Die «Gute Nacht Show» in der Zuger Galvanik

Nichts zum Einschlafen: SVP-Hardliner Glarner auf Michael Elseners Kuschelbühne

Andreas Glarner auf der Bettkante von Elsener: Der Zuger Musiker Dino Sabanovic brachte ihm ein Geburtstagsständchen.

(Bild: lob)

Vor ausverkauftem Haus stand in der Galvanik zum zweiten Mal Michael Elsener für die diesjährige Staffel der «Gute Nacht Show» auf der Bühne. Die Gäste hatten viel Potenzial. Mit Jonny Fischer vom Cabaret-Duo Divertimento waren Lacher, mit dem zweiten Gast Andreas Glarner heisse Diskussionen zu erwarten.

Ein Moderatorenpult und das Bett als Sofaersatz: Das Setting war tatsächlich ganz Late Night Show. Im Pyjama aufgekreuzt ist schon mal niemand – obwohl das laut Flyer gerne gesehen worden und sogar mit Gratiseinlass belohnt worden wäre: «Meint ihr, irgendwer wäre jemals so hierher gekommen? Denkste», bemerkte der Moderator des Abends.

Michael Elsener brachte das Publikum mit einer kurzen Zuschauerplauderei etwas auf Touren. Unter vorher einstudiertem, tosendem Applaus kam der Moderator gespielt geschmeichelt dann nochmals auf die Bühne und kündigte den ersten Gast Jonny Fischer an.

Moderator und Gast harmonierten gut

Noch nie standen beide Comedians zusammen in Zug auf der Bühne; die Chemie zwischen den beiden stimmte trotzdem von Beginn weg. Der erste Teil war ein Gespräch, das einerseits tief ins Comedian-Leben von Fischer blicken liess, welches aber auch immer wieder von witzigen Pointen und bösen Bemerkungen untermalt wurde – ganz im Stil des amerikanischen Show-Pendants.

Elsener las Fischer ein altes Divertimento-Interview vor: Mit «Pantomime mit Text» und dem Anspruch, das «Kleintheater zu revolutionieren», stellten sich die beiden damals vor. «Und heute macht ihr alles nur für den Stutz!» Lachend stimmte Fischer ein: «Irgendwie mussten wir die Architekten und Theaterexperten ja in die kleinen Lokale bekommen, in denen wir anfangs spielten.» Und zu seinen Anfangszeiten als Comedian und Lehrer: «Wenn ich in der Schule einen Satz sagte, hiess es: ‹Fischer, sei ruhig, was willst du wieder.› Am Abend auf der Bühne lachten sich die gleichen Leute dann krumm.»

Michael Elsener (links) und Jonny Fischer performen den «Fackelzug»-Sketch von Walter Roderer.

Michael Elsener (links) und Jonny Fischer performen den «Fackelzug»-Sketch von Walter Roderer.

(Bild: lob)

Es folgten zwei Spielherausforderungen, wobei sich Fischer unter anderem mit einer Zuschauerin in Geografie messen musste. Hier hätte es ein Spiel wohl auch getan, denn obwohl die meisten Zuschauer das Duell relativ amüsiert verfolgten, war der Dame anzumerken, dass sie sich auf der Bühne nicht wirklich wohlgefühlt hat. Die Interaktion mit dem Publikum war im Grunde nicht schlecht, das Mitmachprogramm hätte aber auch gut durch etwas mehr bitterböse Gesellschafts-Gags ersetzt werden können, wie man es von diesem Format gewohnt ist.

Gelungene Sketchimprovisation

Es war abzulesen, was im Publikum am besten ankam. Im wahrsten Sinne – denn dank dem installierten Dezibel-Messgerät konnten auch die Zuschauerlacher monitoriert werden. Dieses schlug am meisten an, als Elsener und Fischer einen alten Sketch von Walter Roderer improvisierten und damit für so manchen Lacher sorgten. «Fünf Seiten Text und so oft die gleiche Pointe – früher war alles einfacher», lachte Fischer.

Hier zeigten sich auch die wohl grössten Talente der beiden: Elseners imitierte den Komiker extrem gelungen, während Fischer mit geschickten Improvisationen versuchte, seinen Bühnenpartner aus dem Konzept zu bringen.

Etwas holpriger Start

Einen Gast wie Andreas Glarner in die Show zu holen, war mutig – kaum ein Politiker polarisierte in letzter Zeit so stark. Der Einstieg gestaltete sich denn auch etwas harzig; abtasten und erste Seitenhiebe in beide Richtungen. Es ging natürlich auch um Oberwil-Lieli – die Aargauer Gemeinde, die sich mit der verbissenen Resistenz gegen die Aufnahme von Flüchtlingen einen Namen gemacht hatte. Mit «man sagt auch, über Oberwil-Lieli lacht die Sonne, über Zürich die ganze Welt», versuchte der SVP-Mann einen Treffer zu landen. «Viele würden jetzt sagen, der Spruch geht umgekehrt», konterte Elsener. Das Publikum quittierte mit lautem Applaus.

Andreas Glarner verriet Elsener auch sein Lieblinsgericht: «Chalbsbäggli.»

Andreas Glarner verriet Elsener auch sein Lieblingsgericht: «Chalbsbäggli.»

(Bild: lob)

Es folgte eine kurze Politikdiskussion. Als diese Fahrt aufnahm, drohte die Stimmung etwas zu kippen. Mit einer Bemerkung an der richtigen Stelle gelang es Michael Elsener aber, das Ruder wieder herumzureissen. Auch auf den Politiker wartete ein Spiel: Er musste Zitate aus der Politlandschaft erraten.

Glarner nicht nur abgewatscht, sondern beklatscht

«Die SVP ist drauf und dran, sich als historische Episode in die politische Zeitgeschichte zu verabschieden. Wir wagen die Behauptung: Die SVP wird uns als die dominierende Kraft der Schweizer Politik nicht mehr beschäftigen müssen», war eines davon. Sofort polterte Glarner: «Einer der Sozialisten natürlich.» Levrat oder Wermuth waren seine Kandidaten. Dass das Zitat aus der Feder von Roger Köppel vor seiner Zeit in der SVP stammt, erstaunte Glarner sehr zur Freude der Zuschauer dann doch ziemlich.

Das Eis war gebrochen: Es gelang dem Moderator schliesslich, das Gespräch so zu lenken, dass auch Glarner mit einigen gut platzierten trockenen Bemerkungen und einem Seitenhieb an Magdalena Martullo-Blocher beim Publikum punkten konnte. Trotzdem war es dem SVP-Mann merklich anzusehen, dass er froh darüber war, wieder von der Bühne heruntertreten zu können.

Wirklich eine Zuger Show

Gekuschelt wurde am Ende auch noch: Michael Elsener liess Jonny Fischer unter der Bettdecke nochmals aus dem Nähkästchen plaudern. «Jetzt bist du auch mit einem anderen Michi unter der Decke», witzelte Elsener in Anlehnung an Fischers Ehemann. Wo denn die Unterschiede wären? Tatsächlich plaudere und lache Ehemann Michael auch im Schlaf, weshalb die Situation ähnlich sei, lachte Fischer. «Wow Jonny, du kannst sogar im Schlaf witzig sein? Ein echter Profi!», erwiderte Elsener. Kollektives Schmunzeln.

Die beiden Zuger Comedians schlüpften gemeinsam unter die Bettdecke.

Die beiden Zuger Comedians schlüpften gemeinsam unter die Bettdecke.

(Bild: lob)

Eine Late Night Show für Zug: Die Galvanik als Location hat gut zum Anlass gepasst – viel besser, als es ein hell beleuchtetes Studio im amerikanischen Stil wäre. In dieser zweiten Show war auch richtig viel Zug vertreten – Musiker Dino Sabanovic brachte Glarner noch ein Geburtstagsständchen – und das hat Spass gemacht. Die Bühnenpräsenz von Fischer war wie erwähnt vergleichsweise etwas lang. Allerdings auch, weil der dritte Gast krankheitsbedingt ausgefallen ist.

Natürlich hatte Elsener Sabanovic nicht ohne Grund ausgewählt: «Der ist mit dem Nachnamen doch offensichtlich nicht von hier. Wie finden Sie das?», versuchte er Glarner zu provozieren. Dieser nannte den jungen Mann am Ende ein «gelungenes Integrationsbeispiel». «Wobei, ich arbeite für einen subventionierten Kulturbetrieb. Eigentlich liege ich der Allgemeinheit ja schon auf der Tasche», warf Sabanovic in die Runde. Lacher beim Publikum – verhaltenes Schmunzeln bei Glarner.

Alles in allem ist die «Gute Nacht Show» ein gelungenes, trotz der fast zweistündigen Dauer sehr kurzweiliges Programm, das nicht einfach ein Ami-Abklatsch war. In einem Punkt dürfte sie sich allerdings noch annähern: Eine Spur mehr boshafte Alltagsparodie wäre zu wünschen.

2017 steht noch eine «Gute Nacht Show» auf dem Programm: Am 20. Dezember werden Stefan Schleiss, Roger De Weck und Anna Känzig auf der Bettkante in der Galvanik Platz nehmen.

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