Die Zugerin Katherine Anne Lee über ihre Werke

Die Welt aus der Sicht von sechs Pfefferschoten: Wie kommt man darauf?

Schnappschuss am Zugersee – einem der Lieblingsorte der Autorin.

(Bild: lob)

Sie schrieb schon die Lebensgeschichte ihrer Grossmutter und darüber, wie Pfefferschoten so ticken: Katherine Anne Lee. In den Startlöchern der Zugerin steht nun ein Werk auf Deutsch, über Glück, Stille und die Beschäftigung mit sich selbst.

«Staub & Sternenstaub – meine Lebensgeschichte» lautet der Titel von Lees erstem Buch. Darin brachte sie die Geschichte ihrer englischen Grossmutter Mollie zu Papier – und landete in Englang einen Beststeller. Es folgte der Sprung zu einem sehr fantasievollen Genre: Die Welt aus der Sicht von sechs Pfefferschoten, die unbedingt als Tapas-Gericht auf dem Teller landen möchten. Was witzig klingt und sich teilweise auch so liest, beschreibt die Autorin aber auch als «Seelenreise» und als Erzählung, die nach dem Sinn des Lebens fragt. Das Themengebiet für ihren letzten Streich dürfte in eine sehr ähnliche Richtung gehen.

zentralplus: Katherine Anne Lee, Sie arbeiten eigentlich in einer Grossbank – wie kommt man da zum Schreiben?

Katherine Anne Lee: Nun, ich arbeite da in der Kommunikation – schreibe also auch, nur auf eine andere Weise (lacht). Den Impuls, mit dem Roman-Schreiben zu beginnen, gab aber der Tod meiner Grossmutter Mollie. Das hat sich praktisch von einem Tag auf den anderen ergeben.

zentralplus: Sie ist auch die Hauptfigur in Ihrem ersten Werk, Sie erzählen ihre Lebensgeschichte. Wie kam es dazu?

Lee: Meine Mutter ist früh verstorben, und meine Grossmutter in England hat mich so ein grosses Stück meines Wegs begleitet. Sie hatte immer vor, ein Buch über ihre Geschichte zu schreiben – leider erkrankte sie an Demenz und verstarb, bevor sie das tun konnte.

zentralplus: Und so haben Sie es sich zur Aufgabe gemacht, das für sie zu tun?

Lee: Kann man so sagen, ja. Für mich war es aber auch das Richtige, um über ihren Tod hinwegzukommen, denke ich. Mithilfe ihrer Erzählungen und meiner Erlebnisse konnte ich ihre Lebensgeschichte nacherzählen. Im Buch stecken viele Emotionen, welche auch die Leser so gespürt haben. Ich habe viele Feedbacks erhalten, dass ihnen Mollie eine Art Freundin wurde und die Leser die Geschichte so richtig miterlebt haben.

zentralplus: Während das erste Buch sehr persönlich ist, mutet «Leben & Träume der Pimientos de Padròn» eher sehr fantasievoll an – gibt es irgendwelche Parallelen?

Lee: Nicht sehr viele. Aber vielleicht dahingehend, dass es in beiden Büchern um das Leben geht. Wenn es auch bei meinem ersten Buch Erzählungen, und bei den Pimientos eher Fragen zum Leben sind.

So sieht übrigens das Gericht «Pimientos de Padròn» aus.

So sieht übrigens das Gericht «Pimientos de Padròn» aus.

(Bild: flickr / Jessica Spengler)

zentralplus: Die Welt aus der Sicht von sechs verschieden Pfefferschoten mit unterschiedlichem Charakter – wie kommt man auf so eine Idee?

«Den schwarzen Humor mag ich an den Engländern sehr.»

Lee: Ich habe das Gericht «Pimientos de Padròn» – also kleine grüne Pfefferschoten, gebraten und mit Salz serviert – auf einer Spanienreise entdeckt. Bald wurde ich süchtig nach den Dingern und wählte glaube ich sogar die Tapas-Bars danach aus, ob sie dieses Gericht führten. «Irgendwann wirst du selbst noch zu einer Pfefferschote», sagte mein Mann irgendwann zu mir.

zentralplus: So sind Sie es dann geworden – zumindest literarisch?

Lee: Ja, ich habe angefangen mir zu überlegen, wie diese Lebewesen die Welt sehen könnten. Entstehen sollte daraus etwas Leichtes und weniger Ernstes als mein Erstling. Am Ende kann man es als lustige «Seelenreise» beschrieben, mit Gedanken zum Leben.

zentralplus: Auf den ersten Blick spielt der Roman in seiner eigenen kleinen Welt. Was wollen Sie Nicht-Pfefferschoten auf den Weg geben?

Lee: Das Buch soll dazu anregen, über das Leben nachzudenken; ausserdem gibt es doch einige Metaphern. Die sechs Hauptcharaktere sind weiter verschiedenen Menschen-Typen und berühmten Personen nachempfunden. Eine Pfefferschote zum Beispiel heisst Flavio und ist Flavio Briatore nachempfunden, den ich zufällig mal kennengelernt habe.

zentralplus: Sie sind mit fünf Jahren in die Schweiz gekommen, haben aber die Verbindung zu Ihrer alten Heimat beibehalten. Gibt es im Roman etwas, was – ausser der Sprache – typisch englisch ist?

Lee: Die beiden Schoten Marple und Winston. Hier habe ich doch mit dem britischen Stereotyp gespielt. Sie sind intelligent, snobby und haben einen ziemlich schwarzen Humor. Den mag ich an den Engländern doch sehr.

Schreibt hin und wieder auch gerne in Cafés: Katherine Lee.

Schreibt hin und wieder auch gerne in Cafés: Katherine Lee.

(Bild: lob)

zentralplus: War es als Kind für Sie schwierig, sich in Zug einzuleben?

Lee: Einfach war es nicht. Wir wohnten in Hünenberg, damals einem für mich sehr kleinen Dorf. Ausser uns gab es nicht sehr viele Ausländer, deshalb sind wir schon herausgestochen. Sehr wohl habe ich mich in meiner Primarschulzeit nicht gefühlt, um ehrlich zu sein. Als ich nach Zürich zur Schule ging, war das schon eher der Fall, da es dort etwas mehr Multikulti gab (lacht). Aber nicht falsch verstehen: Ich mag Zug und seine Beschaulichkeit heute sehr. Vor allem ist mir der See wichtig.

zentralplus: Mit den Expats ist Einwanderung in Zug heute noch ein fast grösseres Thema – wie geht man heute aus Ihrer Sicht mit Neuankömmlingen um?

Lee: Anschluss bei den Einheimischen zu finden, ist glaube ich auch heute für Expats nicht einfach. Sie kommen aber auch schnell in eigene Kreise, was das Ganze nicht einfacher macht. Es braucht meiner Meinung nach mehr Gelegenheiten zur ungezwungenen Begegnung, wie zum Beispiel das Jazz-Festival hier in der Altstadt. Beim nächsten Mal begegnet man sich dann wieder und kennt sich vielleicht schon etwas besser.

«Ich nehme sehr viel Inspiration aus Erlebnissen und Erzählungen.»

zentralplus: Zurück zu Ihnen – Ihre bisherigen Romane sind zuerst auf Englisch, dann auf Deutsch erschienen. Haben Sie die Bücher auf beide Sprachen verfasst?

Lee: Nein, nur auf Englisch. Auf Deutsch habe ich sie übersetzen lassen; das war für mich eine Qualitätsfrage. Nicht, dass ich Deutsch nicht beherrschen würde, aber zwischen Schweizerdeutsch und richtig korrektem Hochdeutsch gibt es hie und da doch noch Unterschiede. Mittlerweile bin ich aber mutiger geworden.

zentralplus: Und schreiben an einem Buch auf Deutsch?

Lee: Genau, beziehungsweise ist es bereits fertig geschrieben. Allerdings ist es noch nicht veröffentlicht.

 

Zwei Passionen vereint: Katherine Anne Lee liest im Sommer während einer Yoga-Lektion.

zentralplus: Worum wird es gehen?

Lee: Um eine Person, die in einem «Silent Retreat» war. Also einem mehrtätigen Kurs, in dem vor allem Stille sowie Beschäftigung mit sich selbst praktiziert wird und Interaktion sehr beschränkt ist. Die Grundlage ist sozusagen ein Erfahrungsbericht anhand eines Tagebuches.

zentralplus: Sie sprachen schon von Seelenreise, stellen in «Pimientos de Padròn» Sinnfragen und interessieren sich für das «Silent Retreat» – würden Sie sich als spirituell oder esoterisch bezeichnen?

Lee: Ich interessiere mich schon sehr dafür. Ich glaube an eine höhere Kraft, die allerdings nicht wirklich einen Namen hat. Religiös bin ich allerdings nicht, auch weil ich die «Regelkataloge», also was die Menschen aus der Spiritualität gemacht haben, nicht teile. Aber ja, Themen wie die Sinnfrage sind in meine Bücher eingeflossen. Auch aus Erlebnissen, wie der Begegnung mit dem Tod.

zentralplus: Zurück zu Ihrem letzten Werk. Haben Sie selbst schon ein Silent Retreat gemacht?

Lee: Nein, allerdings würde ich das gerne mal. Beim Schreiben habe ich mich allerdings ganz auf den Tagebuch-Bericht dieser Person und ihre Erzählungen gestützt. Ich nehme sehr viel Inspiration aus Erlebnissen und Erzählungen.

zentralplus: Wann wird Ihr neuer Roman erscheinen?

Lee: Das ist noch nicht festgelegt; vermutlich irgendwann Mitte 2018.

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