Was man vor dem Luzerner Open Air wissen sollte

Warum will das B-Sides kein Bargeld mehr?

Fertig Bargeld: Getränke werden am diesjährigen B-Sides mit einer aufladbaren Karte bezahlt.

(Bild: B-Sides/Sam Aebi)

Wie geht das mit diesem «Cashless»? Was hat es mit den grauen Skulpturen auf sich? Und wie kommt man doch noch zu Tickets für das weitgehend ausverkaufte Festival? Wir haben die wichtigsten Antworten vor dem B-Sides, das vom 13. bis 15. Juni auf dem Sonnenberg stattfindet.

1. Kann ich das Bier nicht mehr mit Münz bezahlen?

Nein, das B-Sides wird bargeldlos. Das ist ein grosser Schritt in der bargeldvernarrten Schweiz, aber für Besucher gar nicht so kompliziert: Mit der Ticketnummer auf der Website registrieren und Guthaben via Kreditkarte aufladen. Dies klappt bei unserem Test auf Anhieb. Den kleinen Zusatzaufwand im Vorfeld nimmt man zugunsten der kürzeren Wartezeit und des wegfallenden Münzsuchens gern in Kauf.

Das Guthaben wird beim Bändelitausch an der Kasse automatisch auf eine Karte geladen, mit der man seine Konsumation berappen kann. Wer dem nicht traut, kann die Karte auf dem Festivalgelände an einer physischen Station mit Bargeld oder Bankkärtli füttern. Wer nach dem Open Air noch Geld übrig hat, kann es spenden – oder erhält es online zurückerstattet.

Das Video zeigt, wie’s funktioniert:

 

2. Moment, was ist mit Paypal und Twint?

Man muss das Guthaben online mittels Kredit- oder Maestro-Karte aufladen. Twint oder Paypal akzeptiert der französische Anbieter Weezevent, mit dem das B-Sides zusammenarbeitet, leider nicht.


 

Die Registrierung via Website habe bis jetzt einwandfrei funktioniert, sagt Dominik Unternährer, Medienchef des B-Sides. «Einzelne kritische Stimmen gab es bezüglich der Abschaffung des Bargelds, das haben wir erwartet.»

Das B-Sides-Team ist auf Nummer sicher gegangen und hat die Cashless-Karte selbst an zwei Festivals getestet. «Wir haben viele Abklärungen getroffen und Gespräche geführt, das System hat sich bewährt und die Zusammenarbeit mit Weezevent ist sehr sympathisch», versichert Unternährer.

3. Ist Cashless besser als Bargeld?

Das ist Geschmacksache – aber die bargeldlosen Systeme an Open Airs und anderen Grossanlässen haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten etabliert.

Vorteil: Für die Organisatoren gibt es weniger administrativen Aufwand mit Bargeld zur Bank bringen. Als Besucher muss ich nicht auf dem Trockenen sitzen, wenn mir das Bargeld ausgeht. Nachladen ist jederzeit möglich – online oder an einer der Stationen. Und das zweimalige Anstehen beim Essen – einmal für den Bon, einmal für die Wurst – entfällt.

Nachteil: Dass man dafür eine Extra-Karte braucht, ist unschön. Konsequenter wäre, auf das Bezahlen mit Handy, mit einem Chip im Bändeli oder einer Cashless-Bankkarte zu setzen. Auch dass das virtuelle Geld tendenziell lockerer sitzt, kann man später bereuen.

Haben die Organisatoren keine Angst, dass das System während des Festivals ausfallen könnte? «Wir sind sehr gut auf alle Eventualitäten vorbereitet», sagt Unternährer. Zudem werde Support der Partnerfirma vor Ort sein.

Übrigens: Trinkgeld darf man den ehrenamtlichen Barhelferinnen trotzdem geben: Man rundet den Betrag auf – oder man überlässt ihnen am Schluss den Restbetrag auf der Karte.

4. Nun zur Musik: Welche Konzerte darf man auf keinen Fall verpassen?

Keiner gibt’s zu, aber nicht alle gehen wegen der Musik auf den Sonnenberg. Zudem ist es nicht einfach, den vielen Menschen, die man monatelang nicht mehr gesehen hat, zu entgehen. Die Gründe, ein Konzert zu verpassen, sind mannigfaltig. Man sollte sich pro Abend ein paar Pflichttermine anstreichen – und im Notfall unhöflich sein. Hier eine kleine Hilfe:

Donnerstag: Natürlich muss man die Headlinerin Kate Tempest erleben, sie ist das grosse Must des diesjährigen Festivals und spielt einen Tag, bevor sie ihr neustes Album «The Book of Traps and Lessons» veröffentlicht. Mit ihrer Verpflichtung ist dem Festival ein wahrer Coup gelungen (zentralplus berichtete).

Die Britin ist Rapperin und Poetin und hat die grossen gesellschaftspolitischen Themen im Visier. Das tut sie in bester Tradition des sozialkritischen Hip-Hops. Etwa in der Hymne «Europe is Lost» von ihrem 2016er-Album «Let Them Eat Chaos».

 

Am Freitag sind Black Sea Dahu der verpflichtendste unter den Pflichtterminen (es dürfte allgemein der musikalisch spannendste Abend sein). Die Zürcher Band um Sängerin Janine Cathrein startet derzeit (mit Luzerner Beteiligung am Drum) so richtig durch – und das absolut zu Recht. Ihr Album «White Creatures» hat letztes Jahr einen Swiss Music Award eingeheimst.

 

Wenn Sie am Samstag keine Band kennen, macht das nichts – es geht den meisten so. Der Abend ist eine gute Gelegenheit, um sich auf den neusten Stand zu bringen, was Belia Winnewisser aktuell so treibt. Die Luzernerin, die man von Bands wie Evje und a=f/m kennt, hat vor ein paar Monaten ihr erstes Soloalbum veröffentlicht. Chorale Gesänge treffen auf diffusen Synthie-Sounds – mystisch!

Wer mehr hören will: Der Luzerner Musikblog Orangepeel hat netterweise eine Spotify-Playlist mit den diesjährigen Acts zusammengestellt:

 

5. Was hat es mit den grauen Skulpturen auf sich?

Sind Ihnen die grauen Dinger auch aufgefallen, die in Luzerner Beizen rumstehen? Es sind Skulpturen, die zum künstlerischen Begleitprogramm des diesjährigen B-Sides gehören. Sie stammen vom Künstler Jaron Gyger alias Mister Y. Er gehört zusammen mit Alan Romano und Tobias Eichelberger zum Grafikteam, das den neuen visuellen Auftritt des Festivals entwickelt hat.

Die Bands und ihre Skulpturen.

Die Bands und ihre Skulpturen.

(Bild: zvg)

Alle 35 Gipswerke wurden in Handarbeit gefertigt – für jede Band am Festival gibt’s eine eigene. Dass diese «abstrakten Skulpturen», wie der Künstler sie nennt, in den Beizen rumstehen, sei ein gewisses Risiko. Dies nehme er aber gern in Kauf. «Ich mag diese speziellen, guerillamässigen Ansätze», sagt Gyger.

Er hat die Skulpturen entwickelt und in einem Bildhaueratelier über Monate eine nach der anderen hergestellt. «Mit der Zeit ist es mir recht verleidet, aber ich bin stolz auf das Resultat», sagt er.

6. Was steckt dahinter?

Die Künstler haben, ausgehend vom Sonnenberg, eine quasi-religiöse Welt erschaffen. Die Grundidee für das Artwork, das am B-Sides gleichberechtigt mit der Musik auftritt, steht im Zeichen einer Mystifizierung des Sonnenbergs und der Vereinigung von Licht und Schatten.

Das wird im Programmheft sowie auf der Startseite der B-Sides-Website mit einer Reihe von animierten Bildern mit Feuerkugeln, Planeten und Monden und einer eigens geschriebenen Sage illustriert. Und eben in Form der grauen Skulpturen, die ihre Schönheit erst durch die Einwirkung von Licht und des daraus entspringenden Schattens entfachen. «Das B-Sides ist eine gute Plattform für kreative Experimente», sagt Jaron Gyger. Die abstrakten Formen passen zur Musik, die ihrerseits ebenfalls alles andere als genormt ist.

Der Trailer des diesjährigen Festivals:

 

7. Bei allen Neuerungen: Was bleibt?

Neben all den Neuerungen hält das Team an liebgewonnenen Traditionen fest. Die da wären: Orphelia’s Iron Vest stimmen mit Banjo, Gitarre und mehrstimmigem Gesang überall auf dem Gelände ihren Country an. «Obertonstruktur der Kaulquappe» piepsen, fiepen und wummern mit ihren crazy aussehenden und genauso klingenden fahrbaren Untersätzen. Und Dauergast El Ritschi ist am Samstagnachmittag neben anderen für das Kinderprogramm besorgt.

8. Gibt’s denn überhaupt noch Tickets?

Leider nein, bis auf den Donnerstagabend sind alle Ticketoptionen für Freitag und Samstag weg. Es werden also wieder rund 4’500 Zuschauer an den drei Tagen erwartet. Aber psst, ein Hintertürchen gibt’s: Lover werden, also dem Unterstützer-Club beitreten. Über diesen Weg gibt’s sogar noch Dreitagestickets.

Hinweis: zentralplus ist Medienpartner des B-Sides.

Das komplette Programm des 14. B-Sides

Das B-Sides findet vom 13. bis 15. Juni auf dem Sonnenberg statt. Über 40 Konzerte und Performances stehen auf dem Programm. Bei über der Hälfte der Bands stehen Frauen auf der Bühne, drei Viertel der Acts kommen aus der Schweiz.

Donnerstag, 13. Juni:

Linda Vogel (CH/ZH)
Tanche (CH/LU)
GeilerAsDu (CH/LU)
Odd Beholder (CH/ZH)
Kate Tempest (UK)
Kallemi (CH/BS, PSE)
Big Eyes Trio (CH/VD)
L’Orage (CH/GE)
Nat-Shizaru (CH/LU)

Freitag, 14. Juni:

Fabien Sevilla (CH/VD)
Into Orleans (CH/LU)
Me & The Magic Horses (CH/LU)
Black Sea Dahu (CH/ZH)
Cyril Cyril (CH/GE)
Arbajo Jairus & Them Lovers (CH/BS)
Stahlberger (CH/SG)
Raketkanon (BEL)
Obertonstruktur der Kaulquappe (CH/LU)
TootArd (Golanhöhen, CH/BE)
Asbest (CH/BS)
WWWater (BEL)
AWA (ZWE)
Nuitunit (CH/LU)

Samstag, 15. Juni:

Kinderprogramm
Hitschtschitsch (CH/LU )
Team Scheller (DE)
Eclecta (CH/ZH)
Derya Yildirim & Group Simsek (DE, TUR)
P.A. Hülsenbeck (DE)
Schööf (CH/LU)
Klaus Johann Grobe (CH/ZH)
Decibelles (FR)
Belia Winnewisser (CH/LU)
Pyrit (CH/ZH)
Camilla Sparksss (CH/TI)
The Mauskovic Dance Band (NLD)
Praed (CH/BE, LBN)
Sailing Stones Trackselector Disco (TUN)

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 05.06.2019, 11:21 Uhr

    Ich durfte oder musste bereits ein mit diesem System in Berührung kommen und vermisse in eurer Liste einen ganz entscheidenden Nachteil. Guthaben sind nicht kumulierbar. Als Gruppe, und man ist meist als Gruppe an einer solchen Veranstaltung, ist es unmöglich mehrere kleine Guthaben zu einem grossen zusammenzufassen. Dieser Nachteil macht sich dann soweit bemerkbar, dass die ganze Gruppe zur Bar gehen muss, da es nicht möglich ist als Einzelner für die ganze Gruppe zu bezahlen.
    Ansonsten finde ich die Entwicklung nicht schlecht, aber künftig muss es möglich sein Guthaben zusammenzufassen.

    Anmerkung zum Kommentar von Herr Ebinger aus Rotkreuz:
    Als würden sie jemals an eine solche Veranstaltung gehen wollen 😉 hauptsache immer etwas zu jammern.

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  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 04.06.2019, 16:41 Uhr

    Kein Bargeld, bedeutet für mich Boykott einer Veranstaltung. Ich gehe nicht an einer Veranstaltung, die sich dem Überwachungshype unterwirft

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