Serie Kultur auf dem Land: «Rathausbühne Willisau»

Das mächtigste Kulturlokal steht in Willisau

Die drei Co-Präsidentinnen Marianne Kathol, Franziska Schmid und Sandra Bättig (v.l.n.r) auf der Zuschauertribüne im Dachstock des alten Rathauses.

(Bild: bic)

Es ist wohl eine der ältesten Kulturstätten des Kantons Luzern. Im Dachstock des ehemaligen Rathauses in Willisau werden seit über 200 Jahren Theater und Musik gespielt. Als Ort der Kunst und der Begegnung ist das ehrwürdige Haus nicht mehr wegzudenken.

Prominent und mächtig steht das ehemalige Willisauer Rathaus mittem im Städtchen im Luzerner Hinterland. Es scheint fast unglaublich, dass das Gebäude heute fast nur noch für die Kultur genutzt wird.

Doch tatsächlich: Nach einem raschen Blick in den grossen, leeren Bürgersaal im Erdgeschoss, steigen wir mit den drei Co-Präsidentinnen des Vereins «Rathausbühne Willisau» hinauf bis in den Dachstock.

Ein ganzes Haus für die Kultur

In den Zwischenetage gibt es wohl nur ein paar Büros der Gemeindeverwaltung. Oben angekommen stehen wir plözlich vor einer riesigen Holzkonstruktion. Es ist die grosszügige Tribüne des Veranstaltungslokals. Etwas perplex bleiben wir erstmal stehen. Mit einer derartigen Infrastruktur im Estrich des 300 Jahre alten Gebäudes haben wir nicht gerechnet. Doch die Ränge stehen hier schon seit geraumer Zeit, wie wir bald erfahren werden.

Das Gebäude wurde nach dem Stadtbrand um 1720 als Korn- und Tuchlaube neu erbaut. Die Kultur hielt schon sehr früh Einzug. Bereits um das Jahr 1800 wurden im Dachstock eine Bühne und Ränge für die Zuschauer installiert. Im Erdgeschoss befand sich bis Mitte des letzten Jahrhunderts eine Metzgerei.

Zum Rathaus wurde das Gebäude erst im Jahr 1912. Bis 1989 tagten die Bürger-, Einwohner- und Korporationsgemeinde im Bürgersaal im Erdgeschoss, ehe das Rathaus zum Ort der Begegnung, der Kultur und der Verwaltung umfunktioniert wurde. Seit 1992 ist der Verein «Rathausbühne» für das Programm des Lokals zuständig.

Immer noch im Originalzustand

Im Veranstaltungsraum im Dachstock trifft man auf viel Geschichte. «So viel ich weiss, sitzen die Zuschauer heute immer noch auf den ursprünglichen Bänken», sagt Co-Präsidentin Franziska Schmid. Das Alter der Ränge zeige sich darin, dass sie nicht wirklich die Masse aufweisen, die man heute kennt. «Wirklich bequem sind die Bänke nicht», ergänzt die zweite Co-Präsidentin, Sandra Bättig, lachend.

Kultur abseits der Stadt

In einer Serie stellt zentralplus Luzerner Kulturräume vor, die von Städtern oft links liegengelassen werden. Zu Unrecht, denn die Kultur auf dem Land ist lebendig, vielfältig und findet an charmanten Orten statt.

Die nächsten zwei Veranstaltungen der Rathausbühne: Samstag, 26. Mai, Tim Krohn: «Menschliche Regungen» (Lesung); Samstag, 16. Mai, «JMO»: Klänge aus Afrika, Europa und dem Orient.

Zugelassen ist das Lokal im Dachstock heute für 100 Personen. «Wenn wir eine Veranstaltung mit mehr Besuchern organisieren, können wir den Bürgersaal im Erdgeschoss benutzen», erklärt Bättig. Dort müssten die Stühle und die Bühne aber jedes Mal aufs Neue aufgestellt werden. Bei allen Anlässen dient der Saal jedoch als Bar. «Viele Künstler wünschen sich aber explizit, dass sie im Dachstock auftreten können.» Die Atmosphäre sei in ihrer Art einmalig, sagt sie.

Die beiden Veranstaltungsräume kann der Verein umsonst nutzen. «Die Stadt kommt uns hier sehr entgegen und wir sind super aufgehoben», schwärmt  Schmid. «Die Stadt erachtet unser Angebot als ein Plus und ist froh, dass der Ort belebt wird», führt Kathol aus. Rund 200 Mitglieder zählt der Verein. Im Vorstand leisten acht Personen Fronarbeit. Hinzu kommt das Bar-Team.

Kleinkunst sämtlicher Couleur

Der Verein Rathausbühne organisiert kulturelle Veranstaltungen jeglicher Couleur: Musik, Theater, Comedy und Lesungen. Stolz sind die drei Frauen, dass sie kürzlich etwa den Zauberer Alex Porter nach Willisau holen konnten.

Andere national bekannte Künstler, die im alten Rathaus auf der Bühne standen sind unter anderem die Komiker Gabriel Vetter, Michael Gammenthaler und Dominic Deville oder die Band Stiller Has. Das Publikum sei wie überall in der Kleinkunst zirka 35-jährig und älter. «Es ist eigentlich schade, dass wir die Jungen nicht mehr für unser Programm begeistern können», sagt Bättig.

Krachendes Jubiläum

Eine Ausnahme war das 25-Jahr-Jubiläum des Vereins im vergangenen Jahr. «Dort haben wir unter dem Motto ‹Hiesigs› explizit auf Künstler aus Willisau und Umgebung gesetzt», erklärt Marianne Kathol, die dritte Co-Präsidentin. Die Veranstaltungen in diesem Rahmen seien bis heute eines der ganz grossen Highlights gewesen.

«Ich glaube nicht, dass die Städer hinsichtlich der Kultur anders ticken als wir.»

Marianne Kathol, Co-Präsidentin Rathausbühne

Weil auch Nachwuchsbands dabei waren, durfte man einige junge Gäste begrüssen. Der Bürgersaal im Parterre sei damals aus allen Nähten geplatzt, so Kathol. Die Förderung junger Künstler habe sich der Verein auf die Fahne geschrieben, ergänzt Sandra Bättig. Einige seien später weit herum bekannt geworden.

Hie und da ist die Rathausbühne auf ein Zuschauermagnet angewiesen, so die Präsidentinnen. «Um unser Programm zu finanzieren braucht es mindestens einmal im Jahr einen Kassenschlager.» Mit solchen Veranstaltungen erreiche der Verein jeweils auch Leute, die sonst nicht unbedingt ins alte Rathaus kommen.

Blick auf die Bühne im Dachstock und in den Bürgersaal im Erdgeschoss.

Blick auf die Bühne im Dachstock (links) und in den Bürgersaal im Erdgeschoss.

(Bild: bic)

Willisauer in der Überzahl

«Die grosse Mehrheit der Besucher stammt aus Willisau und einem Umkreis von gut 20 Kilometern», sagt Kathol. Die Stadt sei halt ziemlich weit entfernt und das kulturelle Angebot inzwischen auch auf dem Land relativ gross, erläutert Bättig. Leute die von weiter weg kommen, seien meist Angehörige der Künstler.

«Was in Willisau aber immer gut ankommt, ist Jazz.»Das zeige sich auch bei entsprechenden Konzerten auf der Rathausbühne, sagt Schmid. Dass die Willisauer den Jazz mögen, ist woh kein Zufall, hat das jährliche Jazz-Festival doch eine internationale Ausstrahlung.

Durchschnittlich würden die rund zehn Veranstaltungen pro Jahr von 50 bis 60 Leuten besucht. «Es kommt aber regelmässig vor, dass wir ausverkauft sind», freut sich Kathol.

Einzigartig aber nicht einmalig

Willisau bietet neben der Rathausbühne zahlreiche andere kulturelle Angebote. So gibt es mehrere Theaterensembles oder Blasmusikvereine. «Dies ist super für die Bevölkerung, stellt aber für uns aber eine gewisse Konkurrenz dar», sagt Sandra Bättig. Einige andere Kulturlokale wie der «Mohrensaal» seien in den letzten Jahren jedoch verschwunden.

Einen grossen Unterschied zur Kultur in der Stadt wollen die drei Frauen nicht festgestellt haben. «Das was den Leuten gefällt ist auf dem Land und in der Stadt genau das Gleiche», meint Kathol zu erkennen. «Ich glaube nicht, dass die Städer hinsichtlich der Kultur anders ticken als wir.»

Das ehemalige Rathaus im Städtli Willisau.

Das ehemalige Rathaus im Städtli Willisau.

(Bild: bic)

Dringend gesucht: Eine neue Website

Die drei Co-Präsidentinnen machen einen sehr zufriedenen Eindruck. Seit einem Jahr teilen sie sich das Ehrenamt. Doch einen Wunsch haben sie. «Wir brauchen dringend eine neue Homepage», sagt Franziska Schmid. Hier sei man im Vergleich zu anderen Kulturangeboten ziemlich im Hintertreffen. Insbesondere die Online-Reservation sei momentan sehr dürftig. 

«Im Grossen und Ganzen ist es aber unser Traum, genauso weiter machen zu können wie bisher», so Schmid. Das durchaus positive Feedback aus der Bevölkerung und die Freude, welche man den Besuchern und auch sich selber machen könne, motiviere das ganze Team jeden Tag aufs Neue.

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