Vincenz Suter bricht mit klassischen Rap-Klischees

Hip-Hop mit einem Lächeln: «Visu» mischt Luzerner Szene auf

Vincenz «Visu» Suter beim Kaffee: «Ich habe mich als Künstler noch nie so frei gefühlt.»

(Bild: pze)

Beromünster ist nicht gerade die Ortschaft, die man mit Hip-Hop in Verbindung bringen würde. Dennoch: Der Szene-Liebling Vincenz «Visu» Suter kommt vom Land und mischt die städtische Rap-Szene auf. Auf seinem neuen Mixtape gibt’s viele positive Vibes – und persönliche Geschichten.

Mit Hip-Hop verbindet man normalerweise Urbanität, Härte, Männlichkeit. Der junge Luzerner Vincenz «Visu» Suter bricht mit diesen Vorurteilen. Ein Lächeln blitzt auf seinen Lippen auf, als wir ihn zum Interview treffen – die Jeans sind auch im Spätherbst noch hochgekrempelt, der junge Künstler hat eine ansteckend positive Aura.

Ursprünglich aus Beromünster, ist «Visu» für Rapverhältnisse eigentlich ein Exot – wie kommt man im Kaff zum Hip-Hop? «Mein Bruder hat mich vor rund 12 Jahren in die Rap-Welt eingeführt», erklärt Suter, «seither entwickle ich mich als Künstler immer weiter.»

«Bero», wie Suter es nennt, sei schon klein, bald habe man die Möglichkeiten ausgeschöpft. Dank der Ausbildung in Sursee erschlossen sich mehr Kontakte, ein grösseres Umfeld – und seit ein paar Jahren erobert Visu sukzessive die Luzerner Rap-Szene. Nun folgt der nächste Schritt des 22-Jährigen: Am Freitag erscheint sein neues Mixtape.

Knackeboul gab die Richtung vor

Suters neues Werk heisst «Antiheld II» – es passt zum Musiker aus Beromünster. Auf dem Land aufgewachsen, mit einem Drang zur Musik, den sein Umfeld zunächst nicht teilte, hat sich Suter schon früh mit Hip-Hop und eigenen Texten auseinandergesetzt. Zunächst belächelt, mauserte sich der Luzerner langsam zu einem der Lieblinge der Szene. Letzten Januar wurde sein Lied «E richtige Maa» – die ironische Abhandlung eines testosteron-aufgeladenen Männerbildes – beim Kick-Ass-Award zum zweitbesten Song Luzerns gekürt.

«Visu» ist seit über zehn Jahren dem Rap zugetan.

«Visu» ist seit über zehn Jahren dem Rap zugetan.

(Bild: zvg)

Der Song steht auch sinnbildlich für die Entwicklung, die der Musiker in den letzten Jahren durchlief. «Zuerst waren meine Vorbilder Sido und 50 Cent», erinnert er sich. Er übernahm deren Themen in den Texten. «Ich dachte damals, dass ich über die gleichen Dinge rappen muss wie meine Vorbilder, dass das Machohafte zum Hip-Hop gehört.» Doch das sei bei seinen Mitschülern nicht besonders gut angekommen. Suter sagt: «Wenn man als Typ ohne Stimmbruch auf dicke Hose macht, wird man logischerweise nicht ernst genommen.» 

«Musikalisch habe ich eine neue, persönlichere Seite an mir entdeckt.»

Visu

Seine Einstellung zu Hip-Hop und Texten änderte mit einem Workshop in der Schule grundlegend. Rapper Knackeboul, mit bürgerlichem Namen David Lukas Kohler, zeigte den Jugendlichen, wie Raptexte entstehen. «Er lehrte mich, dass ich auch über Persönliches rappen kann.» So begann Suter, seine eigenen Gedanken und Ideen zu vertexten.

Verarbeitung der Jugend

Mit dem Mixtape blickt Suter zurück. «Ich wollte die Zeit meiner Entwicklung als Künstler für mich abschliessen», sagt er. «Musikalisch habe ich eine neue, persönlichere Seite an mir entdeckt.» Sein Ziel sei immer gewesen, ein glückliches Leben zu führen – dennoch gebe es Themen, die ihn immer wieder beschäftigten. «Auf dem Album findet sich wohl jeder in einem Track irgendwie wieder», sagt der Luzerner.

Doch auch Songs, in denen es weniger um Inhalt geht, sondern deren Zweck primär die Unterhaltung ist, finden sich auf dem Mixtape. Denn auch in der Rolle fühlt sich Suter wohl, der als Moderator bei «Radio 3fach» eine eigene Satire-Sendung hat. «Es geht einfach darum, Spass zu haben», so Suter. Der positive Grundton bleibt dem Mixtape erhalten.

Album als Ziel

Die Beats seiner Lieder produziert Suter nicht selber. Neun der siebzehn Tracks liess sich der Rapper in den USA basteln. «Man kann sich dort für wenig Geld geschützte Beats bestellen», erklärt er. 

Für die restlichen Songs auf dem Mixtape besitzt der Luzerner keine Rechte. Es sind, nach alter Hip-Hop-Tradition, Samples seiner Lieblingstracks. Das heisst, Suter nimmt die Beats von anderen Künstlern und rappt neue Zeilen darüber. 

«Visu» sagt, was es auf seinem neuen Mixtape zu hören gibt:

Es sei bewusst noch kein Album geworden. «Es soll eine Standortbestimmung sein. Ich bin glücklich, haben wir dieses Jahr etwas veröffentlicht.» Der Plan sei, im nächsten Jahr mit eigenen Beats ein Album schreiben. «Das kommt hoffentlich 2019, aber so weit haben wir noch nicht geplant.»

Zu Suters musikalischer Entourage gehören zwei gute Freunde: Pascal Ineichen und Nathanael Chiappini. Letzerer regelt gleichzeitig das ganze Drumherum. «Wir sind bewusst nicht auf einem Musiklabel, wir möchten alles in unseren eigenen Händen behalten», erklärt Suter. Umgeben von seinen Freunden, habe er ohne Druck arbeiten können. «Ich habe mich noch nie so frei gefühlt beim Schreiben», sagt «Visu».

Sängerin aus Sursee ist immer dabei

Das Mixtape erscheint am Freitag – Konzert gibt’s keins dazu. «Ich werde im engen Kreis die Platte feiern», sagt Suter. Die Release-Show steigt dann am 30. Dezember in der Schüür. Dort werden neben «Visu» mehrere Kollegen aus der Rap-Szene auftreten. Immer mit dabei ist Melissa Guglielmo aus Sursee. Sie singt die Refrains in «Visus» Songs und ist eine langjährige Begleiterin.

 

Und wie sieht’s mit der Street Credibility aus, wenn man als Rapper vom Land kommt? «Ich habe immer gemacht, was ich für richtig hielt, von dem her halte ich mich schon für real», sagt er mit einem Lächeln. Als von der «Street» sieht sich Visu aber nicht.

Zukunft noch offen

Inzwischen ist Suter in der Stadt angekommen. Er studiert an der Pädagogischen Hochschule und hat in den letzten Jahren wichtige Kontakte knüpfen können. So wird er auf seinem Mixtape beispielsweise von Dave Largier von «Marash & Dave» unterstützt. Gemeinsam waren sie in Island, um einen Videoclip zu drehen, der gemeinsam mit dem Mixtape veröffentlicht wird.

 

Im Sommer will er die Hochschule abschliessen, arbeiten als Lehrer will er aber zunächst nicht. «Ich möchte noch nicht voll in einen Beruf einsteigen und mir gewisse Freiheiten behalten.» Dennoch, zuerst ruft die Pflicht: Der 22-Jährige hat noch Diensttage abzuarbeiten.

In Zukunft möchte Suter seine Moderatoren-Kenntnisse vertiefen. Radio wahrscheinlich, aber auch vor der Kamera stehen könnte er sich vorstellen. Auch eine Saison als Snowboardlehrer in den Bergen zu verbringen könne er sich vorstellen. Und von der Musik leben? «Das wäre der Traum, aber ich bleibe realistisch. Ich mache einen Schritt nach dem anderen und schaue, wo das hinführt.» 

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