Luzerner Kulturmagazin «041» sucht erneut Leitung

«Bei der IG Kultur ist der Wurm drin»

Erst kürzlich wurde ein weiterer Wechsel bei der Redaktionsleitung des Kulturmagazins «041» bekannt.

(Bild: sah)

Schon wieder sucht das Luzerner Kulturmagazin «041» einen neuen Chef. Innerhalb der letzten Jahre herrschte reger Wechsel in der Chefetage der IG Kultur – sowohl beim Kulturmagazin selbst als auch in der Geschäftsleitung. Es scheint an mehreren Orten zu brodeln.

In den letzten elf Jahren sassen sieben verschiedene Personen auf dem Stuhl der Redaktionsleitung des Luzerner Kulturmagazins. Zuletzt war dieser von der Bündnerin Sophie Grossmann besetzt. Diese verlässt jedoch nach weniger als einem Jahr bereits wieder ihren Posten auf Ende April.

Grund für Grossmanns Rücktritt ist eine neue 100-Prozent-Stelle in Zürich, die es ihr nicht mehr erlaubt, weiterhin in Luzern tätig zu sein (zentralplus berichtete). Damit verliert das Kulturmagazin «041» bereits die sechste Redaktionsleiterin seit der Ablösung des Gründers Matthias Burki im Jahr 2008.

Die hohe Fluktuation lässt innere Differenzen vermuten, nicht zuletzt auch, weil erst vor wenigen Jahren der Vorstand des Vereins IG Kultur geschlossen zurücktreten musste. Grund waren starke Spannungen zwischen Mitarbeitern und dem Leitungsgremium (zentralplus berichtete).

Häufige Wechsel nicht ungewöhnlich?

Ein grundsätzliches Problem bei der IG Kultur, die das Magazin herausgibt, und dem Kulturmagazin selbst sei jedoch nicht ersichtlich. Dies meint Laura Breitschmid vom Vorstand der Interessengemeinschaft: «Es ist natürlich nicht wünschenswert, in der Kulturszene aber auch nicht ganz ungewöhnlich, dass es zu Wechseln kommt», meint sie und fügt an: «Genauso wie es solche gibt, die hocken bleiben, gibt es auch die Situation, dass Mitarbeiter, gerade junge, weiterziehen», so Breitschmid. Trotzdem sei Kontinuität bei solchen Stellen natürlich wichtig, ist sie sich bewusst.

«Weder der Vorstand noch die Geschäftsleitung der IG reden der Redaktionsleiterin drein.»

Laura Breitschmid, Vorstand IG Kultur

Sie räumt ein, dass die Stellenprozente eher knapp bemessen sind. Die Redaktionsleitung ist mit lediglich 60 Prozent ausgeschrieben. Dennoch betont Breitschmid, dass die Redaktionsleitung grosse Freiheiten geniesse, was von verschiedener Seite auch immer wieder zu vernehmen ist. «Weder der Vorstand noch die Geschäftsleitung reden der Redaktionsleitung drein», sagt Breitschmid.

Stellenprozent zu gering für Langfristigkeit?

Was hingegen das Pensum betrifft, lässt sich sicherlich über die Attraktivität dieser Stelle diskutieren. Dies war möglicherweise auch einer der Gründe, weshalb Grossmanns Vorgänger als Redaktionsleiter, Ivan Schnyder, den Bettel nach nur zwei Jahren hinschmiss.

So sagte er in einem früheren Interview: «Als junger, ungebundener Mensch ohne Verantwortlichkeiten ist das etwas extrem Tolles.» Man lebe seinen Traum und verdiene mit dem, was man wirklich machen wolle, seinen Lebensunterhalt.

«Doch bei mir haben sich nun die Prioritäten geändert», so Schnyder damals. Seine Demission begründete er indes nicht mit dem Gehalt, sondern mit den «flexiblen Arbeitszeiten und dem kurzfristigen Reagieren». Ob auch der Lohn eine Rolle spielte, darüber lässt sich nur spekulieren.

«Wir würden die Stelle gerne mit einem höheren Pensum besetzen. Unsere finanziellen Möglichkeiten lassen dies aber nicht zu.»

Laura Breitschmid, Vorstand IG Kultur

«Selbstverständlich würden wir die Stelle gerne mit einem höheren Pensum besetzen. Unsere finanziellen Möglichkeiten lassen dies aber schlicht nicht zu», sagt Vorstandsmitglied Laura Breitschmid. Die Finanzierung einer Monatszeitschrift mit Inseraten und Abonnenten sei jedoch eine Herausforderung.

Momentan seien verschiedene Projekte am Laufen, damit man künftig bessere Arbeitsbedingungen bieten könne. «Stand heute ist es realistisch, die Stelle der Redaktionsleiterin künftig allenfalls mit 70 Prozent auszuschreiben», blickt Breitschmid in die Zukunft. Kurzfristig sei dies aber nicht möglich.

Grossmanns Ideen und das durch den kürzlichen Relaunch neu gestaltete Magazin sollen von der neuen Redaktionsleitung weiter vorangetrieben werden. Auch über eine interne Neustrukturierung wird spekuliert: So soll die Verlagsleitung des Magazins innerhalb der IG Kultur gestärkt und das Magazin somit unabhängiger werden.

Das Team der IG Kultur – mit Ivan Schnyder im Hintergrund und Eva Laniado ganz rechts.

Das Team der IG Kultur – mit Ivan Schnyder im Hintergrund und Eva Laniado ganz rechts.

(Bild: Daniela Kienzler)

«Bei der IG ist irgendwie der Wurm drin.»

Pirmin Bossart, Kulturjournalist

Was sagt man im Umfeld von «041» über den erneuten personellen Abgang? Pirmin Bossart, renommierter Luzerner Kulturjournalist, glaubt, dass das Problem tiefer liegt als bei den Finanzen oder dem Pensum: «Ich habe seit einiger Zeit das Gefühl, dass bei der IG irgendwie der Wurm drin ist.» Seit dem Eklat rund um den Rücktritt des gesamten Vorstandes der IG vor rund dreieinhalb Jahren sei die Institution nie mehr richtig in Fahrt gekommen. «Da lief menschlich einiges schief», erinnert sich Bossart, der selber regelmässig für das Kulturmagazin geschrieben hat.

Auch Bossart spricht die fehlende Kontinuität nicht nur beim Posten der Redaktionsleiterin an. Eine zweimalige längere Abwesenheit wegen Mutterschaftsurlaubs der Geschäftsleiterin sei der Schaffung der Identität und des internen Klimas womöglich auch nicht zuträglich gewesen, so Bossart.

Das sei keinesfalls ein Vorwurf. Wahrscheinlich hätten einfach verschiedene Umstände mitgespielt, die zeitlich unglücklich zusammengefallen seien, sagt der Szenekenner. Bossart bezieht sich damit auf die IG-Geschäftsleiterin Eva Laniado, die, wie vor einigen Wochen bekanntgegeben wurde, ebenfalls bald zurücktritt (zentralplus berichtete).

Klare Linie und Kommunikation fehlt

«Seit einiger Zeit stelle ich fest, dass man beim Magazin auf der Suche nach neuen Trends und Formen ist, die man aber noch nicht gefunden hat», meint Bossart. Aktuell ziele der Inhalt deshalb an der Zielgruppe vorbei, so seine Kritik.

«Ich kann mir auch vorstellen, dass sich eine Redaktionsleiterin, die von aussen kommt, schwertut», so Bossart weiter. Denn die abtretende Redaktionsleiterin, Sophie Grossmann, ist gebürtige Bündnerin und wohnt in Zürich.

Auch die freischaffende Journalistin Christine Weber, welche bereits seit vielen Jahren für das Kulturmagazin «041» schreibt, bestätigt, dass bei der Redaktionsleitung eine breite kulturelle Vernetzung und ein vielschichtiges Wissen essentiell seien. Besonders bei von aussen dazustossenden Redaktionsleitern sei deshalb eine gute interne Kommunikation grundlegend.

«Das ‹041› hätte einen guten Pool von Leuten. Es wäre schade, würde ein Teil von denen vergrault.»

Christine Weber, freischaffende Journalistin

Die Kommunikation habe jedoch besonders seit dem letzten Wechsel gefehlt, sagt Weber: «Die Neuerungen von Gefässen wurde aus meiner Sicht beim letzten Wechsel gegenüber den Beteiligten unsorgfältig kommuniziert.» Dies habe viele Mitarbeiter vor den Kopf gestossen.

Zwar würden viele Mitarbeiterinnen mit Herzblut hinter dem Betrieb stehen und den frischen Wind begrüssen, doch müssen auch die bereits bestehenden Strukturen weiter gepflegt werden. «Das ‹041› hätte einen sehr guten Pool von Leuten. Dieser Pool wurde über viele Jahre aufgebaut. Es wäre schade, würde ein Teil von diesem vergrault», so Weber.

Vom Nachfolger oder der Nachfolgerin von Sophie Grossmann ist also vor allem eines gefragt: Konstanz. Die neue «041»-Redaktionsleitung soll die Stelle im Mai antreten.

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