Luzerner Rapper EffE über sein «Doppelleben»

Wenn die Tochter nicht hinhören darf, weil der Vater beim Rappen flucht

Rafael Graf alias Effe mit Dauerwelle für 20 Stutz.

(Bild: ida)

Seit gut 15 Jahren trägt er mit seinen Songs die Leuchtenstadt ins Land hinaus. Kürzlich sahnte er den Kick Ass Award ab. Rafael Graf alias Effe spricht über seinen Alltag als Pöstler und Familienvater – und darüber, weshalb das 041-Kollektiv eigentlich hauptsächlich ein Whatsapp-Gruppenchat ist.

«Esch das öpis?», fragt Rafael Graf alias Effe, während er sich mit seiner Hand durch die Haare fährt. «Erst gestern habe ich mir für 20 Stutz eine Dauerwelle machen lassen», meint er nun grinsend. Wir sitzen in der «Nachbar» in der Luzerner Neustadt, wo man EffE nicht selten antrifft. Üblicherweise jedoch gemeinsam mit seinen Kumpels des 041-Kollektivs wie Mimiks, LCone, Marash und Dave und einem Bier. Nun gönnt er sich einen grossen Schluck Kaffee. Den braucht EffE auch, denn seine Augen machen einen müden – wenn auch glücklichen – Eindruck.

«Seit drei Uhr morgens bin ich wach», erklärt EffE. Denn der Luzerner ist nicht nur Musiker – sondern hauptberuflich Paketbote, Ehemann und Vater von zwei Kindern.

Er pfeifft auf Social Media

Kürzlich räumte EffE mit seinem Song «Benzin» den Kick Ass Award mit einem Preisgeld von 3000 Franken für den besten Luzerner Song 2018 ab (zentralplus berichtete). «Das war schon ein geiles Gefühl», so EffE. «Es pusht mich und gibt mir enorm viel Motivation, wenn ich sehe, wie ich von meinen Fans unterstützt werde.»

EffE geht es mehr um die Anerkennung, die er durch den Award erhalten hat, als um das Preisgeld oder den Titel an sich. EffE hat für soziale Medien nur wenig übrig, auf Instagram folgt er keiner einzigen Person zurück. «Den ganzen Tag auf sozialen Medien abhängen – das musste ich mir nicht mehr geben», sagt EffE. Während seine Rapkollegen tausende von Likes auf den Bildern hätten, sei er da immer ein wenig hinterhergehumpelt. «Ihnen nun zu zeigen, dass meine Fans für mich da sind und mir zum Sieg verholfen haben, ist schon cool», sagt EffE verschmitzt.

«Am besten einfach mal machen. Musik ist immer eine Glückssache.»

Es war indes nicht das erste Mal, dass er für den Kick Ass Award nominiert war. Bereits 2012 hatte er die Chance, aufs Podest zu kommen. Obwohl es für den Sieg nicht reichte, verhalf ihm die Nomination zum Durchbruch. Durch den Event lernte er Baba Uslender kennen, mit dem er kurz darauf den «Baustellensong» veröffentlichte. «Über die Nacht erhielten wir auf YouTube tausende von Klicks», so EffE. «Es ist einfach passiert, damit hätten wir niemals gerechnet.» Und so lautet auch das Credo EffEs: «Am besten einfach mal machen. Musik ist immer eine Glückssache.»

«Seichte Inhalte ziehen mehr»

Dennoch würde EffE «Benzin» nicht als sein Meisterstück bezeichnen. Gerade die Songs auf dem «Pöstler»-Album, welches er 2015 veröffentliche, würden ihm mehr bedeuten. Beispielsweise rappt er in «Mis graue Baby» für seine heute siebenjährige Tochter. Es ist eine Art Liebesbekenntnis, in dem der Vater zugleich seinem Kind Lebensweisheiten mit auf den Weg gibt.

«Wenn ich vom ‹Pöstler›-Album rede, dann spreche ich immer von meinem Kunstwerk», sagt EffE. Es sei sein bestes Album, wohl auch das musikalischste mit prägenden und tiefgründigen Inhalten. Dennoch habe er mit anderen Alben, in denen er eher über seichte Inhalte rappe, mehr Erfolg gehabt. «Seichte Inhalte ziehen einfach mehr», sagt EffE. Böse nehme er dies niemanden. Der Künstler höre selbst auch nicht Musik, um sich danach mit den Texten vertieft auseinanderzusetzen. «Für mich muss die Musik einfach viben», so EffE.

«Oh schwarz-wiis – Liebesbewiis – mis graue Baby»:

Weniger fluchen – oder Songs auslassen

«Oh Baby du besch s’Universum […] Treisch dich um, mini Stimm blibt stumm. Du besch alles»: Wer sich durch die Alben EffEs hört, merkt, dass seine Texte weniger provokativ als noch vor Jahren waren. Neben der «Comedy-Schiene», wie EffE seine Songs betitelt, handeln einige Texte auch über Frau und Kinder.

Ist er etwa erwachsener, gar gesitteter geworden? «Ja, auf jeden Fall», meint EffE. «Es ist schon anders, wenn du in der Gesellschaft voll angekommen bist.» Er habe einen anderen Lifestyle, seit er nicht mehr nur Musik mache und mit anderen Menschen als nur Musikern zu tun habe. Der gelernte Logistiker verlor 2015 seinen Job und musste zum RAV. «Ich musste den ganzen Tag lang Fensterrähmen schleifen», erzählt EffE. «Nach zwei Wochen hast du das echt gesehen.» Er fand einen Job als Paketbote bei der Post. Und da gefalle es ihm mittlerweile ganz gut.

«Ich fluche weniger als früher.»

Als Ehemann und Vater von einer siebenjährigen Tochter und einem einjährigen Sohn hat EffE viel Verantwortung. Nicht zuletzt hat ihn dies in seiner Musik geprägt: «Ich fluche weniger als früher. Oder probiere es zumindest», meint er lachend. «Seit meine Tochter nun versteht, was ich rappe, muss ich schon darauf schauen.» Seine Tochter sei ein grosser Fan, das «Pöstler»-Album kenne sie bereits in- und auswendig. «Beim neuen Album darf sie jedoch nicht alles hören», verrät EffE. Ob er ihr die Ohren zuhalte? «Meine Tochter weiss genau, bei welchen meiner Songs sie nicht hinhören darf.»

… und nun folgt das «Bünzli»-Dasein

Doch auch mit politischen Inhalten setzte sich EffE in seinen Tracks auseinander und setzte damit Statements: «Hallo Schwiiz, multikulti […] hey du, du bisch willkomme – s’dänke ned alli gliich i mim Land», rappte EffE im Zusammenhang mit der Masseneinwanderungsinitiative 2014. Und weiter: «Singe hey du, mini Schwiiz brucht dich.»

EffE selbst hat exotische Wurzeln, auch wenn er sich selbst als «richtiger» Schweizer versteht. Seine Mutter kommt aus Ungarn, sein Vater aus Israel. Der in Israel geborene EffE kam, als er ein Jahr alt war, in die Schweiz. Nach wie vor lebe ein Grossteil seiner Familie im Nahen Osten: «Manchmal ist es schon ein wenig komisch», so der 32-Jährige. «Ich bin ein Familienmensch, bin gerne in der Nähe meiner Liebsten. Deshalb mache ich nun halt hier meine eigene grosse Familie», meint er lächelnd. Denn das Kind Nummer drei ist auf dem Weg.

«Als Nächstes plane ich übrigens etwas mega Bünzliges», sagt EffE. Eine neue Single sei in der Pipeline. Beruflich möchte er sich bei der Post weiterbilden, aber auch als Filmemacher und Songschreiber für andere auftreten. «Ich bezweifle, dass meine Rapcrew diese Bünzlinummer so feiern wird», meint EffE lachend. «Aber das 041-Kollektiv ist hauptsächlich ein Whatsapp-Gruppenchat für gute Kumpels.» Ob er auch die Handorgel und das Alphorn beim neuen Song einsetzt? «Wer weiss», meint EffE lachend. «Wir werden sehen. Mit dem Kick Ass Award habe ich Anerkennung erhalten – jetzt kann ich mal wieder etwas wagen.»

«Dis Money esch mini Motivation»:

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