Luzerner Theater – Zukunft ohne Salle Modulable

Und was jetzt, Herr von Peter?

Benedikt von Peter, Intendant des Luzerner Theaters

(Bild: Ingo Hoehn)

Er war einer der Fürsprecher für das neue Theatergebäude. Benedikt von Peter, der neue Intendant des Luzerner Theaters, hat gerade seine erste Spielzeit eröffnet, da ist das Projekt schon gestorben. Wir wollten von ihm wissen, ob er die Luzerner jetzt für provinzielle Angsthasen hält.

Die Salle Modulable ist Geschichte. Die Politik hat den Projektierungskredit beerdigt und damit auch das neue, modulare Theatergebäude (zentralplus berichtete).

Dies just zum Zeitpunkt, als der neue Intendant Benedikt von Peter die Spielzeit eröffnete (zentralplus berichtete). Von Peter ist eine der Figuren, die immer sehr engagiert für die Salle Modulable und die Idee dahinter eingetreten sind. Mit seiner Mini-Salle-Modulable, der Box vor dem Luzerner Theater, und den räumlichen Experimenten im neuen Spielplan zeigt der gebürtige Kölner seine Leidenschaft für das Ausbrechen aus den konventionellen Theaterräumen.

Nun ist ein grosses Projekt, an welchem der 39-jährige Intendant die letzten Jahre aktiv mitgedacht hat, gestorben.

zentralplus: Halten Sie uns Luzerner jetzt für provinzielle Angsthasen?

Benedikt von Peter: (lacht) Nein, bestimmt nicht. Eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Es gab neben den heiklen Punkten Kosten und Standort die sehr starken Argumente in Bezug auf den demokratischen Prozess. Die Frage war: Will man ein Projekt «von aussen» diktiert bekommen? Das wirkt sehr stolz, ist aber auch ein starkes Idenitäts- und Kulturargument.

zentralplus: Ist da auch Bedauern?

von Peter: Natürlich wäre es schön gewesen, den Prozess noch weiterdenken zu können und uns allen beteiligten Partnern noch mehr anzunähern. Denn es war ein einmaliger Prozess, dieses Zusammenkommen der verschiedenen Partner. Wenn man beobachtet, wie sonst im deutschsprachigen Raum die Szenen getrennt sind, wie tief die Gräben verlaufen, dann sticht diese Zusammenarbeit sehr positiv hervor. Klar gab es immer wieder Spaltungen, ein Wegrücken, wieder ein Näherrücken. Nun ist das alles durch, dieser Prozess vorbei. Man hätte garantiert noch viele Lösungen und Ideen gefunden. Aber es ist auch richtig, dass die Politiker als Delegierte aus dem Volk ihre Meinung kundtun und entscheiden.

«Hier ist dieses ‹Bottom-up-Prinzip› – diese partnerschaftliche Idee gelebte Praxis.»

zentralplus: Sie bleiben also trotzdem erst mal in Luzern?

von Peter: Natürlich. Dass der Prozess schwierig und ungewiss wird, mit diesem Bewusstsein bin ich gestartet.

zentralplus: Aber das Projekt war schon auch auschlaggebend für Ihre Entscheidung nach Luzern zu kommen?

von Peter: Ja, es war ein Teil davon. Aber auch die kulturelle Kraft der Region hat mich fasziniert, und diese habe ich nun unmittelbar erlebt. Die politischen Prozesse in Luzern sind für mich etwas völlig Neues und zum Teil sehr beeindruckend.

zentralplus: Wie sehr haben Sie an das Projekt geglaubt?

von Peter: Es gab immer Wellen, immer wieder Auf und Abs. Zeiten, in welchen man selbst nicht mehr daran glaubte. Aber heute bin ich der festen Überzeugung, dass was kommt.

zentralplus: Was?

von Peter: Ja, was? (lacht) Was auch immer diese 80 Millionen hätten bringen können, sie haben sicher gebracht, dass die Kultur wieder viel politische Aufmerksamkeit erhalten hat und dass neue Diskussionen entstanden sind.

«Es gab immer ein Ringen um das Projekt, mal bei dem einen mehr, mal bei der anderen weniger.»

zentralplus: Was würden Sie jetzt favorisieren: Einen Neubau am jetzigen Standort, einen Anbau, eine Renovation oder einen Neubau an einem anderen Ort?

von Peter: Eine Zusammenarbeit aller Partner.

zentralplus: Und das Gebäude?

von Peter: Die bisherige Idee eines gemeinsamen Theaterplatzes, einer Piazza von und für verschiedene Partner wäre dazu der grosse Traum. Das würde auch international viel Aufmerksamkeit bringen, wäre aber vor allem für unsere Region genau das Richtige.

zentralplus: Geht so was denn nicht auch in einem Haus wie dem jetzigen Theatergebäude des Luzerner Theaters?

von Peter: Man kann vieles aus sehr wenig machen. Das sieht man auch am jetzigen Spielplan. Aber dass unser Haus wirklich zu klein ist, dafür steht auch die Box.

zentralplus: Das mögliche Geldgeschenk hat viel losgetreten. Wie haben Sie den Prozess und die Debatten miterlebt?

von Peter: Für mich war vieles komplett neu. Da gab es Initiativen, Diskussionen wurden im Parlament, in den Kulturhäusern und auf der Strasse geführt. Das gibt’s in Deutschland nicht. Da wird ein solches Projekt von oben her angesetzt, und das war’s. Hier hingegen ist dieses «Bottom-up-Prinzip» – diese partnerschaftliche Idee gelebte Praxis. Das ist toll.

«Das Publikum zeigt sich extrem offen.»

zentralplus: Der lokale Kulturtäter und Theaterautor Christoph Fellmann schrieb diesen Mittwoch im Tagesanzeiger: «Die Einigkeit war nur fürs Gruppenfoto: Wer sich in den letzten Monaten in der lokalen Kulturszene bewegte, traf immer wieder auf ranghohe Vertreter nämlicher Institutionen, die sich zu Bier und Salzgebäck von der ‹Salle déplorable› distanzierten.» Was sagen Sie dazu?

von Peter: Naja. Ich kann nicht in jeden aus der Freien Szene reinschauen. Es gab immer auch ein Ringen um das Projekt, mal bei dem einen mehr, mal bei der anderen weniger. Auch ich hatte manchmal Zweifel. Aber die wachsende Annäherung, die habe ich tatsächlich erlebt.

zentralplus: Nun zur neuen Spielzeit: Wie haben Sie angefangen?

von Peter: Ich bin sehr glücklich. «Prometeo» läuft, wir haben schöne Kritiken, überregionale Aufmerksamkeit, und die Leute kaufen die Karten. Das Publikum zeigt sich extrem offen. Etwas eigentlich sehr Hochkulturelles wird einfach und direkt aufgenommen und erlebt. Die Leute legen sich auf die Matrazen im Globe, in unserer «Arche», und lassen sich grossmehrheitlich darauf ein. Das ist der Hammer. Jetzt kommen noch die anderen Premieren, und mit der Open-box geht es richtig los. Ich find’s sehr schön, auch wenn im Haus alle in Arbeit schwimmen. (lacht)

zentralplus: Ist es so extrem?

von Peter: Es geht überall los: Wir hatten das Eröffnungswochenende, jetzt die Open-box, das Globe, in der Viscosi ist schon eingerichtet. Es ist beeindruckend, wie dieses kleine Haus das alles schafft. Von aussen kann man sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, mit wie wenig menschlichen Ressourcen wir das hinkriegen.

zentralplus: Wie sehr sind Sie schon in Luzern angekommen?

von Peter: Nach zwei Jahren Vorplanung ist es gut und beruhigend, jetzt angefangen zu haben. Seit sechs Wochen sind auch alle neuen Mitarbeiter in Luzern, und seit einer Woche, wo ich nicht mehr täglich probe, gehe ich nun jeden Tag in mein Büro. Jetzt kommt das Tagesgeschäft: Es wird strukturiert, sich eingewöhnt, man teilt Aufgaben ein. Und endlich wohne ich auch richtig hier.

zentralplus: Haben Sie sich auch privat eingelebt?

von Peter: So weit bin ich noch gar nicht. Ich muss erst mal den ganzen Betrieb noch besser überschauen und weiter entwickeln. Aber ich habe eine sehr schöne, ruhige Wohnung gefunden. Bis vor ein paar Wochen war ich ja fast immer unterwegs. Jetzt hier zu wohnen und den Anker zu haben, tut mir sehr gut. Gerade wo so viel Verantwortung auf mich zugekommen ist.

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