Hugo Faas bringt Gratis-Musik in die Strassen

Luzerner Strassen-Festival entstand aus Protest heraus

Wandelndes Lexikon in Sachen Musik: Hugo Faas.

(Bild: hae)

Seit 50 Jahren veranstaltet Hugo Faas Events: Jazzkonzerte, Kodo-Getrommel, das Theater-Spektakel in Zürich. Seit 2006 organisiert er die Strassenmusik im Rahmen des Lucerne Festivals. Jetzt bringt er während sechs Tagen wieder acht Bands «In die Strassen». Dieser Gratis-Musikreigen fürs Volk entstand, weil es einst Kritik am «elitären» Lucerne Festival gab.

«Strassenmusik ist die ehrlichste Sache der Welt. Denn die Musiker bekommen hier das direkteste Feedback: Die Leute gehen gleich weiter, wenn es nicht gefällt!» Hugo Faas strahlt, wenn er im Luz-Kafi ins Erzählen kommt. Der Mann ist nicht nur voller Leidenschaft, sondern auch ein wandelndes Lexikon in Sachen Musik. Vor allem ist er eher Botschafter der legalen Strassenmusikanten, die ab Dienstag während sechs Tagen wieder Passanten erfreuen.

Hugo Faas (71) kennt alle Musik-Locations dieses Landes, hat eine Unmenge Bands schon live erlebt – und einige davon in seiner 50-jährigen Karriere als Veranstalter vor und hinter der Bühne betreut: Den Zürcher Harfen-Spieler Andreas Vollenweider hat Faas gross gemacht, die Jazz-Diva Dollar Brand und den Heroin-süchtigen Saxofonisten Stan Getz manchmal ins Scheinwerferlicht an ihre Instrumente genötigt.

Wie eine Ferienwoche für die Weltmusiker

Dagegen sind die Weltmusiker, die Hugo Faas auf die Strassen Luzerns bringt, vergleichsweise angenehm zu managen. «Für Bands aus Afrika oder aus dem Orient kommt dieses Engagement im Rahmen des Lucerne Festivals einer Ferienwoche gleich. Für die acht zu vergebenden Plätze erhalte ich zahllose Anfragen», erklärt Faas, der seit einem Dutzend Jahren dem Luzerner Volk ein Gratis-Festival beschert.

Hat seine Identität als Macher des Strassen-Festivals gefunden: Hugo Faas.

Hat seine Identität als Macher des Strassen-Festivals gefunden: Hugo Faas.

(Bild: hae)

Es geht bei dem offiziell etwas steif «In den Strassen» genannten Festival aber nicht um ein Stadtfest oder um exotische Essstände – sondern um das Erfahren einer Weltmusik, welche die Seele erfreut. Faas ist glücklich, dass er im Rahmen des reichen Lucerne Festivals ein kleines Budget hat. Auch wenn es nur Peanuts sind vom Sommer-Fest, das rund 25 Millionen Franken umsetzt. 

«Hingehen! Und fleissig bei der Hutkollekte spenden!»

Hugo Faas, Gründer des Strassen-Festivals

Das reicht ihm für Hotels und Reisespesen der diesmal rund 30 Musiker. Da es in Bern und Neuenburg ähnlich programmierte sogenannte Buskers-Festivals gibt, kann er gewisse Rechnungen mit den anderen Organisatoren teilen, weil diverse Musiker auch dort auftreten. Die Strassenmusikanten haben zwar Kost und Logis, ihren Lohn müssen sie sich aber erspielen. Deshalb fordert Hugo Faas auf: «Hingehen! Und fleissig bei der Hutkollekte spenden!»

Schaulaufen am Dienstag ab 17 Uhr

Start des sechstägigen Festivals «In den Gassen» ist traditionsgemäss am Dienstag: Von 17 bis 18.15 Uhr geben sich unter dem KKL-Dach sämtliche acht Formationen ein Stelldichein, werden von Michael Häfliger, dem Intendanten des Lucerne Festivals, vorgestellt und geben eine kurze Kostprobe. Schaulustige schaffen sich dann einen Überblick, picken ihre Lieblinge und tummeln sich in den nächsten Tagen zwischen Jesuitenplatz, Kornmarkt, Mühlenplatz und Kapellplatz. Am Dienstag starten die Konzerte jeweils ab 19 Uhr, ab Mittwoch ab 18 Uhr. Jeweils zwei Gruppen spielen auf jedem der Plätze, sie rotieren und finden sich von Mittwoch an ausserdem ab 22.30 Uhr bis Mitternacht zu Jam-Sessions im Sentitreff.

Initiiert wurde das Strassen-Festival vor 12 Jahren. «Damals gab’s Proteste gegen das von vielen als ‹elitäres Fest› betrachtete Lucerne Festival.» Die Kritiker reklamierten, dass die Stadt den Musikreigen mit Steuergeldern unterstütze, die Eintritte für Normalsterblicke aber dennoch viel zu hoch seien.

Das sei zu kurz gedacht, erklärt Hugo Faas: «Es kommt ein Mehrfaches zurück an die Stadt: von den Hoteliers, von den Restaurants, von Ladenbesitzern.» Um die Spannung in diesem Konflikt zu nehmen, wollte die Festival-Leitung dem Volk etwas gratis geben. Und so entstand das feine Festival in den Strassen.

Wie hat es Veranstalter Faas persönlich mit der teuren Klassik im KKL? «Das ist nicht so meine Musik, ich gehe auch nicht an die VIP-Anlässe. Aber ich bin mir sehr bewusst über den Stellenwert dieses Lucerne Festivals, das neben Salzburg ganz grosses Kino darstellt!»

«Hingehen! Und fleissig bei der Hutkollekte spenden!». Hugo Faas mit dem Festival-Flyer.

«Hingehen! Und fleissig bei der Hutkollekte spenden!». Hugo Faas mit dem Festival-Flyer.

(Bild: hae)

Hugo Faas ist da eher der Jazzer und Theatermensch. Er hat in Zürich das Theaterspektakel mitbegründet, das Jazzfestival inspiriert sowie das legendäre Konzertlokal Moods programmiert. Faas sass aber auch in den Achtziger Jahren mit Claude Nobs am Montreux Jazz Festival in der Garderobenbar und schaute zu, wie sich Ray Charles und Dizzy Gillespie bei der anberaumten Jam-Session in die Haare kamen. Er erlebte hautnah, wie Ray Dizzys Band anschnauzte, sie solle nicht diesen «Jazz-Scheiss» spielen. Tja, diese Künstler!

In der herrlich schönen Stadt

Die Luzerner Tage sind für ihn vergleichsweise geruhsam. Weil die Strassenmusiker einfach im Umgang und keine hochdotierten Jazz-Diven sind. Deshalb ist der Zürcher Faas gerne Gast in Luzern. Nicht nur, weil das KKL eines der besten Musiktempel der Welt ist. «Ich bin vor allem gern in den Gassen dieser herrlich schönen Stadt, in deren Schatten das sich immer als so wichtig taxierende Zürich ganz klar steht.»

Hugo Faas wohnt zwar auf dem Zürcher Land in Rorbas, wo er – Ehrensache – auch als kultureller Wirbelwind tätig ist. Aber er ist wenn immer möglich wieder in Luzern. Und diese Tage, wie es sich gehört: friedlich seinen Bands lauschend.

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