Grüne fordern gerechte Schauspielerlöhne

Nun sind Mindestlohnforderungen fürs Luzerner Theater auf dem Tisch

Das Ensemble des Luzerner Theaters auf dem Theaterplatz.

(Bild: zvg)

Das Luzerner Theater zahlt schweizweit die tiefsten Einstiegslöhne für Tänzerinnen und Schauspieler. Nun fordern die Grünen einen Mindestlohn von 4000 Franken – und nehmen dafür den Kanton als grössten Geldgeber in die Pflicht.

Das Luzerner Theater schlummert zwar in der Sommerpause, aber die Diskussion um dessen Löhne geht weiter (zentralplus berichtete). Nach der Kritik in den vergangenen Wochen doppelt der grüne Kantonsrat Urban Frye nun mit einem Vorstoss nach und fordert einen besseren Mindestlohn. Neben der Grünen Fraktion hätten auch GLP- und SP-Politiker die Forderung mehrheitlich unterschrieben, so Frye.

Die Löhne für das Bühnen- und das technische Personal am Luzerner Theater würden im Schweizer Vergleich am untersten Ende der Skala liegen. Eine Tänzerin oder ein Schauspieler verdiene beim ersten Engagement in Luzern gerade mal 3’700 Franken monatlich. Bei vergleichbaren Theatern wie Bern oder St. Gallen seien die Mindestlöhne immerhin 300 Franken höher.

3’700 Franken – das ist kaum mehr als ungelernte Arbeitskräfte im Gastgewerbe oder auf dem Bau verdienen. «Selbst nach über zehn Jahren Berufserfahrung verdient ein festangestelltes Ensemblemitglied höchstens 5’000 Franken im Monat», kritisiert Frye.

Kaum besser sei die Situation beim technischen Personal, wo Luzerner Theatermitarbeiter 1’000 Franken weniger verdienen als Kollegen in anderen Betrieben.

Geldgeber sollen Forderungen stellen

Die Grünen fordern darum für das Luzerner Theater einen Mindestlohn von 4’000 Franken – und Antworten von der Regierung zur prekären Entlöhnung. «Der Kanton Luzern als Hauptgeldgeber trägt dafür eine entscheidende Verantwortung und müsste aus unserer Sicht dafür sorgen, dass sich die Situation verbessert», so der Vorstoss.

Tatsächlich verlangen auch Stadt und Kanton Luzern «marktgerechte Arbeits- und Anstellungsbedingungen» sowie eine Personalpolitik, «die ethischen Grundsätzen entspricht». So steht es in der Eignerstrategie für den Zweckverband, über den die grossen Kulturbetriebe wie das Luzerner Theater finanziert werden.

Wahlkreis Luzern Stadt: Urban Frye, bisher, Grüne
Kantonsrat Urban Frye fordert bessere Löhne am Theater.

Eine Anhebung des Mindestlohns um 300 Franken könne sich das Luzerner Theater, das jährlich mit 20 Millionen Franken subventioniert wird, gut leisten, so Frye. Das mache gerade mal 1 Prozent des Gesamtbudgets aus. Dieses Geld könne das Theater andernorts einsparen.

Häuser halten zusammen

Luzern steht nicht allein da: Allgemein sei die Entlöhnung an Theatern prekär und die Transparenz ungenügend. «Doch die Häuser halten alle zusammen», so Frye.

Obwohl die Ausbildung zum Schauspieler oder zur Balletttänzerin aufwendiger, härter und länger sei als etwa für Juristinnen oder Lehrer, widerspiegele sich das nicht in den Löhnen.

«Dass sich der Stiftungsrat jeglicher Lohndiskussion verweigert, ist ein kapitaler Fehler.»

Urban Frye, Kantonsrat Grüne

Kommt hinzu, dass sich die Künstlerinnen in einem internationalen «Markt» bewegen – in Deutschland etwa sind die Löhne noch tiefer. Es herrsche ein enormer internationaler Wettbewerbsdruck ohne jeglichen Lohnschutz. «Von sich aus haben die Künstler keine Chance auf eine Verbesserung der Situation», ist Frye überzeugt, es brauche den Druck der Politik.

Zudem hätten Angestellte im künstlerischen Bereich meist nur befristete Arbeitsverträge über ein Jahr. «Wenn sie sich für bessere Löhne einsetzen, können die Verträge einfach nicht verlängert werden», so Frye.

Der richtige Moment?

Auf der anderen Seite wird der Transparenzdruck allgemein immer grösser: Etliche staatsnahe Betriebe wie die Kantonalbank mussten in den letzten Jahren ihre Gehälter offenlegen. «Sogar der FCL hat das fertiggebracht, nur bei den Theatern herrscht keine Lohntransparenz, das ist extrem stossend», so Frye (zentralplus berichtete). Wenn Intendant Benedikt von Peter seinen Lohn offenlegen würde, könne man diesen in Relation zu den tieferen Löhnen setzen.

Der Stiftungsrat des Luzerner Theaters wollte auf Anfrage nicht Stellung nehmen. Gegenüber dem Kulturmagazin «041» sagte Verwaltungsdirektor Adrian Balmer kürzlich, man wolle sich während laufender Prozesse nicht zur Lohnthematik äussern. Das Luzerner Theater überprüft momentan seine bestehenden Strukturen.

Urban Frye anerkennt die Leistungen des Luzerner Theaters: «Es hat eine gute Auslastung und ist nahe beim Publikum.» Aber dass sich der Stiftungsrat jeglicher Lohndiskussion verweigert, ist für ihn ein «kapitaler Fehler». Aus seiner Sicht wäre jetzt der richtige Moment, um sich den Fragen zu stellen – bevor der Theaterneubau aufs politische Parkett kommt.

Drohung mit Postulat

Spannend wird sein, wie sich die Luzerner Regierung zu den Fragen äussert. Wenn diese das Problem nicht erkenne, werde Urban Frye mit einem Postulat nachdoppeln. «Ich bin nicht bereit, einen Theaterneubau zu unterstützen, wenn auf inhaltlicher und betrieblicher Ebene keine Diskussion stattfindet», sagt Frye, der in dieser Frage auf die Unterstützung seiner Fraktion zählen kann.

Ab Juli ist mit Marcel Schwerzmann der bisherige Spar-Vogt neu für die Kultur zuständig. Bringt er vielleicht neuen Schwung in diese Diskussion? Urban Frye lacht und sagt: «Man muss ihm die Chance für einen Neuanfang geben.»

Dass höhere Löhne möglich sind, zeigt übrigens das Luzerner Sinfonieorchester, das bei den Opernproduktionen im Theater als Hausorchester auftritt. Der durchschnittliche Jahresbruttolohn eines Orchestermusikers liegt laut Frye knapp unter 80’000 Franken im Jahr.

Die Anfrage von Urban Frye

Diese Fragen wird die Luzerner Regierung beantworten müssen:

1. Findet es der Regierungsrat richtig, dass hoch spezialisierte Arbeitnehmende mit einem Hochschulabschluss am Luzerner Theater kaum mehr verdienen als ungelernte Arbeitskräfte?

2. Findet der Regierungsrat, dass diese Entlöhnung ethischen Grundsätzen genügt?

3. Glaubt der Regierungsrat, dass die Besucherinnen und Besucher des Luzerner Theaters diese Löhne als gerecht empfinden würden, wenn sie wüssten, wie viel die Ensemblemitglieder verdienen? Und kann sich der Regierungsrat vorstellen, dass das Publikum eine bessere Bezahlung wünschen würde, auch wenn dadurch möglicherweise die Eintrittspreise erhöht werden müssten?

4. Findet der Regierungsrat, dass die Weiterbildungsmöglichkeiten des Luzerner Theaters für Tänzerinnen und Tänzer, die ihren Beruf nur wenige Jahre ausüben können, dieser besonderen Situation genügend Rechnung trägt?

5. Findet der Regierungsrat, dass von einer für beide Seiten fairen Arbeitsmarktsituation gesprochen werden kann, wenn auf eine Stelle oft weit über hundert Interessenten kommen?

6. Ist der Regierungsrat bereit, mittels Durchsetzung der Eignerstrategie darauf hinzuwirken, dass das Luzerner Theater die Löhne so weit anpasst, dass diese mindestens 4’000 Franken betragen, dem Mindestlohn, welches die an Grösse vergleichbaren Theater in Bern oder Sankt Gallen bezahlen?

7. Hält es der Regierungsrat für vertretbar, dass vom Gesamtbudget von 25 Millionen Franken rund 1 Prozent mehr für die Löhne des Bühnenpersonals verwendet wird und so die Lohnsituation entscheidend verbessert werden kann?

8. Falls dadurch weniger Produktionen möglich werden könnten, erachtet dies der Regierungsrat als verkraftbar, wenn dadurch die Lohnsituation verbessert werden kann?

9. Ist der Regierungsrat bereit, dass im Zusammenhang mit der Finanzierung eines neuen Theaterbaus auch die betrieblichen Strukturen, insbesondere die Lohnstrukturen, überprüft und verbessert werden?

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 27.06.2019, 09:39 Uhr

    Und noch dies: Wenn ein Jahresbrutto-Lohn eines Mitgliedes des Luzerner Sinfonieorchesters CHF 80’000.– beträgt, muss ich folgendes dazu sagen: Welches übergeordnete, öffentliche Interesse des durchschnittlichen Mehrheits-Steuerzahlers (auch Mittelständler gen.) gibt es an der Erhaltung eines Sinfonieorchesters? Die Elite, welche sich dieses Vergnügen von der Öffentlichkeit finanzieren lassen, müssen halt selber in den prall gefüllten Tresor greifen, wenn es ihnen etwas wert ist. Das nenne ich dann trickle-down-Effekt – oder Mäzenentum, ganz wie Sie wollen. Und bitte verschonen Sie mich mit der Wertschöpfungskette für Stadt und Kanton Luzern auf. Das ist schlicht als unwahr widerlegt und eine blosse Behauptung, um an den massgebenden Zuständen nichts verändern zu müssen! Das sagt Ihnen jeder unabhängige Volkswirtschaftler, der eine Ahnung von seinem Metier und der Materie hat. Dieselbe Mär wird übrigens auch beim Grendel und den Uhren- und Schmuckverkäufern angewandt. Auch dort ist’s grundfalsch. Setzen Sie doch mal dort den Hebel an Herr Frye!

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  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 27.06.2019, 09:24 Uhr

    Der achso altruistische Urban Frye weiss schon, warum er Unternehmensberater und nicht Schauspieler geworden ist. Lohntechnisch! Wobei: Inhaltlich haben diese zwei Rollen durchaus viele Gemeinsamkeiten und etliche Berührungspunkte. Als Politiker ist er so oder so in manipulativer Schauspielerei geübt – der Schlaumeier. Ich bin der Meinung, Herr Frye würde sich besser auf das eigene Fähnlein schreiben, das Gesetze korrekt angewendet werden sollen und unverhandelbar sind, auch wenn sie schmerzen. Auch, wenn man selber Betroffener ist. Und es z.B. um die Erteilung einer Baubewilligung für ein Musikerhaus auf dem eigenen Grundstück geht, Abgeltung von Dienstbarkeiten an die öffentliche Hand, allfällige Entschädigungen im Falle von Spange Nord infolge Wertsteigerungen usw.! Aber das ist halt typisch für Politiker (aller Couleur): Wasser predigen – Wein trinken!

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