Ingenieur Oscar Merlo. Sein Büro «TEAMverkehr» hat den konzeptionellen Teil des Projekts entwickelt. Persönlich gefällt ihm daran besonders gut, dass «nur» in eine Lichtsignalanlage investiert wird und nicht in eine Verbreiterung der Busspur. «Damit wird ein räumlicher Eingriff in das Stadtbild verhindert», sagt Merlo. Ausserdem sei es auch kostengünstiger als eine Verbreiterung der Busspur, wenn auch die Kosten nicht unterschätzt werden dürften, so der Ingenieur.

«Damit wird ein räumlicher Eingriff in das Stadtbild verhindert.»

Oscar Merlo, Ingenieur bei «TEAMverkehr»

zentral+ wollte dennoch wissen, ob es allenfalls noch Schwachstellen geben könnte. Zum Beispiel, ob der Stau der Autos dadurch nicht noch viel länger wird und die Wartezeiten ebenso? Dazu sagt Merlo: «Da der zufliessende Verkehr von Süden her zurückgestaut wird, verschiebt sich die Kolonne weiter Richtung Oberwil.» Es sei tatsächlich so, dass mit der Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs die Autos zurückgehalten werden. Es könne aber davon ausgegangen werden, dass ein Auto im Durchschnitt nicht länger warten müsse als bisher.

Auf die Anfrage, ob die Autolenker möglicherweise beim Fridbach vermehrt einen Schleichweg suchen würden, um dem Stau zu entkommen, sagt Merlo: «Das Problem des Schleichverkehrs ist tatsächlich zu beachten.» Es seien aber flankierende Massnahmen geplant, um dem entgegenzuwirken.

Weil der Verkehr auch stadtauswärts zurückgestellt werden muss, fliesst er dort zu den morgendlichen Stosszeiten weniger flüssig. Dass durch die Massnahme aber ein neuer Stau im Stadtzentrum geschaffen wird, ist laut Merlo nicht möglich: «Es fahren nur sehr wenige Autos zu dieser Zeit von der Stadt in Richtung Süden. Die meisten wollen ja in die Stadt fahren.» Die Autos müssten nur eine kurze Zeit warten, deswegen werde das Zentrum der Stadt nicht zusätzlich belastet, so Merlo.

Pendler vom Umsteigen ins Auto abhalten

Zwei aktuelle Themen drängen sich aufgrund des Standorts unmittelbar auf: Der Stadttunnel und der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Arth-Goldau und Zug. Merlo sieht keine Probleme für die Aufrechterhaltung dieses Systems falls der Stadttunnel gebaut werden sollte: «Diese Busspur wäre kompatibel mit dem Stadttunnel.» Ebenso Heinz Tännler, Baudirektor des Kantons Zug: «Egal ob der Stadttunnel kommt oder nicht, diese elektronische Busspur wird erhalten bleiben.» Die beiden Projekte hätten nichts miteinander zu tun.

Der geplante Ausbau der Bahnstrecke zwischen Arth-Goldau und Walchwil, der zu einer eineinhalb jährigen Sperrung der Bahnstrecke ab Ende 2016 führen würde, hat auf die Strasse vom Süden in die Stadt einen bedeutenden Einfluss. Es muss mit steigendem Individualverkehr gerechnet werden, weil die Pendler aus Oberwil und Walchwil nicht mehr die Bahn benutzen können. Laut Merlo soll aber die elektronische Buslinie genau das verhindern. «So können wir den Leuten trotz Sperrung der Bahnstrecke ein attraktives Angebot im öffentlichen Verkehr bieten.» Er erhofft sich, dass die Zugpendler nicht auf das Auto umsteigen und nach wie vor auf den öffentlichen Verkehr setzen werden. 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 05.05.2014, 14:46 Uhr

    Die elektronische Busspur ist leider am falschen Ort und daher ineffizient. Meist staut sich der Verkehr in den Morgenstunden zwischen Postplatz/Kolinplatz bis zur Haltestelle Mänibach. Eine Busspur hätte zwischen Casino und Mänibach, nicht zwischen Mänibach und Salesianum (so heisst der Bushalt, nicht Fridbach) Sinn gemacht. Leider verpasste es die Baudirektion für die Radfahrer von Oberwil bis zur Altstadt seeseitig eine durchgehende Spur anzulegen, diese müssen noch immer beim Mänibach auf die stark befahrene Strasse wechseln. Und leider sind von flankierenden Massnahmen weder zu hören, noch zu sehen. Auf dem mit einem Fahrverbot für Nicht-Berechtigte belegten Fridbachweg nimmt seit Baubeginn mit entsprechenden Rotphasen der Schleichverkehr zu. Nicht mal das wohl nutzlose Rechtsabbiegen-Verboten-Schild wurde installiert. Gegenüber einem elektronisch ferngesteuerten Poller reagiert die BD mit nobler Zurückhaltung. Wenn es die BD nicht mal schafft hier vernünftige flankierende Massnahmen rechtzeitig umzusetzen, schafft sie es dann beim Stadttunnel, wenn sie der Verkehr den Verkehr durch Wohnquartiere sucht?

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