Neue Platte der Luzerner Sängerin Pink Spider

«Auf der Bühne sterbe ich tausend Tode»

Valerie Koloszár alias Pink Spider an einem Auftritt.

(Bild: zvg/Rolf Fassbind)

Sie war in den letzten Jahren in Luzern omnipräsent: Pink Spider spulte die Bühnen dieser Stadt ab. Nun will sie es wieder ruhiger angehen – auch ihre neuen Songs sind ein Rückzug ins stille Kämmerlein. Dort fühlt sich die Sängerin ohnehin am wohlsten. Trotzdem zieht es sie bald in die Ferne.

Pink Spiders Songs sind eine Wucht. Mit ihrem Album «The Hunch» hat sie sich vor drei Jahren als eine der prägnantesten Stimmen der Region etabliert. Valerie Koloszár, wie die Sängerin richtig heisst, schlägt ebenso raue Töne an wie zarte Folknummern oder geerdeten Soul.

Mit «Fern» legt die Singer/Songwriterin diesen Freitag wieder frische Songs vor. Drei eigene und ein Bob-Dylan-Cover finden sich auf der neuen EP. Die Songs sind wieder intimer geworden, grösstenteils reduziert auf ihre Stimme und Gitarre. Die neue EP hat sie grösstenteils zu Hause in Eigenregie aufgenommen.

zentralplus: Seit dem gefeierten Album «The Hunch» sind fast drei Jahre vergangen. Die neuen Songs klingen reduzierter, fast nur mit Gitarre und Stimme.

Valerie Koloszár: Es sind laufend neue Songs entstanden, und als ich «Heavy Heart» geschrieben hatte, wusste ich, dass ich das so rudimentär wie möglich aufziehen will. Ich brauche nur das Laptop, das Mikrofon und die Gitarre, das finde ich recht schön. So kann ich auch auf einer Alp aufnehmen und mein Zeugs für mich produzieren. Ich konnte es genau so umsetzen, wie ich es im Kopf hatte. Für mich ein völlig ein neues Gefühl.

So tönt der neue Song «Heavy Heart»:

zentralplus: Liegt Ihnen das Arbeiten im stillen Kämmerlein? Beim Album hatten Sie noch eine Band am Start.

Koloszár: Sehr! Klar ist es auch mit Band inspirierend, aber gewisse Sachen «chnuschte» ich gerne für mich selber. Wenn ich eine klare Idee im Kopf habe, aber noch nicht genau weiss, wie ich sie umsetzen soll, will ich mir Zeit dafür nehmen. Um es genau so hinzubekommen, wie ich mir das vorstelle.

zentralplus: Ist die EP quasi ein Zwischenschritt?

Koloszár: Es sind Lieder, die unfertig herumgelegen haben, aber zum Konzertrepertoire gehören. Irgendwann muss ich etwas abschliessen und aus der Hand geben. Zum Prozess gehört auch, dass ich das Booklet selber gestaltete und jede EP von Hand stempelte.

 

zentralplus: Sie schielen aber schon auf das nächste Album?

Koloszár: Ja genau, das wird dann wieder eine richtige, fette Produktion.

zentralplus: Auf der EP ist mit «Buckets of Rain» auch ein Dylan-Song. Keine Berührungsängste mit dem grossen Dylan?

Neue EP «Fern»

Pink Spider: «Fern» (Little Jig Records). Die Songs sind digital erhältlich und in einer limitierten Ausgabe auf CD (100 Stück, Bestellung per E-Mail).

EP-Taufe: Fr, 26. Mai, 20 Uhr, Phrontistery Luzern (Löwenplatz 6, Luzern). Konzert: Sa, 27. Mai, 15 Uhr, Old Town Record Store Luzern.

Koloszár: Ich bin da vielleicht etwas naiv, aber Dylan hat mich eigentlich nie mega gepackt. «Buckets of Rain» war mir lange nicht mal gängig. Andere wissen ganz genau, welcher Song auf welcher Platte ist.

zentralplus: Ist der Name Pink Spider schon schweizweit ein Begriff?

Koloszár: Ich weiss es nicht, aus Bern kommen immer wieder Anfragen, was mich sehr freut. Aber eigentlich spiele ich meistens in Luzern. Ich habe in den letzten Jahren fast jede Giganfrage angenommen, weil ich probieren wollte, davon zu leben, und die waren halt meist in Luzern. Aber das Ziel wäre, auch in Zürich oder in der Romandie Fuss zu fassen.

zentralplus: Haben Sie keine Angst, dass Sie zu viel in Luzern spielen?

Koloszár: Doch, ich bringe jetzt die EP raus und habe eben einen neuen Job angefangen. Das nächste Jahr werde ich etwas herunterfahren mit Konzerten und mir Luft lassen. Und auch den anderen Luft lassen (lacht).

zentralplus: Ich habe festgestellt: Auf Pink Spider können sich viele einigen, gerade unter Musikern haben Sie viele Fans. Wie sehen Sie das?

Koloszár: (Schaut etwas verwundert) Ich arbeite schon genreübergreifend, ich kann mich schlecht auf etwas festlegen. Ich experimentiere gern und schaue, was sich ergibt. Pink Spider ist ein Konzept, ein Alter Ego. Es ist eine Band, es ist solo, was immer ich will, was es ist.

zentralplus: Ihre Musik ist sehr geerdet, einverstanden?

Koloszár: Ja, für so einen Luftibus wie mich (lacht). Vielleicht ist es die Musik, die mich erdet. Sie holt mich aus der Fantasiewelt in die Realität.

«Ich habe einfach meine Songs. Das ist es. Mehr kann ich nicht.»

zentralplus: Sie wurden zweimal gewürdigt: 2014 haben Sie den Kick-Ass-Award gewonnen und 2015 den Anerkennungspreis der Stadt Luzern. Welcher Preis war wichtiger?

Koloszár: Beide, und beide kamen sehr unerwartet und unverhofft. Es ist eine grosse Anerkennung, aber es entstand auch ein Erwartungsdruck. Shit, was wird jetzt verlangt? Aber ich will trotzdem meine Vorstellung, die ich von der Musik habe, durchziehen, ohne unbedingt grösser zu werden. Mit der EP besinne ich mich auf das Essenzielle zurück, das mir bei der Musik von Anfang an wichtig war.

zentralplus: Liegt Ihnen diese Rolle: Sie alleine auf der Bühne und alle Augen auf Sie gerichtet?

Koloszár: Nein! (Sagt es sehr bestimmt und lacht) Ich bin wirklich im falschen Metier. Ich bin keine Rampensau. Wenn ich singen oder auf der Bühne etwas erzählen muss, ist das für mich furchtbar, ich sterbe jeweils tausend Tode. Darum ist mir eine angenehme und gemütliche Stimmung wichtig. Es liegt mir nicht, in einer halbvollen Halle, wo geschwatzt wird, die Attention auf mich zu ziehen. Das ist nicht mein Ding, ich habe einfach meine Songs. Das ist es. Mehr kann ich nicht (lacht).

zentralplus: Taufen Sie Ihre EP darum in der Phrontistery, einem kleinen Raum, den nicht allzu viele kennen.

Koloszár: So ein Wohnzimmer-Konzert passt gut ins Konzept, es soll so Lo-Fi wie möglich sein. Die Phrontistery ist ein Ort zum Nachdenken und lädt zum Verweilen ein, davon bin ich angetan. Ich würde gerne mehr Zeit dort verbringen.

zentralplus: Was wünschen Sie sich, wie es weitergeht? Haben Sie noch den Traum, von der Musik leben zu können?

Koloszár: Nein, wenn ich sehe, was man dafür alles tun muss, eigentlich nicht. Man müsste ständig touren und käme nicht mehr zur Ruhe. Ich meine, ich komme schon so nicht zur Ruhe. Und ich will auch meine anderen Interessen beibehalten. Wenn es so weitergeht, bin ich recht zufrieden: Teilzeit arbeiten und trotzdem genug Zeit für Gigs und um am neuen Album zu arbeiten.

zentralplus: Eine USA-Tour würde gut zur Musik passen. War das noch kein Thema?

Koloszár: Bisher nicht, aber ich darf nächstes Jahr für vier Monate ins Luzerner Atelier nach Chicago. Darauf freue ich mich sehr. Ich hoffe, da komme ich etwas zum Spielen und kann die Musikszene auschecken. Ich will mich inspirieren lassen, aufnehmen, Leute kennenlernen. Und auch mich kennenlernen (lacht).

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