19-Jähriger gewinnt mit «TonTonshit» Preis

«Kick Ass Award 2017»: Wie sich die Luzerner Szene feierte

Star des Abends: Rapper «The Youngest» wird für den besten Song 2017 ausgezeichnet.

(Bild: ida)

Man hat gelacht, getrunken und gefeiert. Die Bühne wurde von maskierten Aktivisten gestürmt, aber auch von Künstlern gerockt: Der diesjährige «Kick Ass Award» in der Schüür war dynamischer denn je, auch wenn nicht ganz alle Preisträger erscheinen wollten.

«Dieser Abend wird voll mit Tränen sein. Tränen derjenigen, die nicht gewinnen werden. Aber auch Tränen der grossen Freude der Gewinner», so läutet David Roth, SP-Präsident, der durch den Abend des «Kick Ass Awards» führt, die diesjährige Preisverleihung ein. Seinen Anzug trägt er mit Würde: mit Banknoten gemustert – passend zur Finanzdebatte vom Kantonsrat.

«Aber Andy – wo bist du nur geblieben?», ruft Roth quer durch die vollbesetzte Konzerthalle «Schüür» am Mittwochabend. Sichtlich bedrückt von der Tatsache, dass sich sein letztjähriger Mit-Moderator nicht auf die Bühne traut.

«Ich kann nicht kommen. Ich habe zu Gott gefunden», schallt es aus den Lautsprechern. Ein Video wird eingeblendet: Andreas Gantner erscheint im Bild. Auf der Bank in einer Kirche sitzend spricht er – offenbar mit Gott: «Ich spüre eine Leere in mir. Dieser Abend, erfüllt mit diesen oberflächlichen Musikern und all den schlechten Witzen. Der permanente Gedanke, ob man auf der Bühne gut aussieht.» Gantner entschuldigt sich für seine Abwesenheit und zündet eine Kerze für Roth an. Roth zieht derweilen ein Taschentuch aus dem Sakko und wischt sich die erste Träne aus dem Gesicht.

«Darf ich dir eine Fluppe anbieten, oder lieber gleich einen guten Schluck Alkohol?»

David Roth, SP-Kantonsrat und Moderator des Kick Ass Awards

Per zugeteilte Lose an die zahlenden Gästen wird – rein nach dem Zufallsprinzip natürlich – der neue Co-Moderator gekürt: kein Geringerer als 3fach-Programmleiter «Sämi», Samuel Konrad. Kurzerhand schlüpft er auf der Bühne in den massgeschneiderten Anzug, mit Jasskarten gemustert. «Oh diese starken Oberschenkel!», ermutigt Roth Konrad. Falten auf dem Anzug werden glattgestrichen und bereit sind die beiden Moderatoren, die mit viel Humor, Charme und einer Leichtigkeit durch den Abend führen.

«Darf ich dir denn nun endlich eine Fluppe anbieten, oder lieber gleich einen guten Schluck Alkohol?», fragt Roth Konrad, reicht eine Zigarette und begibt sich zum Bartisch, der mitten auf der Bühne steht. Den An-die-Bar-gehen-und-einschenken-Part übernimmt Konrad im Verlaufe der Show danach selbst und meistert sich bravourös als Barkeeper.

Es wird herzhaft gelacht und applaudiert. Eine Frischheit und pure Lockerheit wird an den Tag gelegt. Man trinkt, man raucht und in den Bänken dreht man den einen oder anderen Joint. Auch das Staraufgebot lässt sich sehen: Preise werden von FCL-Spieler Marvin Schulz, Social-Media-Star und «Swissmeme»-Gründer Zeki Bulgurcu, Komiker und Moderator Stefan Büsser, Performance-Künstlerin Milky Diamond sowie der Luzerner Stadträtin Manuela Jost überreicht.

Die «Schüür» brodelt – voll mit Künstlern, deren grosse geteilte Leidenschaft die Musik ist. «Ein Highlight jagt das andere», sagt Roth und er hält Wort.

«The Youngest» – hat alle «verruumt»

Star des Abends ist der Newcomer-Rapper Glody Yaimondo aka «The Youngest». Der 19-Jährige gewinnt den 16. Kick Ass Award und sahnt mit seinem Hit «TonTonshit» das Preisgeld in Höhe von 3’000 Franken ab sowie den Wanderpokal «Knut». Überwältigt betritt er die Bühne unter tosendem Applaus. Er scheint ein Mann der wenigen Worte zu sein, nimmt seinen Preis entgegen, entscheidet sich dann doch fürs Mikrofon und bringt die Zuschauer zum Toben. Er scheint genau zu wissen, was er will – und dies widerspiegelt sich auch in seinen Songtexten.

«Probiere alli z verruume, irgendwenn bin ich obe, irgendwenn sind ehr dunde oder verschwunde […] und das sind ke Gerüchte […] bin en junge Nigga […] bin am ruume Nigga – bisch am fühle Nigga?», so ein Auszug aus dem Song «TonTonshit» von «The Youngest».

Mit runden Platten werden Schulden abgestottert

Die Musikgruppe «a=f/m» ergattert sich mit ihrem Album «Download» den Preis für das beste Album 2017. «Weshalb läuft es denn mit eurer Platte so rund?», fragt Roth die Gewinner.

«Mit dem Preisgeld werden wir unsere Schulden abbezahlen.»

Rolf Laureijs, Musikgruppe «a=f/m»

«Du bruuchsch halt Musig», meinen die Gewinner Rolf Laureijs und Belia Winnewisser bescheiden. Den Siegern winkt ein Preisgeld im Wert von 1’000 Franken. Was man mit dem Geld mache, fragt Roth. «Schulden abbezaheln», kontert Rolf Laureijs.

a=f/m – man spricht es «alpha» aus – gewannen mit ihrem Album «Download» den Preis für das beste Album 2017.

a=f/m – man spricht es «alpha» aus – gewannen mit ihrem Album «Download» den Preis für das beste Album 2017.

(Bild: ida)

Reto Wyss – der Gewinner, der sich nicht auf die Bühne wagt

Auch dieses Jahr verleiht man wieder den berühmt-berüchtigten «Toro Embolado»-Preis, mit dem eine besondere Fehlleistung ausgezeichnet wird.

«Ich brauche etwas Starkes zum Trinken!»

Manuela Jost, GLP-Stadträtin

Der Preis wird durch Manuela Jost, GLP-Stadträtin, vergeben. Roth fragt Jost höflich, ob er ihr einen Drink offerieren darf. «Öpis starchs!», meint diese nur. Einen starken Schluck Alkohol hat sie auch bitter nötig – wird sie doch von Aktivisten der Besetzer-Kollektiv-Szene «Rosa Lavache», die die Bühne kurz darauf maskiert betreten, auf die Schippe genommen.

Einige Aktivisten von «Rosa Lavache», die die Bühne maskiert betraten und Manuela Jost, GLP-Stadträtin, mit Geschenken überhäuften.

Einige Aktivisten von «Rosa Lavache», die die Bühne maskiert betraten und Manuela Jost, GLP-Stadträtin, mit Geschenken überhäuften.

(Bild: ida)

Baudirektorin Jost muss von den Aktivisten den einen oder anderen Seitenhieb einstecken und erhält Tadel für leer stehende Häuser. Jost darf Geschenke en masse entgegennehmen: Ein Bodum-Kaffeezubereiter, ein (wohl schimmelnder) Käse, ein Hammer, zwei Walkie-Talkie Geräte, mit der die Kommunikation besser funktionieren sollte, sowie ein Koffer sind nur einige der überreichten Souvenirs.

«Knut – der Wanderpokal – hat, glaube ich, eine Nikotin-, wenn nicht sogar eine Cannabis-Sucht.»

TBRW, Gewinner des letztjährigen Kick Ass Awards

Und wer darf sich glücklicher Gewinner des Toro-Embolado-Preises nennen? «Keine Angst, Manuela Jost können wir ausschliessen», meint Roth mit einem Augenzwinkern. «Es hat tatsächlich auch noch Schlimmeres gegeben.» Wen es traf? Niemand Geringeren als Regierungsrat Reto Wyss.

Den Negativ-Preis erhält Bildungs- und Kulturdirektor Wyss für seine Aussage «Der Lohn eines Künstlers ist der Applaus», die er im Kontext der kantonalen Sparmassnahmen bei der saisonalen Eröffnung des Luzerner Theaters von sich gab. Wyss nimmt den Preis nicht persönlich entgegen. «Er konnte leider nicht kommen – keine Ahnung, wieso», sagt Roth mit einem Schulterzucken.

Erstmaliger ausserkantonaler Award

«Dieses Jahr möchten wir über den Tellerrand schauen», erklären Roth und Konrad. Im Kontext des «Playlist Hero Awards» wird erstmals eine ausserkantonale Musikgruppe gepriesen. Der Preis geht ins Aargau: Musiker Mario Hänni alias Rio gewinnt mit seinem Song «Magnus».

Den Preis bekommt er von Milky Diamond, einer Performance-Künstlerin aus Zürich, überreicht. Milky Diamonds Auftritt ist kurz, aber mit ihrer Präsenz fällt sie auf. Sie sei eine Türsteherin, eine Türselekteurin, eine «Door-Bitch» im zürcherischen Nachtklub Klaus. «Ich betrinke mich und bekomme dafür Geld – being fabulous und so», meint sie. Nach einer provokativen Frage seitens Roth, ob ihre Lippen echt seien, verlässt sie mit einer Fluppe in den Fingern die Bühne mit einem verführerisch klingenden «Thank you Honey».

Rätselraten zwischen Marvin Schulz und Rapper Marash

Im Verlaufe des Abends werden verschiedenste Wettkämpfe arrangiert. So auch beim «Deutsch-Rap-Raten» wo sich FCL-Spieler Marvin Schulz gegen den Luzerner Rapper Marash brüstet. Schulz’ Wetteinsatz: «Etwas ganz Besonderes – ein Trikot von mir.» Und Marash: «Du darfst mal bei einem Live-Auftritt von Marash und Dave vorbeikommen.» 

Kick Ass Award Deutschrap Quiz from zentralplus on Vimeo.

«Ich weiss nicht, ob das wirklich auch ein Preis ist», sagt Roth lachend. Im Finale des Rap-Rätselraten gibt es ein Unentschieden: «Zweieinhalb zu zweieinhalb», so Roth. Was besonders für Schulz kein Problem sein dürfte: «Der FCL kennt die Siegerpose ja nicht wirklich», so Roth.

Knut – der Wanderpokal mit Cannabis-Sucht

Auch die letztjährigen Sieger dürfen zu Beginn der Show nochmals Bühnenluft schnuppern. «Wissen wir es noch?», stellt Roth die Frage in den Raum, «wer letztes Jahr gewonnen hat?» Das Publikum applaudiert und Little Miss Sunshine, aka Feliciano Ponce und TBRW – die letztes Jahr mit ihrem Song «Chollo» den Kick Ass Award für den besten Song gewonnen haben – betreten die Bühne.

Die beiden Moderatoren David Roth (ganz links) und Samuel Konrad (ganz rechts) mit den beiden Siegern des letztjährigen Kick Ass Awards: «Little Miss Sunshine» aka Feliciano Ponce (2. v.l.) und TBRW (2. v.r.)

Die beiden Moderatoren David Roth (ganz links) und Samuel Konrad (ganz rechts) mit den beiden Siegern des letztjährigen Kick Ass Awards: «Little Miss Sunshine» aka Feliciano Ponce (2. v.l.) und TBRW (2. v.r.)

(Bild: ida)

Auf dem Arm Knut, der Wanderpokal. Die Bardame betritt die Bühne, der erste Shot wird getrunken, die erste Zigarette angezündet. «Knut ist vegan», so Little Miss Sunshine. «Die neuen Besitzer sollen ein bisschen auf ihn schauen.» – «Ja genau», stimmt TBRW seinem Kumpanen zu. «Und er hat, glaube ich, nun eine Nikotin-, wenn nicht sogar eine Cannabis-Sucht. Jede Woche braucht er seinen Joint.»

Bleibt nur zu hoffen, dass «The Youngest», der sich nun stolzer Besitzer Knuts nennen darf, sich seiner Pflichten bewusst ist.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von MichaAmstad
    MichaAmstad, 16.01.2018, 18:10 Uhr

    Anmerkung zum Zitat von The Youngest:
    Das Wort «Neger» ist eine rassistische Bezeichnung gegenüber schwarzen Menschen. Anders das Wort «Nigga»: Dies ist eine umgangssprachliche Bezeichnung, genutzt von Teilen der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA, welche so viel wie «Bruder» oder «Freund» bedeutet.
    The Youngest verwendet in seinen Texten das Wort «Nigga».

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    • Profilfoto von isabelle.dahinden
      isabelle.dahinden, 18.01.2018, 19:33 Uhr

      Vielen Dank für den Hinweis und die Erklärung – wurde angepasst.

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