Theater Casino Zug: «Giacobbo/Müller in Therapie»

Giacobbo und Müller machen die Pause zum Brüller

Mike Müller und Viktor Giacobbo in Therapie bei Dominique Müller (hinten).

(Bild: zvg/Chavela Zink)

Sie sind Kulturgut: Viktor Giacobbo und Mike Müller und ihre Late-Night-Show. Und sie sind gut. Doch bei ihrem aktuellen Bühnenprogramm «In Therapie» hätten sie besser darauf vertraut und bei der Länge und dem Personal ein paar Sparmassnahmen vorgenommen.

Der Abend «In Therapie» beginnt verhalten. Etwas steif. Der selbst ernannte «Stage Personality Coach» Dominique Müller instruiert das Publikum und erklärt mit einem Haufen wichtiger Anglizismen, was seine Therapie für die Herren Ex-Late-Night-Komiker bedeutet. Für die beiden «Problemschauspieler», wie er sie nennt.

Denn die soll D. Müller – Schauspieler, Autor und auch Regisseur, beispielsweise für «Ohne Rolf» aus Luzern, und nicht verwandt mit Mike Müller – während der folgenden zwei Stunden therapieren. Nach dem selbst gewählten Ende ihrer Fernsehsendung geht es für Giacobbo/Müller in der Therapie vor allem darum, eine dauerhafte Lizenz für die Bühne zu bekommen.

Kritik, Streit und Gestänker

Die verschiedenen Aspekte der ehemaligen Satiresendung werden in der Therapie, die den Rahmen für den Abend vorgibt, Thema. Die News, die Sketches, die Talks mit den Gästen. Links zur Politik, zu anderen Programmen, zu Giacobbos Position im Casinotheater Winterthur, seiner jungen Freundin oder zum «Bestatter» fehlen selbstverständlich nicht. Ebenso wenig die obligate Kaffeemaschine von Müller. Das Publikum ist gut gestimmt, lacht und applaudiert rege.

Kritik und der Umgang mit ihr sind eines der grossen Themen in der «Therapie», und immer wieder sind die Therapieeinheiten Grund für Lästereien, Streitereien, Gestänker und metaphorisches gegenseitiges Ans-Bein-Pinkeln.

Doch die recht «theäterleten» Streitgespräche mit D. Müller und die angepissten Einwürfe von Musiker Daniel Ziegler nehmen Giacobbo und Müller gefühlt den Drive. Viel Gerede über die «Therapie» rückt den Rahmen des Abends zu sehr in den Fokus. Denn wahrscheinlich ist keiner im Publikum da, um ein Theater über eine Therapie zu sehen, sondern Giacobbo und Müller in ihrem Element. Daniel Ziegler ist ohne Frage ein grossartiger Bassist, doch im Bühnenprogramm mit Müller und Giacobbo wirken seine genervten Einschübe bald recht abgelutscht.

Spontaneität in der Pause

Als die Pause nach fast 90 Minuten angekündigt wird, weigern sich Giacobbo und Müller, die Spannung zu brechen und von der Bühne zu gehen. Sie machen weiter. Sie kommentieren das Verhalten des Publikums, die Shorts ihres Technikers, halten Smalltalk. Ungefähr die Hälfte des Publikums verlässt den Saal, zögerlich oder fluchtartig, in kleinen Gruppen.

Für den Rest folgt eine Wahnsinnsshow, die hier nicht verraten werden soll. Nur so viel: Es wurde geküsst, es wurde gefüttert und am Schluss, als der Grossteil wieder in den Saal strömte, hatten sie die Kleider schon wieder an. (Nur wer in der Pause sitzen blieb, weiss, was wirklich geschah.)

«Bisch du ganz en Luschtige? Ja, ganz en Luschtige?» – Mike Müller und Viktor Giacobbo (v.l.).

«Bisch du ganz en Luschtige? Ja, ganz en Luschtige?» – Mike Müller und Viktor Giacobbo (v.l.).

(Bild: zvg/Chavela Zink)

 Der Abend zeigt Wirkung

Nach der Pause nimmt das Programm an Tempo auf. Müller protokolliert, Giacobbo parliert in schlechtestem Italienisch und gibt einen Hitler-Sketch zum Besten. Schokoküsse oder «Kalorienbombe mit Rassismushintergrund» werden vertilgt, und über Viktor Giaccobos Koffeinallergie wird hergezogen. Müller und Müller duellieren sich in einem Zidane-mässigen Bauchstosser, Giacobbo hat wüste Worte für Kritiker übrig und fällt plötzlich in eine Art Geschichtstourette.

Wer und wann?

Darsteller: Mike Müller, Viktor Giacobbo, Dominique Müller, Daniel Ziegler 
Text: Viktor Giacobbo, Mike Müller, Domenico Blass
Regie: Brigitt Maag

Am Mittwoch, 9. Mai, wird das Programm nochmals im Casino Theater Zug gezeigt. Es hat jedoch nur noch eine Handvoll Tickets übrig.

Nach Luzern kommen die vier Herren am 30. Mai, 31. Mai und 1. Juni, nach Sursee am 17. und 18. Oktober.

D. Müller kommentiert: «Der Abend zeigt seine Wirkung», und das tut er nun tatsächlich. Es reiht sich Lacher an Lacher. Doch dann geht es in die Fragerunde. Die Schüchternheit des Publikums und die teilweise sehr ernsthaften und ruhigen Antworten der Herren machen diesen Teil des Programms zu einem wenig sprudelnden Publikum-Künstler-Gespräch.

Eine Ende mit Wumms

Doch zum Ende drehen die beiden nochmals auf. Ein Streit steigert sich und mündet in einer (un-)anständigen Publikumsbeschimpfung. Die begeisterten Reihen im ausverkauften Casino-Theater werden regelrecht angelärmt. Und mit einem «Macht doch ihr erst die Lizenz als Publikum» rauschen die beiden ab.

Doch leider ist der heftige Abgang, begleitet von grossem Gelächter und Applaus, noch nicht das Ende. Die Therapieanalyse von D. Müller folgt, eine Entschuldigung der Herren Giacobbo/Müller ans Publikum und ein gereimter und bis zur Erschöpfung getanzter Song von D. Müller.

Letztlich zeigt das Bühnenprogramm des «Duos», dass Giacobbo und Müllers Mundwerke spontan am besten funktionieren. Dass sie als Duo brillieren und nicht als Quartett. Und dass mehr Zeit nicht unbedingt mehr ist. Eine «Straffung» hätte der «Therapie» auf keinen Fall geschadet.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Samuel Kneubuehler
    Samuel Kneubuehler, 13.05.2018, 21:12 Uhr

    Ich war auch dabei. Ich schliesse mich Jana Avanzini an, ausser bei Daniel Zieglers Rolle. Im Gegensatz zur Fernsehsendung war er hier munter gelaunt («wisst ihr, wie mühsam es ist, 45 Minuten nur grimmig reinzuschauen?») und Teil des Ensembles. Ich fand die «Streitereien» gekünstelt. Gerade Viktor Giaccobbos schauspielerisches Talent ist eher bescheiden. Die Anfangsgags waren sehr schweizerisch behäbig.

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