Auszeichnung für Stattkino-Leiter Peter Leimgruber

«Wir halten hier die Stellung für den anspruchsvollen Film»

Peter Leimgruber, der Geschäftsleiter des Stattkinos, wird mit dem Anerkennungspreis der Stadt Luzern für sein kulturelles Schaffen geehrt.

(Bild: pbu)

Das Stattkino am Löwenplatz ist aus dem Luzerner Kulturleben nicht mehr wegzudenken. Das ist vor allem das Verdienst von Peter Leimgruber. Seit über 15 Jahren leitet der passionierte Cineast eine Bastion für den anspruchsvollen Film in der Stadt Luzern. Nun wird er für sein kulturelles Engagement ausgezeichnet.

Er selbst bezeichnet sich als Frühentwickler. Peter Leimgruber sei ein Mensch, der bereits in jungen Jahren wusste, was er wollte. Und das waren vor allem Theater und Kino: «Als Kind sass ich viel in Theater- und Kinosälen, sah mir Filme von Ingmar Bergman, Michelangelo Antonioni, Luis Buñuel und anderen an», erzählt er. «Und als knapp 14-Jähriger spielte ich die Hauptrolle im Weihnachtsmärchen am Stadttheater Luzern.»

Heute ist der ausgebildete Theaterschauspieler Leimgruber 69 Jahre alt und aus der Luzerner Kulturszene kaum wegzudenken. Seit über 15 Jahren leitet er das Stattkino, welches er vor 25 Jahren mitbegründet hat. Leimgruber kann also durchaus als kulturelles Urgestein bezeichnet werden, das die Stadt in cineastischer Hinsicht massgeblich mitprägte und heute noch prägt. Dafür erhält er den diesjährigen Anerkennungspreis der Stadt Luzern (siehe Box).

Anerkennung für einen unermüdlichen Kulturvermittler

«Peter Leimgruber setzt sich seit der Gründung des Stattkinos im Jahr 1992 mit hohem Engagement und mit viel Herzblut für ein qualitativ hochstehendes Filmprogramm aus der ganzen Filmgeschichte ein.» Mit diesen Worten begründet die Stadt Luzern die Würdigung Leimgrubers mit dem Anerkennungspreis 2016.

Leimgruber verfüge über einen ausserordentlichen Leistungsausweis und gelte als herausragender Vernetzer und Vermittler, schreibt die Stadt weiter.

Der Anerkennungspreis wird am 6. November 2016 im Zuge des Kunst- und Kulturpreises im Luzerner Theater verliehen. Der Preis ist mit 10’000 Franken dotiert.

Das Leiden des Studiofilms

Die Auszeichnung freue ihn ungemein, sagt der Cineast. «Unsere Arbeit ist mit viel Leidenschaft und Engagement verbunden. Dass das jetzt ausgezeichnet wird, ist natürlich toll. Eine schöne Bestätigung für die Arbeit, die von jedem Einzelnen hier geleistet wurde und wird.» Leimgruber betont nachdrücklich, dass der Preis eigentlich dem ganzen Team des Stattkinos gebühre.

Ein einfaches Spiel hatten er und sein Team allerdings nicht. Denn die Branche ist unter Druck. «Die Kinoszene in Luzern hat sich über die letzten 25 Jahre stark verändert», sagt Leimgruber. «In vielen Schweizer Städten wurden grosse Multiplexkinos eröffnet. Darum sind viele kleinere Stadtkinos verschwunden, in Luzern beispielsweise das Limelight, das Atelier und das Rex. Sehr zum Leidwesen des Studiofilmangebots.»

Die Kunst kommt zuerst

Umso mehr lohne es sich, sich für eben diese Nische einzusetzen, ist der gebürtige Luzerner überzeugt. «Wir halten hier die Stellung für den anspruchsvollen Film», sagt Leimgruber, der den Film unermüdlich als Kunstform zu pflegen versucht. Bereits zu Gründungszeiten des Stattkinos bemängelte er das eingeschränkte Angebot an Filmen mit sozialer Relevanz. Als künstlerischer Leiter zieht er heute diesbezüglich die Fäden in Luzern.

«Ich möchte die Filmkultur erhalten. Das erfordert auch mal unbequeme und kritische Filme.»

In seinem Kinosaal am Löwenplatz ist der 69-Jährige auch als Kulturvermittler tätig. «Ich möchte die Filmkultur und die Filmhistorie erhalten. Das erfordert auch unbequeme und kritische Filme, die kommerziell keinen Erfolg haben.» Für Leimgruber steht die künstlerische Qualität eines Films im Vordergrund, nicht der Profit oder die Besucherquote.

Gelegen kommt ihm dabei ein ausgeprägtes Talent als Vernetzer. Sein Netzwerk umfasst nicht nur unzählige Verleiher, sondern auch Institutionen, Gruppen und Organisationen wie die Caritas oder Pro Senectute. «Durch das gegenseitige Propagieren fungieren diese Kooperationspartner als Multiplikatoren. Letztlich ergibt sich dadurch eine Win-win-Situation.»

Peter Leimgruber ist auch Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Lesbischwulen Filmfestivals «Pink Panorama», das ab 10. November sein 15-jähriges Bestehen feiert. Er programmiert da unter anderem das Filmangebot (zentralplus berichtete).

Peter Leimgruber in der «Kabine». Im Stattkino gibts nicht nur einen digitalen Projektor, sondern auch zwei 35-mm-Projektoren, ein Stummfilm- und ein 16-mm-Projektor. Damit ist das Stattkino der einzige Saal in der Zentralschweiz, der über dieses Equipment verfügt. (Bild: pbu)

Peter Leimgruber in der «Kabine». Im Stattkino gibts nicht nur einen digitalen Projektor, sondern auch zwei 35-mm-Projektoren, ein Stummfilm- und ein 16-mm-Projektor. Damit ist das Stattkino der einzige Saal in der Zentralschweiz, der über dieses Equipment verfügt. (Bild: pbu)

Erfolg dank Mainstream

Der 105 Sitzplätze umfassende Saal im Untergeschoss des Bourbaki-Gebäudes wird nicht kommerziell geführt. Trotzdem, oder gerade deshalb, geht es dem Stattkino verhältnismässig gut. Leichte Gewinne und kleinere Verluste halten sich in etwa die Waage. «Wir sind ein gesunder Betrieb», sagt Geschäftsleiter Leimgruber. Das liegt nicht nur an den jährlich rund 90’000 Franken Subventionsgeldern von Stadt und Kanton und dem finanziellen Zustupf durch die Vermietung für externe Anlässe. Zu einem grossen Teil zeichnet sich dafür auch das Mainstream-Kino verantwortlich.

Denn paradoxerweise ist der Erfolg des Stattkinos unmittelbar an die zunehmende Kommerzialisierung der Filmwelt geknüpft. Je stärker nämlich der Blockbuster vertreten ist, desto lukrativer wird das Nischenangebot an Arthouse- und Studiofilmen. Und auf diesem Markt ist das Stattkino der einzige Player in Luzern und lockt jährlich rund 14’000 Besucher vor die Leinwand. «Unser Programm wird sonst nirgends gezeigt. Und wir haben unterdessen ein treues Stammpublikum», sagt Leimgruber, der daraus viel Motivation schöpfe.

«Heute wissen viele Leute nicht mehr, was eine Bildsprache überhaupt ist.»

Weniger Inhalt, mehr Form

Haupttreibfeder bleibt aber der Film. Das filmische Geschichtenerzählen fasziniere Leimgruber immer wieder. Die Geschichte an sich sei dabei allerdings zweitrangig. «Die Form ist spannender als der Inhalt. Wie ist die Kameraführung? Wie ist der Schnitt? Was lösen einzelne Bilder in mir aus? Das sind die interessanten Fragen. Heute wissen viele Leute nicht mehr, was eine Bildsprache überhaupt ist.»

Mit Mainstream-Kino kann Leimgruber entsprechend nichts anfangen. «Es interessiert mich nicht», sagt er. «Was mich an vielen Mainstream-Filmen kolossal stört, ist die Tatsache, dass alles von A bis Z erklärt wird. Da bleibt nichts ungesagt. Viel schöner ist es doch, wenn ein Film seine Geheimnisse bewahrt, und ich mir selber meine Gedanken dazu machen kann.»

«Ich kann mir nicht vorstellen, mit meinem Beruf aufzuhören, auch wenn ich nächstes Jahr 70 Jahre alt werde.»

Flucht in die Kunst

Woher seine Passion für die Kunstform Film stammt, könne sich Leimgruber nicht so recht erklären. Vielleicht liege der Ursprung in seinem schwierigen Elternhaus, mutmasst er. «Ich habe mir immer andere Schauplätze und andere Personen gesucht. Dabei traf ich stets auf Leute, die etwas mit Kunst oder Kultur im weitesten Sinne zu tun hatten. Das war wohl prägend.»

Klar sei jedenfalls, dass diese Passion so schnell nicht verschwinden werde. «Ich kann mir nicht vorstellen, mit meinem Beruf aufzuhören, auch wenn ich nächstes Jahr 70 Jahre alt werde.»

Gedanken ans Ende würden ihn dennoch hie und da beschäftigen. Leimgruber sei nämlich bemüht um einen gleitenden Übergang. «Ich habe bereits einen Kandidaten für meine Nachfolge», verrät er. «Darüber bin ich froh, schliesslich ist das Stattkino so etwas wie mein Kind.» Und wenn er dereinst loslassen müsse, dann solle «sein Kind» in gute Hände fallen.

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