Toten-Hosen-Film zeigt, wie die 2018er-Tour kippt

Dank zentralplus ging Campino für Kinofilm nochmals in den Luzerner Sedel

«Hallo Luzern»: Campino und die Hosen sind im Film auch beim berauschenden Allmend-Konzert zu sehen.

(Bild: zvg)

Es gibt packende Tourfilme über das Live-Phänomen Tote Hosen. «Weil du nur einmal lebst» geht so nah wie nie zuvor an die deutsche Punkband und ihre treuen Fans ran. Der Dokfilm zeigt auch Momente vom Luzerner Auftritt und von Campinos Stippvisite im Sedel. zentralplus inspirierte die Filmemacherin dazu.

«Bei Konzerten bekomme ich eine unglaubliche Energie, da bin ich wie auf Ecstasy. Ich kann auf Balkone klettern – weil ich dann gar nicht stürzen kann.» Das gesteht Hosen-Sänger Campino im abendfüllenden Dokfilm «Weil du nur einmal lebst». Der Konzertfilm über die Tour, die am 25. August 2018 auch in Luzern Halt machte, startet Ende März.

Man erlebt den Hosen-Sänger als Perfektionisten, der sich selber um den Klang des Mikrofons kümmert, lacht mit ihm bei der zickigen Hemdauswahl, staunt, wie er vor dem Konzert Stretching macht, und ist schockiert, wie er sich in der Garderobe mit seinen Kumpels fetzt.

Backstage auf der Luzerner Allmend

Und man sieht die Band backstage vor ihrem Auftritt auf der Luzerner Allmend, als für 50’000 Hosen-Fans auch 100’000 Liter Bier ausgeschenkt wurden (zentralplus berichtete).

Punk in der Garderobe: Campino erholt sich nach dem kräftereibenden Konzert.

Punk in der Garderobe: Campino erholt sich nach dem kräftereibenden Konzert.

(Bild: zvg)

Die deutsche Filmemacherin Cordula Kablitz-Post (54) geht ganz nah ran, vor allem im Luzerner Sedel – wie wir damals bei unserer zentralplus-Berichterstattung schon.

Ende der Band an die Wand gemalt

Der Kinozuschauer erfährt auch, dass der Luzerner Auftritt ziemlich auf der Kippe stand, denn Campino erlitt vor dem zweiten Auftritt in Deutschlands schönstem Open-Air-Theater, der Waldbühne in Berlin, einen Hörsturz. Die ganze Tour stand in Frage, die Hosen-Köpfe hingen tief.

Der Trailer zum Film «Weil du nur einmal lebst»: 

 

«Des Musikers Ohren sind wie für Sportler die Knie», sagt einer zur Erklärung, als alle litten und gar das Ende der Band an die Wand malten. Ein Tross von Angestellten stand plötzlich mitten in der Tour vor der Entlassung. Doch die Rampensau Campino erholte sich, und trotz Regen kam es dann zum Happy End auf der Allmend (zentralplus berichtete). 

Filmerin Cordula Kablitz-Post gibt Auskunft über den Dreh in Luzern: 

«Wir hatten das Glück, in Luzern backstage zu erleben, wie genau die Setlist auf das Publikum abgestimmt wird.»

Cordula Kablitz-Post, Filmemacherin

zentralplus: Cordula Kablitz-Post, die Toten Hosen zeigten sich in Luzern von ihrer intimen Seite. Was war am Auftritt vom 25. August 2018 auf der Allmend so speziell?

Cordula Kablitz-Post: Die Band hatte mir im Vorfeld schon erzählt, dass die Schweizer Fans besonders toll und euphorisch sind und dass die Schweizer Konzerte immer eine super Stimmung haben, weil das Publikum so sehr mitgeht. Wir hatten dann das Glück, in Luzern backstage zu erleben, wie genau die Setlist auf das Publikum abgestimmt wird. Es ist für mich immer noch ein Gänsehautmoment, wenn sich das dann offensichtlich auf das Publikum überträgt.

Der Punk und der Fan: Gössi führte den Hosen-Sänger Campino durch den Sedel.

Der Punk und der Fan: Gössi führte den Hosen-Sänger Campino durch den Sedel.

(Bild: hae)

zentralplus: Sie besuchten auch den Sedel und machten mit dem dortigen Veranstalter Martin Gössi einen Rundgang. Waren Sie dabei inspiriert von unserer zentralplus-Berichterstattung? 

Kablitz-Post: Ja, ich hatte tatsächlich Ihre Berichte gelesen, und sowohl die Band als auch ich waren sehr angetan von dem immer noch deutlich spürbaren Punk-Spirit, der dort im ehemaligen Gefängnis existiert. Es entstand ein besonders schöner Moment im Film, da die Toten Hosen sich im Sedel sehr wohl fühlten und vor allem der britische Drummer Vom da auch schon öfters gespielt hat. 

Hohe Konzentration: Trotz Punk geht es bei den Hosen immer auch um Kommerz.

Hohe Konzentration: Trotz Punk geht es bei den Hosen immer auch um Kommerz.

(Bild: zvg)

zentralplus: Was unterscheidete das Luzerner Hosen-Publikum von dem in Deutschland?

Kablitz-Post: Jedes Publikum ist von Stadt zu Stadt anders, aber die Hosen schaffen es ja immer, ihr Publikum zu begeistern und zum Mitsingen zu animieren. In Luzern ist mir jedenfalls aufgefallen, dass selbst der seltene Regen des vergangenen Traumsommers der tollen Stimmung im Publikum keinen Abbruch getan hat, im Gegenteil: Ich hatte das Gefühl, dass die Leute dadurch besonders ausflippten. Aber wer weiss, wie sehr sich die Fans ohne Regen noch steigern? Ich muss diesen Sommer einfach noch mal wiederkommen, wenn die Hosen spielen. 

zentralplus: Was macht die Toten Hosen denn zu einer Ausnahme-Live-Gruppe?

Kablitz-Post: Mich faszinierte schon immer die Energie, die die Band bei den Konzerten rüberbringt, egal ob sie vor einem kleinen Club-Publikum oder in einem Stadion oder auf der Luzerner Allmend spielt. Die Hosen haben mittlerweile ein sehr beeindruckendes Werk geschrieben, und ich finde, sie altern sehr gut. 

«Es gab auch stressige Momente, in denen wir als störend empfunden wurden.»

zentralplus: Sie gehörten quasi mit zum Tourteam?

Kablitz-Post: Auf gewisse Weise ja, denn wir mussten ständig mit der Kamera dabei sein, und die Band musste sich dann hoffentlich an uns gewöhnen und unsere Kamera irgendwann vergessen. Wir durften alles drehen, das war jedoch nicht immer einfach, denn es gab auch stressige Momente, in denen wir als störend empfunden wurden. 

zentralplus: War dies das erste Mal, dass die Band sich in all diesen Städten nonstop hat filmen lassen?

Kablitz-Post: Genau. Lediglich in den Duschen und Toiletten haben wir die Crew in Ruhe gelassen. Ich freu mich natürlich, wenn sich diese Nähe auf den Zuschauer überträgt. Für mich war es jedenfalls spannend, so nah an einer Band dran zu sein.

«Auf zur Party», scheint Campino auf Gössis Plakat in den Sedel zu laden.

«Auf zur Party», scheint Campino auf Gössis Plakat in den Sedel zu laden.

(Bild: hae)

zentralplus: Wir zeigten Campino damals auf dem Damen-WC des Sedel. Wieso blieb in Ihrem Film eigentlich das Private – Familien, sonstige Vorlieben wie Fussball – ziemlich aussen vor? Von Campino sieht man nur, dass er in Luzern – wenig Punk – das Bier einer lokalen Grossbrauerei trinkt und einen Opel fährt. 

Kablitz-Post: Die Band lässt grundsätzlich niemanden zu Hause drehen, auch die Kinder und Lebensgefährtinnen werden aus der Öffentlichkeit rausgehalten. Das ist offensichtlich das letzte Rückzugsgebiet, das die Band noch hat. Wenn man 37 Jahre im Fokus des öffentlichen Interesses steht, ist das auch verständlich, finde ich. 

zentralplus: Fans lieben aber human touch!

Kablitz-Post: Schon, aber ich wollte ja die Bandchemie ergründen und nicht das Privatleben der Toten Hosen, da die Band einfach auch den grössten Stellenwert im Leben der einzelnen Mitglieder hat. Und die Freundinnen oder Frauen sind nur selten dabei und wollen auch nicht gefilmt werden.

«DJ BoBo ist ein netter Typ.»

zentralplus: Sie drehen derzeit über Nina Hagen. Wie wär’s mit einem Film über DJ BoBo, den Luzerner Musiker? 

Kablitz-Post: Ein netter Typ, mit dem ich lustigerweise einen Drehtag in Seoul, Südkorea, vor zirka 20 Jahren hatte, als ich noch für VIVA gearbeitet habe. Ich hatte Snap auf ihrer Asientour begleitet, damals waren die Koreaner völlig aus dem Häuschen. 

Der Dok-Film «Weil du nur einmal lebst» über die Toten-Hosen-Tour von 2018 startet schweizweit am 28. März.

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