Bodypainting bei der Zuger Kunstnacht

«Körper zu bemalen, ist etwas sehr Sinnliches»

In der Galerie Arrigoni in Cham bemalte Künstlerin Sandra Schawalder ein Aktmodel.

(Bild: woz)

Dass eine Nackte in einer Galerie mit dem Pinsel koloriert wird – das kommt nicht alle Tage vor in Zug. Die Galerie Arrigoni in Cham hatte sich mit einem Bodypainting-Happening bei der Zuger Kunstnacht also etwas Besonderes vorgenommen.

Wie eine orientalische Fürstin sitzt sie auf dem Stuhl. Ihre Haare werden von einem Handtuch zusammengehalten. Es sieht aus, als trage sie einen Turban. Mit aufrechtem Oberkörper platziert sich das Nacktmodel auf dem Hocker. Ihre Beine verschränkt sie zu einer anmutigen Pose.

Haut wird zuerst grundiert

Nachdem sie ihr rotes Handtuch abgelegt hat, nähert sich die Künstlerin Sandra Schawalder der jungen Frau zunächst mit einem Döschen mit weisser Creme. Die Haut wird erst grundiert, damit die Theaterfarbe besser hält. Dann greift sie zu einem feinen Pinsel und skizziert in freien Strichen ihr erstes Sujet über der Brust: einen roten Schmetterling.

«Es fühlt sich weich an, Haut zu bemalen.»

Sandra Schawalder, Künstlerin

Immer mehr Schmetterlinge lassen sich auf der Haut nieder – am Bauch, auf der Schulter, dem Oberschenkel, dem Schienbein. Ein Pflanzenzweig rankt sich über die andere Brust von Simona Zahner – der jungen Frau, die sich bereit erklärte, sich von Schawalder bemalen zu lassen. Nach gut einer Stunde sieht das Aktmodel aus wie eine lebende Leinwand voller bunter Motive – ein sehr schöner, ornamentaler Anblick.

Das Publikum in der Zuger Kunstnacht in der Chamer Galerie Arrigoni.

Das Publikum in der Zuger Kunstnacht in der Chamer Galerie Arrigoni.

(Bild: woz)

«Es fühlt sich weich an, Haut zu bemalen», erklärt Sandra Schawalder. Haut gehe bei den Bewegungen des Pinsels mit und sei nicht so hart wie Leinwand. «Man muss aber sehr konzentriert arbeiten, weil durch die Bewegung schnell eine Kontur verwischen kann. Körper zu bemalen, ist etwas sehr Sinnliches.»

«Still wie in der Kirche»

Während die Künstlerin das Model bemalt, ist es anfangs ganz still in der Galerie. Man hat fast den Eindruck, die Zuschauer halten den Atem an. Der ungewohnte Anblick nackter Haut scheint doch auf den ersten Blick zu verblüffen. Kann denn Malen Sünde sein?

Mit feinem Pinselstrich bemalt Sandra Schawalder das Aktmodel Simona Zahner: «Haut ist weicher als Leinwand.»

Mit feinem Pinselstrich bemalt Sandra Schawalder das Aktmodel Simona Zahner: «Haut ist weicher als Leinwand.»

(Bild: woz)

«Es ist ja fast so still wie in der Kirche», scherzt Galeriebesitzerin Anne Marie Arrigoni und schaltet Musik an. Darunter rockt auch so mancher Titel aus den 60er- und 70er-Jahren aus den Lautsprechern in den Raum – aus einer Zeit, als Bodypainting tatsächlich noch eine Art kolorierte Variante der sexuellen Revolution verkörperte.

«Körperkult ist in.»

Anne Marie Arrigoni, Galeriebesitzerin

«Diese Rolle spielt Bodypainting heutzutage sicher nicht mehr», sagt Anne Marie Arrigoni. Aber Bodypainting sei wieder im Kommen. «Denn Körperkult ist in», ist die Galeriebesitzerin überzeugt.

Das Bodypainting-Happening in der Galerie Arrigoni in Cham während der Zuger Kunstnacht.

Das Bodypainting-Happening in der Galerie Arrigoni in Cham während der Zuger Kunstnacht.

(Bild: woz)

Ihr Ehemann, der in Zug so legendäre Elso Schiavo, bemalt derweil eine kleine Nixe – die zehnjährige Svenja Lienhard trägt ein rosa Fischkostüm inklusive Flosse. Der 85-jährige Baarer Künstler, der in Zug zahlreiche Wände mit seinen bunten Fischen bemalt hat und dessen bunte Bilder zig Zuger Büros zieren, malt seinem Model einige seiner dekorativen Fische auf den Bauch und auf die Schulter.

«Ich hätte mich mit zehn Jahren nicht getraut, so etwas zu machen», verrät das begeisterte Gotti des Mädchens. Svenjas Mutter fotografiert derweil die Malaktion.

45 bis 60 Franken pro Stunde

Kinder, die auf dem Boden sitzen und das Malhappening gespannt beobachten, finden es etwas komisch, wenn Haut von Menschen bemalt wird. «Das sieht man halt einfach nicht so oft», sagt ein Mädchen. Zwischendurch wippt Svenja mit ihrer Schwimmflosse – Model zu sein, macht offensichtlich müde.

Model für die Kunst zu sein, ist anstrengend: Svenja Lienhard lässt sich von Elso Schiavo kolorieren.

Model für die Kunst zu sein, ist anstrengend: Svenja Lienhard lässt sich von Elso Schiavo kolorieren.

(Bild: woz)

Nach einer knappen Stunde ist das Happening vorbei. Auch Simona Zahner, das engagierte Nacktmodel, hat zwischendurch mal die Schultern gekreist und den Kopf in den Nacken gelegt: Posieren ist sichtlich anstrengend. Die Masterstudentin im Studiengang Wald und Landschaft jobbt hin und wieder mal als Nacktmodel an der Kunstakademie in Zürich. Zwischen 45 und 60 Franken pro Stunde kassiert sie dabei fürs Posieren.

«Fein und kühl.»

Simona Zahner, Aktmodel

Aber ist das denn so einfach, sich nackt vor anderen zu zeigen? «Wenn man ein selbstbewusstes Verhältnis zu seinem Körper hat, ist das kein Problem.» Und das Malen auf der Haut, wie fühlt sich das eigentlich an? «Fein und kühl», sagt sie und lächelt. Jetzt ist erstmal Duschen angesagt. 

Elso Schiavo bemalte eine Nixe mit seinen Fischmotiven.

Elso Schiavo bemalte eine Nixe mit seinen Fischmotiven.

(Bild: woz)

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon