Luzerner Theater: «Grosse Bären weinen auch»

Dem Teddy geht’s an den Kragen und die Kinder lachen sich schief

Ein riesiger Teddybär türmt sich auf der Bühne auf – ganz zum Vergnügen der Kinder.

(Bild: zvg/Reinout_Hiel)

Zum Lärmen, Kreischen und Nicht-still-Sitzen: «Grosse Bären weinen auch» ist ein bildreiches Theater für Kinder ab 6 Jahren. In abwechslungsreichen Szenen nähert man sich humorvoll dem Schaurigen an. Das riesige laute Durcheinander gefällt besonders den Kindern. Jagt ihnen aber keine Angst ein.

Laut war es, der Theatersaal gefüllt mit farbigen Regenjacken, ein paar Lehrpersonen und einer grossen Schar von Primarschulkindern. Die andächtige Stille vor dem Beginn einer Theateraufführung fehlte hier gänzlich. Der Saal war bei der Premiere am Dienstagnachmittag voll von jungen Besuchern und ihre Lebendigkeit und ungehemmte Teilnahme am Leben prägten den Theaterbesuch.

Das Stück «Grosse Bären weinen auch» ist darauf angelegt, mit den Kindern zu interagieren, sie zu unterhalten. Eine Geschichte wird hier nicht von A bis Z erzählt. Stattdessen werden einzelne Slapstick-Szenen gezeigt, mit viel Trara und Zauber, kommentiert von Lachen, Kreischen und dem «Haltet euch die Ohren zu!» des Publikums.

Die mit pantomimischem Humor und Slapstick spielenden Auftritte sind farbig, fantasievoll und werden begleitet von der Ästhetik des Künstlerischen – denn es war eine Künstlerin, die hinter diesem Kindertheater steht. Die Belgierin Miet Warlop kreiert normalerweise traurig-lustige, schräge und fantasievolle Performances. Als sie darauf aufmerksam gemacht wurde, dass diese doch auch Kindern gefallen könnten, versuchte sie sich am Genre des Kindertheaters.

Ein zerstückelter Teddybär

Warlop führt als Thema des Stücks die Angst an, zumal auch grosse Bären weinen. Angst scheinen die Kinder aber, während sie sich das Stück ansehen und es lautstark kommentieren, nicht gross zu empfinden. Geht das Licht aus, so geht zwar ein beeindruckendes Gekreische los; droht etwas herunterzufallen, rufen alle gespannt durcheinander.

Auch ein Fuselmonster hat seinen Auftritt, mit weissem, zotteligem Fell tanzt es zu mystischer Musik wie ein Derwisch.

Es ist ein einziger Schauspieler auf der Bühne, der mit Objekten und pantomimisch spielt. Die Szenen sind abwechslungsreich und kurzweilig. So wird zu Beginn ein riesiger Teddybär aufgeblasen, der künstliche Babygeräusche von sich gibt. Der Bär türmt sich erst auf, fällt wieder in sich zusammen und richtet sich dann zur vollen Grösse auf. Gelächter erschallt, als man das komische Teddybärengesicht sieht und die schräg-skurrile Babystimme vernimmt, die eher etwas von einer quietschenden Cartoonfigur hat als von einem Menschen.

Etwas später fallen Teddybär-Gliedmassen von der Decke, die am fehlenden Körperansatz rot gepolstert sind. Die jungen Gäste schreien aber eher wegen der stürzenden Gegenstände, des Effekts des Aufprallens oder der Erwartung eines Knalls denn wegen des verstümmelten Plüschtiers.

Ein einziger Schauspieler spielt auf der Luzerner-Theater-Bühne mit verschiedenen Objekten.

Ein einziger Schauspieler spielt auf der Luzerner-Theater-Bühne mit verschiedenen Objekten.

(Bild: zvg/Reinout_Hiel)

Der Spass kommt nicht zu kurz

Angst soll das Thema sein, und bei Kindern ist die ja auch immer da. Vor Blut, Tod und Dunkelheit flieht man zwar besser, doch Themen der Angst in einem Kindertheater zu zeigen, ist mutig. Und wirklich unheimlich war der Teddy nicht, obschon er zerstückelt auf der Bühne lag. Stattdessen prägt sich das Schräge ein: Merkwürdiges und Bizarres kommt zum Zug, das vielleicht staunen lässt, grübeln oder verstehen, aber fürchten muss man sich nicht. Zumal der Spass nicht zu kurz kommt.

Sobald alle Teddy-Teile auf der Bühne gelandet sind, wirft sie der Schauspieler ins Publikum. Da stehen alle auf und rufen durcheinander!

Sie lachen sich schief

Auch als Verbrecher mit brummlig-verzerrter Stimme tritt der Protagonist auf, Gefahren verheissend hält er eine schwarze Pistole in der Hand. Doch da plätschert nur etwas Wasser hinaus. So wird die Angstfigur des Verbrechers mit schwarzer Sturmmaske unterwandert, der Eindruck eines komödiantenhaften Schauspielers bleibt zurück und wird hoffentlich von nun an in Alpträumen als einziges eine Rolle besetzen.

Kaskaden von Pingpongbällen prasseln auf den Schauspieler nieder, ein Porzellangebiss mit grosser Kaugummiblase steht schweigend am rechten Bühnenrand und ein riesiges, rotes Herz wird aufgeblasen und in der nächsten Szene zum Mantel eines Laufstegmodels, das zur Technomusik erstarrte Blicke über die Schulter wirft. Die Kinder lachen sich schief.

Der Spass kommt nicht zu kurz im Stück «Grosse Bären weinen auch».

Der Spass kommt nicht zu kurz im Stück «Grosse Bären weinen auch».

(Bild: zvg/Reinout_Hiel)

Auch ein Fuselmonster hat seinen Auftritt, mit weissem, zotteligem Fell tanzt es zu mystischer Musik wie ein Derwisch im Kreis. Die einzelnen Szenen sind zwar interessant gestaltet, doch das Stück und seine chaotischen Szenen rasen vorüber. Viele Ideen tauchen auf, sind aber auch schnell wieder vorbei.

Durch die Begeisterung der Kinder wird das Stück zu einem Vergnügen. Und wer einmal ein Kindertheater sehen möchte, das so gar nicht die typische Märchenatmosphäre verbreitet und weder mit Heldinnen und Helden auftrumpft noch Drachen und Kriminalfälle beinhaltet – für den und dessen Kinderschar ist dieses vielfältige, experimentelle Kindertheaterstück bestimmt richtig. Der Lautstärke im Saal nach zu urteilen, hat sich das Kinderpublikum prächtig unterhalten.

«Grosse Bären weinen auch»: bis 6. Januar 2019, Luzerner Theater (ab 6 Jahren). Koproduktion mit Vooruit (Gent), Gessnerallee Zürich, TJP Centre Dramatique National Strasbourg, AUAWIRLEBEN Theaterfestival Bern

 

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