Yvonne Merz sammelt Luzerner Künstler

Ich geb dir ’nen Erni, gib mir deinen Schärer!

Diese Collage mit Bildern aus ihrem Leben erhielt Yvonne Merz zu ihrem 60. Geburtstag. (Bild: zvg)

Tausende Stunden hat Yvonne Merz bereits dafür investiert, und jede Woche werden es mehr. Merz sammelt Kunst – in verschiedensten Formen –, und seit sie richtig Geld mit Briefmarken gemacht hat, nimmt ihre Sammlung andere Dimensionen an.

Einmal im Jahr ein Besuch im Museum, ein bisschen Street Art in den Ferien – vielen reicht dieser Konsum an Kunst völlig aus. Nicht so der Luzernerin Yvonne Merz. Die 69-Jährige sammelt Kunst – seit Jahrzehnten. Angefangen hat bei ihr aber alles mit einer grossen Leidenschaft für Briefmarken.

Bereits im Kindsalter hat Yvonne Merz Briefmarken gesammelt. Im Büro des Vaters hat sie als fünfjähriges Kind den Papierkorb danach durchforstet. Über 50 Jahre hat sich Yvonne Merz dieser Leidenschaft gewidmet und zahlreiche Ausstellungen mit ihrem Fundus realisiert. Früh interessierte sie sich besonders für Briefmarken, die von Künstlerinnen und Künstlern gestaltet wurden, wie Sondereditionen von Jean Tinguely oder dem Luzerner Claude Sandoz.

Private Kunst, versteckte Kunst

Mit vielen Kunstschaffenden pflegte Yvonne Merz eine Postkarten- und Briefkorrespondenz und das Sammeln der «kleinen Kunstwerke» ermunterte sie schliesslich zum Sammeln von Kunst, die sie auch an die Wände hängen konnte. Und nach dem äusserst erfolgreichen Verkauf ihrer über 50-jährigen Briefmarkensammlung begann sie, immer mehr in Kunstwerke zu investieren und diese in ihrer Privatwohnung aufzustellen. Nun hatte sie auch die Mittel, sich grössere Stücke zu leisten.

Ausstellung

Die Kunsthalle Luzern präsentiert einen Teil von Yvonne Merz's Privatsammlung im Rahmen einer Sommerausstellung ab dem 5. August 2016.

Von den ausgewählten 10 bekannten Künstlern – Rolf Brem, Hans Erni, Godi Hirschi, Gerda Maurer-Naef, Max von Moos, Claude Sandoz, Hans Schärer, Ernst Schurtenberger, Aldo Walker, Rolf Winnewisser – existieren in der Sammlung von Yvonne Merz jeweils mehrere Arbeiten, die auf unterschiedliche Weise in ihren Besitz gelangt sind.

Dazu kommen zahlreiche Arbeiten und Findlinge, welche bisher keinem Künstler zugeordnet werden können.

Tausende Stunden Suche

Seit Jahrzehnten sammelt sie nun schon Kunstobjekte und Gegenstände, die sie in Brockenhäusern, auf Flohmärkten und bei Wohnungsauflösungen findet. Drei-, viermal die Woche sucht Merz auf Märkten und in Brockenhäusern stundenlang nach Objekten für ihre Sammlung. Es müssen tausende Stunden sein, welche sie in die Suche, ins Archivieren und Dokumentieren ihrer Sammlung steckt. Und das alles aus purer Leidenschaft. «Je mehr mein Kunstinteresse wuchs, umso mehr zog mich die Künstlerwelt in ihren Bann. Es begann meistens mit unbekannten ‹Meistern›, die mich faszinierten und über die Jahre zu Bekannten wurden», sagt Merz.

Unter anderem über ihre Tätigkeit im Antiquitätenhandel kam sie in Kontakt mit lokalen Künstlerinnen und Künstlern wie Rolf Brem oder Claude Sandoz. Yvonne Merz hat regelmässig in Kunstankäufe investiert und langjährige Freundschaften mit den Kunstschaffenden aufgebaut. So gelangten auch viele Kunstwerke als Schenkungen in ihren Fundus. Oder es wurde getauscht – wie sie es öfters auch mit Claude Sandoz hielt: «Finanziell war er wie auch ich immer auf der Kippe. Und man hat sich dann gegenseitig mit kleinen Tauschgeschäften ausgeholfen.»

Claude Sandoz und Ernst Schurtenberger. (Bild: zvg)

Objekte von Claude Sandoz und Ernst Schurtenberger an der Ausstellung in der Kunsthalle. (Bild: zvg)

Noch heute bringt Merz Sandoz die Zeitung nach Hause. Dies tat sie früher auch bei Hans Schärer: «Über Jahre, jeden Tag – ausser sonntags –, habe ich ihm die Zeitung gebracht, auch wenn der Pfad zum Haus kniehoch mit Schnee bedeckt war. Als Dankeschön bekam ich immer mal wieder eine Karte mit einem lustigen Spruch oder einer Zeichnung, zum Beispiel einem Hund mit Weinflasche oder einem Hasen mit Bierflasche.»

Die drei Schäfchen vom Hirten

Neben den eigentlichen Kunstwerken besitzt Yvonne Merz daher auch zahlreiche Findlinge wie Postkarten, Dankesschreiben, Ausstellungsflyer, Plakate und so weiter, die als Nebenerscheinung von Ausstellungs- und Kunstproduktion entstanden sind. Und hinter jedem Künstler, jedem Kunstwerk und hinter jeder Postkarte stecken eine persönliche Geschichte und viele Erinnerungen.

Yvonne Merz hat auch Rolf Brem zeitlebens mehrfach im Atelier besucht und besitzt den ikonischen Prototypen von Rolf Brems wohl bekanntester Skulpturengruppe in Luzern, dem «Hirten mit Schafen» vor dem Luzerner Theater. Einfach ohne Hirt. «Auf drei kleine Schäfchen kann ich schon alleine aufpassen», habe sie ihm damals im Atelier gesagt.

Hans Erni und Rolf Brem sind Teil der Ausstellung. (Bild: zvg)

Hans Erni und Rolf Brem sind Teil der Ausstellung. (Bild: zvg)

Zur Sammlerin

Yvonne Merz ist 1947 in Belfaux im Kanton Fribourg geboren worden und aufgewachsen. Ihre Kindheit verbrachte sie in Gossau im Kanton St. Gallen, bevor sie eine Ausbildung als hauswirtschaftliche Betriebsleiterin in Baldegg absolvierte und in verschiedenen Institutionen wie dem Kantonsspital Luzern, dem Kinderspital Zürich, dem Studentenheim Alpenquai Luzern oder im Zürcher Niederdorf im Martahaus arbeitete.

Mit 50 Jahren wagte Merz eine neue Herausforderung und übernahm das Antiquitätengeschäft «Rarités et Brocante» an der Bundesstrasse 13 in Luzern (später an der Klosterstrasse). Dadurch verbesserten sich ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu Kunst und Handel. Zudem kam sie dadurch immer mehr in Kontakt mit lokalen Kunstschaffenden. Im Jahr 2007 hat Merz ihre Philatelie-Sammlung – die sie im Jahr 1952 begonnen hatte – verkauft. Seit ihrer Pensionierung widmet sie sich noch stärker ihrer Kunstsammlung.

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