Bald gibt’s ein Künstler-Atelier in Istanbul

Luzern erhält eine Brücke an den Bosporus

Ein Blick, der inspiriert: Aussicht in Istanbul auf Bosporus und das Goldene Horn.  (Bild: Flickr/Dieter Titz)

Luzern und Istanbul hatten lange Zeit eine enge Verbindung in der Person Armin Meienbergs. Als der Luzerner vor eineinhalb Jahren überraschend starb, drohte die Brücke abzubrechen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Der neue Verein «Istanbuluzern» führt das Erbe weiter. Nicht nur Luzerner Künstler dürfen sich darauf freuen.

Für viele Luzerner Künstler, Musikerinnen, Autoren oder sonstige Kreative ist es ein willkommener Klimawechsel: Ihnen stehen für einen Aufenthalt diverse Ateliers rund um den Globus zur Verfügung: Chicago, Paris, Berlin, Kairo, Varanasi (Indien), Genua oder London. Die Liste ist nicht abschliessend, die Aufenthalte werden von Kantonen, Städten oder Stiftungen jährlich ausgeschrieben.

Jetzt kommt eine neue Stadt dazu, die bei vielen Kreativen hoch im Kurs steht: Istanbul. Die türkische 16-Millionen-Metropole dürfte derzeit eine der spannendsten europäischen Städte sein und den Schaffensdrang geradezu befeuern.

Es ist aber ein trauriger Anlass, der dazu führte: Im Frühling 2015 verstarb Armin Meienberg mit 51 Jahren völlig unerwartet. Der Vernetzer, damaliger IG-Kultur-Präsident und leidenschaftlicher Istanbulreisende, hinterliess in Luzern und am Bosporus für viele Leute eine grosse Lücke.

Zehn Wochen Istanbul gratis

Genau ein Jahr nach seinem Tod hatten Freunde von Armin Meienberg in Istanbul eine Idee: Die Verbindung Luzern–Istanbul soll nicht abbrechen. Erdoğan und Gabriele Altındiş, die in Istanbul seit zehn Jahren das interkulturelle Netzwerk «Manzara» (deutsch: Aussicht, Weitsicht, Einsicht) betreiben, meldeten sich in Luzern. «Sie ermunterten uns, weiterzubauen an jener Brücke, die Armin zwischen Luzern und Istanbul zu errichten gewusst hatte durch sein jahrelanges kulturelles Engagement», sagt Catherine Huth, die eng mit Armin Meienberg befreundet war und lange mit ihm zusammenarbeitete.

«Ein Atelier in Istanbul war schon immer die Idee von Armin, darum fanden wir sofort, dass es das wert ist.»

Catherine Huth, Verein «Istanbuluzern»

«Manzara» – ein Name, der übrigens auch von Armin Meienberg stammt – bietet in Istanbul nicht nur Apartments an, sie betreiben auch Kultur-Events und Stadtführungen abseits der Touristenpfade. Erdoğan und Gabriele Altındiş machten ein Angebot: Sie stellen jährlich einmal und unentgeltlich ein Atelier in Istanbul zur Verfügung, wo Kulturschaffende aus dem Kanton Luzern jeweils zehn Wochen lang ein Projekt verfolgen können.

Die Idee fand sogleich Anklang. Catherine Huth gründete mit anderen Weggefährten Armin Meienbergs darum im Juni diesen Jahres den Verein «Istanbuluzern» mit dem Zweck: Förderung des Kulturstipendiums Armin Meienberg.

Die Atelier-Idee gibt’s schon lange

«Ein Atelier in Istanbul war schon immer die Idee von Armin, darum fanden wir sofort, dass es das wert ist», sagt Catherine Huth. Neben ihr im Vereinsvorstand sind Freunde, ehemalige Mitarbeiter und andere, die mit Meienberg die Leidenschaft für Istanbul teilen (siehe unten). Huth beschreibt es so: «Es sind alles Leute, die Armin mit Istanbul infisziert hat. Bei ihm kam man ja nie darum herum.»

Hier irgendwo im Gewimmel von Instanbul wartet bald ein Atelier auf Luzerner Kulturschaffende.  (Bild: Flickr/nameer)

Hier irgendwo im Gewimmel von Instanbul wartet bald ein Atelier auf Luzerner Kulturschaffende.  (Bild: Flickr/nameer)

Derzeit ist der Verein auf Mitglied- und Gönnersuche. «Wir haben schon total viele Rückmeldungen erhalten, darunter sehr viele rührende», sagt Catherine Huth. Das zeige, wie viele Freunde Armin Meienberg hatte, denen es jetzt ein Anliegen ist, dass sein Engagement weitergehe.

Nicht nur für Kulturschaffende

Das Angebot in Istanbul steht, jetzt wird der Verein in Luzern in den nächsten Monaten die nötigen Voraussetzungen schaffen: Ausschreibung, Jury, Publizität und Geldbeschaffung. Künftige Stipendiatinnen sollen neben dem Atelier auch Reisekosten sowie ein «grosszügiges Sackgeld» erhalten, schreibt der Verein in einem Brief, mit dem er momentan Vereinsmitglieder und Gönner sucht. Anfang November soll die erste Ausschreibung stattfinden, auf Anfang 2017 eine Jury stehen und von Mai bis Juli 2017 das erste Mal jemand ins Atelier einziehen.

«Das Atelier richtet sich an alle, die sich mit der Stadt Istanbul auseinandersetzen wollen, so wie Armin es tat.»

Catherine Huth

Huth betont, dass sich das Angebot nicht nur an Kulturschaffende richtet – und nicht nur an Leute, die Armin Meienberg kannten. «Es ist uns einfach wichtig, dass wir das im Sinne Armins weiterführen, das Atelier richtet sich an alle, die sich mit der Stadt auseinandersetzen wollen, wie er es tat», sagt sie. Das könne auch eine Recherchearbeit sein, ein wissenschaftliches Projekt oder selbst eine Taxifahrerin, die sich in die Istanbuler Verkehrshölle begibt und darüber Tagebuch schreibt. Auch schräge Projekte sollen Platz haben.

Ein türkisches Fest

Am Sonntag, 13. November, organisiert der Verein «Istanbuluzern» im Sinnlicht an der Industriestrasse ein Benefiz-Fest mit schweizerisch-türkischen «Sensationen aller Art». Bereits 2010 organisierte Catherine Huth mit Armin Meienberg in Luzern das Festival «Yirmion» (auf deutsch: Zwanzig zehn), einen Kulturaustausch zwischen Luzern und Istanbul im Kleintheater und anderen Orten in der Stadt.

Armin Meienberg verstarb am 11. April 2015 im Alter von 51 Jahren.  (Bild: Renato Regli)

Armin Meienberg verstarb am 11. April 2015 im Alter von 51 Jahren.  (Bild: Renato Regli)

Am Benefiz-Fest wird wieder türkisch gekocht – bei Armin Meienberg gab es keinen Anlass ohne eine gute Mahlzeit, er bekochte Leute mit Herzblut. «Das ist eine weitere Verbindung im Verein: Wir essen und kochen alle fürs Leben gern», sagt Huth.

Istanbul ist eine kulturell höchst spannende Stadt, eine Metropole, die sich rasend modernisiert, in der Gegensätze aufeinanderprallen, und es ist die einzige Stadt auf zwei Kontinenten. Es ist in jüngster Vergangenheit aber auch ein gefährliches Pflaster geworden: Es gab Auseinandersetzungen, Demonstrationen und auch Anschläge. Aber trotz der jüngsten Ereignisse in der Türkei will der Verein am Vorhaben festhalten. Und vielleicht braucht es gerade jetzt umso mehr solche Brücken, wie sie Armin Meienberg anfing zu bauen.

Verein Istanbuluzern

Neben Catherine Huth sind im Verein «Istanbuluzern» weitere Weggefährten von Armin Meienberg:

  • Catherine Huth (Präsidium), Kulturschaffende, Projektleiterin
  • Jost auf der Maur, Journalist
  • Andrea Helfenstein, Kommunikationsberaterin
  • Regula Jeger, Präsidentin Stiftung Haus am See
  • Gabi Kopp, Illustratorin, Kochbuchautorin «Das Istanbul Kochbuch»
  • Christian Löffel, Student visuelle Kommunikation
  • Ivan Schnyder, Autor, Redaktionsleiter «041 – Das Kulturmagazin»
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