Schweizer Jodel trifft auf afrikanische Rhythmen

Für einmal herrscht Jodelfeststimmung im KKL

Nadja Räss gibt dem Publikum Zeichen, damit es auch mitsingen kann. 

(Bild: dhe)

Was haben Schweizer Jodel und beninische Volksmusik gemeinsam? Diese beiden Gesangstraditionen standen am Sonntag im Zentrum des Konzerts der Naturstimmen im KKL. Wenn das Talerschwingen aufs Bongospiel trifft, kommen sogar die sonst so stocksteifen Jodlerinnen und Jodler ins Tanzfieber.

Das Publikum sitzt gebannt auf den Plätzen und blickt auf die noch dunkle Bühne. Es ist mucksmäuschenstill. Plötzlich erklingt von ganz hinten, aus der obersten Ecke des Saals, die glasklare Stimme des Jodlers Christian Metzler. Wie auf einem Berg stehend singt er, zwar mit viel Gefühl, aber nicht ganz fehlerfrei, einen Toggenburger Naturjodel, hinaus in die weiten Täler des Luzerner Saals.

Die musikalische Antwort kommt postwendend aus Westafrika. Mit rhythmischen und lebensfrohen Gesängen begrüsst das beninische Trio Hanvivi das Publikum. Darauf folgen Glockengebimmel und Juchzer – als etwas verspäteter Alpabzug im November treten die Jodlerinnen und Jodler des Jugendchors «jutz.ch» auf die Bühne. Nach dieser stimmungsvollen Eröffnung begrüsst Nadja Räss, Jodlerin der Nation und Moderatorin des Abends, das Publikum zur kleineren Version des «Klangfestival Naturstimmen», das im Mai 2018 im Toggenburg stattfinden wird.

Gebet und Skischuhe im Jodel-Workshop

Dass es zum Jodeln eine Mischung aus Skifahren, Höhenangst und Beten braucht, konnte man im vorangehenden Jodel-Workshop bei Nadja Räss und Christian Metzler lernen. Wichtig sei eine Bodenhaftung, als ob man Skischuhe trage, ein schwindeliges Aufjohlen, als ob man über einem Abgrund stehe und eine innere Besinnung, wie beim Gebet. Auch sie habe in ihren Jodelanfängen viel gebetet, so Räss, sei sie doch in Einsiedeln aufgewachsen.

Nadja Räss führt moderierend und singend durch den Abend.

Nadja Räss führt moderierend und singend durch den Abend.

(Bild: dhe)

Mit Humor und Charme packen die beiden Jodelprofis die mutigen Luzerner Jodel-Anfänger und führen sie in die Kunst des Wechselspiels zwischen Kopf- und Bruststimme ein. Nach 45 Minuten sind die Stimmen arrangiert und gemeinsam wird auf der Luzerner Bühne ein einfaches Toggenburger Jodellied gesungen. Bald darauf gilt es aber, die Bühne zu räumen und den Profis Platz zu machen.

Mit einem Crescendo über die Rigi

Und die Profis zeigen, was sie draufhaben. Gleich nach der Begrüssung nimmt der Jugendchor «jutz.ch» unter der musikalischen Leitung von Marco Beltrani das Publikum auf eine Reise durch die Schweizer Jodellandschaft; vom Entlebuch über die Rigi bis ins tiefe Appenzellerland. Mit dem Entlebucher Schäferjodel eröffnen sie den Abend mit einem Wechselspiel von besinnlichen und lüpfigen Klängen. Darauf folgt mit dem Rigichänzeli eine Wanderung über die Rigi und ein hervorragendes Crescendo.

Die Jodler beim Talerschwingen.

Die Jodler beim Talerschwingen.

(Bild: dhe)

Das Rugguseli wird dann wieder ruhig und bedächtig gesungen. Der Chor vereint die unterschiedlichen Schweizer Jodeltraditionen aber nicht nur im Gesang, sondern auch in der Bekleidung. Die jungen Jodlerinnen tragen alle unterschiedliche Trachten, von Einheitsbrei keine Rede.

Farbig und fröhlich präsentiert sich auch das Trio Hanvivi aus Benin. Während die Jodlerinnen und Jodler stocksteif mit den Händen in den Hosentaschen auf der Bühne stehen, bewegen sich die Beninerinnen und Beniner mit kraftvoller Leichtigkeit in rhythmischen Tänzen. Schade, dass sie nur zu dritt sind.

Zum Einschlafen

Mit den Rassel-Bändern an den Beinen geben sie tanzend den Rhythmus der Gesänge vor. Doch das Trio Hanvivi, unter der Leitung von Félix Nassi, überzeugt auch mit sanften Klängen. Mit schaukelnden Armbewegungen, als ob sie ein Baby in den Armen wiegen würden, singen die drei harmonisch ein beninisches Gute-Nacht-Lied. «Are you sleeping?», fragt Nassi am Ende des Lieds und bringt das Publikum zum Lachen.

Mit viel Rhythmusgefühl singt das Trio Hanvivi sie beninische Volkslieder.

Mit viel Rhythmusgefühl singt das Trio Hanvivi sie beninische Volkslieder.

(Bild: dhe)

Für Gänsehautstimmung sorgt das folgende, westafrikanische Stück. Nachdem das Trio das Lied auf der Bühne angestimmt hat, steigt plötzlich der Jugendchor, in der vordersten Zuschauerreihe sitzend, mit ein und steigt auf die Bühne.

Das beninische Trio schafft es mit seinen rhythmischen Klängen sogar, die sonst so steifen Jodlerinnen und Jodler zum Tanzen zu bringen. Auch im Publikum kann man sich kaum noch auf den Sitzen halten. Gemeinsam singen sie zum Abschluss noch den bekannten Toggenburger Wildhuser Jodel. Sogar das Publikum jodelt mit und zeigt stolz die im Workshop gelernten Jodelklänge. Als man am Schluss des Konzerts den Saal verlässt, wartet noch eine kleine Überraschung draussen im Foyer. Dort hat sich der Chor zu einer kleinen Formation zusammengeschlossen und jodelt fröhlich weiter.

Gemeinsam wird getanzt, gesungen und gejodelt.

Gemeinsam wird getanzt, gesungen und gejodelt.

(Bild: dhe)

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