Zuger Autor Carlo Meier geht neue Wege

Ein Buch wie WhatsApp-Nachrichten

Hier sind alle seine Werke entstanden: Der Zuger Schriftsteller Carlo Meier in seinem Atelier in Zug.

(Bild: pbu)

Der Zuger Schriftsteller Carlo Meier schuf mit den «Kaminski-Kids» eine der erfolgreichsten Kinderkrimi-Reihen der Schweiz. Mit seinem neusten Werk «Paradise Valley» möchte er nun auch junge Erwachsene in seinen Bann ziehen. Teenager und Bücher? Kein leichtes Unterfangen, das vom Autor einige Besonderheiten abverlangte.

«Jugendliche mögen keinen Firlefanz. Wenn sie ein Buch lesen, dann sollte dieses möglichst kein unnötiges ‹Geschwafel› beinhalten, Landschaftsbeschreibungen zum Beispiel», sagt Carlo Meier, während er es sich auf dem Sofa in seinem Atelier in Zug bequem macht. Meier weiss, wovon er spricht, schliesslich ist er für rund sechs Monate in die Welt der Teenager eingetaucht und hat sich mit deren Wünschen, Ängsten und Ansichten auseinandergesetzt.

Getan hat dies der 55-jährige Zuger Autor zu Recherchezwecken. Genauer für seine neue Mystery-Trilogie «Paradise Valley», deren erster Band in den Läden aufliegt (siehe Box ganz unten). «Ich habe Jugendliche gefragt, wie ein Buch sein müsste, damit sie es lesen würden», erinnert sich Meier. «Ihre Antwort: kurz, prägnant, möglichst portioniert, so wie etwa WhatsApp-Nachrichten.»

Zelluloid zwischen Buchdeckeln

Mit «Paradise Valley» versucht Meier den Teenagern nun genau das zu liefern, was sich diese wünschten: «Kino zum Lesen», nennt er das. «Das Buch ist wie ein geschriebener Hollywood-Film. Wenn du es liest, dann liest du eigentlich einen Film. So kann man die Jugendlichen direkt ansprechen.» Das Konzept: eine kurze Szene, harter Schnitt, ein anderer Schauplatz, andere Figuren und so weiter. Dieser filmische Schreibstil zieht sich von Anfang bis Ende durch.

Eine Kostprobe aus «Paradise Valley»:

Nicht mit Details langweilen, lautet Meiers Credo. «Um im Kopf des Lesers einen Film entstehen zu lassen, muss ich nicht viel sagen. Ein Wort kann Bilder hervorbringen, die eine ganze Leinwand füllen. Entsprechend finden sich im Buch wenig Adjektive und Beschreibungen.»

Meier verfasst bekannte Jugendbuchreihe

Die Erfolgsaussichten für «Paradise Valley» stehen nicht schlecht. Bereits vor der Veröffentlichung wurde das Buch mit dem Hauptpreis der Zentralschweizer Literaturförderung geehrt. Für den dreifachen Vater ist das nicht die erste Anerkennung für sein literarisches Schaffen.

Der Autor

Carlo Meier wurde 1961 in Zürich geboren. Nach der Ausbildung zum Journalisten schrieb er unter anderem für den «Beobachter», die «Weltwoche» und «Das Magazin» vom «Tages Anzeiger». Parallel dazu verfasste Meier Drehbücher für Film und TV. 1992 erschien sein erster Roman, die Kriminalpersiflage «Keine Leiche in Damaskus». 1999 begann er zusammen mit seinen Kindern die Kinder- und Jugendkrimi-Reihe «Die Kaminski-Kids».

Seit 1986 lebt Meier als freier Schriftsteller mit seiner Frau Andrea in Zug.

Auszeichnungen bescherten ihm auch seine «Kaminski-Kids», eine der erfolgreichsten Kinder- und Jugendkrimi-Reihen des deutschen Sprachraums. Unter anderem erhielt Meier 2002 dafür den Werkpreis von SRG idée suisse. «Kaminski-Kids»-Lesungen im In- und Ausland sind fast schon sein täglich Brot.

In den mittlerweile 20 Bänden behandelt Meier jeweils aktuelle Gesellschaftsthemen wie Internetgefahren, Mobbing oder Drogenkonsum. Stets unter Mithilfe von Pädagogen, Fachleuten und der Polizei. Die wichtigsten Inputs holt sich der Autor allerdings direkt bei der Zielgruppe. In jüngeren Jahren arbeitete er eng mit seinen drei eigenen Kindern zusammen, nach deren Vorbild er die «Kaminski-Kids» gestaltete.

Denn sie wissen, was sie wollen

Für «Paradise Valley» ging er einen Schritt weiter. Als kreativer Support entstand eigens für den Mystery-Thriller die sogenannte Zoomcrew. Das ist eine Gruppe Zuger Jugendlicher, die das neuste Werk von Meier massgeblich geprägt haben. «Einige haben auf Textebene mitgearbeitet und mir zum Beispiel dabei geholfen, die 16-jährige Hauptfigur des Romans realistisch zu gestalten», erklärt Meier.

Aber auch die eine oder andere überraschende Wendung im Buch gehe auf die Zoomcrew zurück, führt der Autor aus. Besonders stolz ist Meier auf den Trailer, den die Jugendlichen für «Paradise Valley» gedreht haben. «Sie haben alles selber gemacht. Vom Cast über die Arbeit hinter der Kamera bis hin zu Schnitt und Regie», schwärmt er.

Der Trailer zu «Paradise Valley»:

Die Zoomcrew kommt darüber hinaus in der Buchstory selbst vor. So nämlich nennt sich die Clique, die der Hauptfigur Lena auf ihren Abenteuern zur Seite steht. Dieser vielseitige Einfluss bleibt denn auch nicht unerwähnt: «Die Zoomcrew hat bei diesem Projekt auf mehreren Ebenen derart viel mitgeholfen, dass ich mich entschloss, sie als Co-Autorschaft explizit auf dem Buchcover zu erwähnen», sagt der 55-Jährige.

«Ein 16-jähriges Mädchen als Backup für die Gestaltung der Hauptfigur zu haben, ist eine Bereicherung.»

Autor im Exil

Bleibt bei so viel Anregung von aussen die Autonomie des Autors nicht auf der Strecke? «Nein», findet Meier. «Natürlich bewege ich mich innerhalb von Leitplanken. Als einengend empfinde ich diese jedoch nicht. Im Gegenteil: Im vorgegebenen Raum kann ich mich absolut frei bewegen. Die Figuren stammen ja allesamt von mir. Ein 16-jähriges Mädchen als Backup für die Gestaltung der Hauptfigur zu haben, ist keine Einschränkung, sondern eine Bereicherung.»

Ähnliches gelte für Schreibstil und Plot. Es habe ihm grossen Spass gemacht, mit der für ihn neuartigen filmischen Schreibe zu arbeiten. Neuartig ist für Meier auch der Ort der Handlung. Mit «Paradise Valley» siedelt er nämlich erstmals eine seiner Geschichten in den USA an. Ebenfalls auf Anraten seiner Co-Autorschaft.

«Für die Jugendlichen ist es offenbar ein absolutes Must, dass die Story in Amerika spielt. Sonst würden sie das Buch nicht lesen, meinten sie», erklärt der Schriftsteller. Die amerikanische Filmwelt sei anscheinend derart prägend, dass diese auch zwischen Buchdeckeln gefunden werden möchte. «Und letztlich hat es einfach mehr Stimmung, zu lesen, dass jemand aus einem Greyhound steigt, als dass jemand das 11er-Tram in Schwamendingen verlässt», schmunzelt Meier.

Carlo Meier erhielt für seine Kinderkrimis, Romane und Drehbücher zahlreiche Auszeichnungen.

Carlo Meier erhielt für seine Kinderkrimis, Romane und Drehbücher zahlreiche Auszeichnungen.

(Bild: pbu)

Ab auf die Leinwand?

Apropos Film: Die Aufmachung von «Paradise Valley» erinnert stark an Jugendbücher US-amerikanischer Autoren, die von Hollywood erfolgreich fürs Kino adaptiert wurden. Man denke an «Twilight» oder «Divergent». Läuft also auch «Paradise Valley» bald auf der Leinwand?

«Momentan steht das nicht zur Debatte. Aber ja, grundsätzlich böte es sich schon an.» Das Drehbuch dazu würde der Zuger jedenfalls gerne schreiben. Erfahrung darin hat er, stammt doch das Drehbuch für eine «Tatort»-Folge aus den 90er-Jahren aus seiner Feder. Und auch beim Spielfilm «Irrlichter» von 1997 agierte Meier als Drehbuchautor.

Dem Krimi verfallen

Seine Agenda sei jedenfalls gut gefüllt. Ein neuer «Kaminski-Kids»-Krimi stecke in der Pipeline und Band zwei und drei von «Paradise Valley» müssen ebenfalls noch geschrieben werden. Daneben immer wieder Lesungen. Ausserdem würden Gespräche darüber laufen, eine Geschichte der «Kaminski-Kids» zu verfilmen.

Wenn es die Zeit zulässt, nimmt der Zuger auch gerne selbst ein Buch zur Hand. Fast ausschliesslich handle es sich dabei um einen amerikanischen Krimi. «Mein Lieblingsautor ist Lee Child. Der ist zwar Brite, lebt aber seit Urzeiten in den USA», sagt Meier und lächelt verschmitzt. Lee Childs Hauptfigur ist Jack Reacher. Dieser war bis dato zwei Mal auf der Kinoleinwand zu sehen.

Der Plot von «Paradise Valley»

Der Mystery-Thriller «Paradise Valley» von Carlo Meier handelt von Lena. Zu ihrem 16. Geburtstag erhält sie von einem Anwalt ein Amulett ausgehändigt, das angeblich von ihrer seit Jahren verschollenen Mutter stammt. Bevor sie sich jedoch der Lösung des Rätsels annehmen kann, wird ihr das Amulett gestohlen. Mithilfe ihrer Freunde von der Zoomcrew möchte Lena das Amulett zurückholen, um Licht in das vernebelte Schicksal ihrer Mutter zu bringen. Dabei kommen sie einem gefährlichen Geheimnis auf die Spur.

Band 1 der Trilogie ist vor wenigen Tagen erschienen. Band 2 folgt nächsten Frühling und Band 3 kommt im Frühjahr 2019 in den Handel.

«Paradise Valley», Fontis-Verlag, 240 Seiten, 22.40 Franken

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