Zuger Waldstock Open Air mit neuem Präsidenten

Er sorgt für die «Waldstock-Crazyness»

Der neue Präsident ist voller Vorfreude: Tobias Glauser

(Bild: slam)

Es gibt einen «Waldstock-Mythos», gesteht der neue Präsident Tobias Glauser, der dafür sorgt, dass auch dieses Mal rund Tausend Zuger ans Waldstock Open Air pilgern werden. Nach zehn Jahren übernimmt er das Amt und die Verantwortung für rund 300 freiwillige Helfer. Für viele wird es das letzte Mal … oder doch nicht?

Das Waldstock-Open-Air-Spektakel bleibt wohl ein Mythos, auch für die rund Tausend Zugerinnen und Zuger, die vom 29. bis 31. Juli wieder in Strömen nach Steinhausen pilgern werden. Die Vorverkaufskassen sind wie immer zum Bersten voll. Von Gipsy Jazz (Extrafish) bis Afropunk Brass (Wombo Orchestra) und Singer-Songwriter Pop (Jake Isaac) wird vieles geboten. Wir sprachen mit dem neu gewählten Präsidenten, Tobias Glauser, der das Amt von Ivo Achermann übernimmt. Der frischgebackene Präsident erklärt, weshalb das Waldstock einzigartig ist und wie es zum Spektakel-Mythos kam.

zentralplus: Du kennst das Festival bestimmt von der Wiege auf.

Tobias Glauser: Ja, angefangen hat alles mit ein paar Freunden, die im Garten eine Film-Leinwand aufstellten. Später wurde irgendeine Band dazugeholt. Weil immer mehr Freunde wiederum andere Freunde einluden, wurde es bald zu eng und man musste aus dem Garten raus. Am Waldrand beim Vogelrain in Steinhausen wurde man schliesslich fündig und der Rest ist Geschichte.

zentralplus: Was macht das Waldstock zum Spektakel?

Glauser: Die Grundpfeiler des Waldstocks sind für mich: unterschiedliche Zielpublika vom Kind bis zum Rentner, ein vielseitiges Programm und der Entdeckergeist mit Bauten, die jedes Jahr neu sind. Dies alles trägt zu einer sehr speziellen und schwer zu beschreibenden Atmosphäre bei. Bei 300 Helfern für das Wochenende bleibt es zwei Wochen lang ein spontaner und kreativer Prozess, was sehr wichtig ist. Die Teams bereiten ihre Konzepte vor, doch sobald der Spass losgeht (gemeint ist die Aufbauarbeit) und die Leute dort oben auf der Festivalwiese stehen, kommt dieser kreative Spirit vom Bauen und Arbeiten auf und es kommen unzählige spontane Ideen dazu, dieses Jahr unter dem Motto «Zeit(-los/-reise)».

Highlights 2016

Musikalische Leckerbissen wie die Schweizer Gipsy-Jazzer-Swinger von Extrafish, Humanoids (Rock) und Weibello (Rap) aus Zug gesellen sich zu internationalen Main Acts wie Jake Isaac (Singer-Songwriter/Soul/Pop) aus England oder den mexikanischen Los de Abajo (Ska Punk). Das farbenfrohe Programm ist auch in bester filmischer Begleitung mit Titeln wie «The True Cost» (Dokumentation, 2015, FR) oder «Grand Budapest Hotel» (2015, USA).

zentralplus: Versuchen sich die Teams mit ihren 300 Helfern auch gegenseitig zu übertreffen?

Glauser: Die Teams inspirieren sich und spornen sich gegenseitig sicher an, oftmals auch, was das Bauen in die Höhe angeht. Konkurrenzkampf gibt es aber nur, wenn das Material knapp wird, zwei Tage vor Ende des Aufbaus. (lacht)

«Leute sagen oft, es wäre ihr letztes Jahr und dann, wenn’s wieder an die Planung geht und darum, kreative Ideen auszuarbeiten, sind alle trotzdem wieder dabei und vom Virus angesteckt.»

Tobias Glauser, OK-Präsident

zentralplus: Sind auch Fachleute dabei?

Glauser: Fachleute aus den verschiedensten Bereichen sind in allen Teams dabei. Die Bauten werden auch von Spezialisten begutachtet und von den Behörden abgenommen. Beim Belastungstest wird es dann jeweils richtig lustig, wenn an die 40 Helfer vor Ort die Stabilität der Bauten testen, indem sie darauf herumspringen. Wenn sich nichts verschiebt auf der Plattform, können wir beruhigt schlafen.

Klasse statt Masse. Das Waldstock bleibt nichtkommerziell.

(Bild: waldstock)

zentralplus: Ivo Achermann hat dir gerade seinen Posten als Präsident sowie Marketing und PR überlassen. Warst du darauf gefasst?

Glauser: Ich bin schon mindestens 10 Jahre dabei, damals bin ich bei der Cuba-Bar ins Team reingerutscht. Dann kam Ivo auf mich zu für die Medienarbeit und ich habe das jetzt vier Jahre gemacht. Irgendwann wollte Ivo etwas kürzer treten und neuen Wind in die Sache bringen. So hat er letztes Festival begonnen, mich in sein Ressort einzuarbeiten und dieses Jahr habe ich mich nun auch erstmals um die Vorbereitungen gekümmert. Das Team ist aber mittlerweile so eingespielt, dass dies gar nicht mehr so ein grosser Aufwand ist. Ivos Erfahrung und sein Rat sind aber immer noch sehr wertvoll und wir sprechen uns bei praktisch allem ab. Er ist eher der ruhige Pol und ich derjenige, der eifrig herumrennt. Die Chemie stimmt also zwischen uns.

«Für viele Leute ist der Besuch des Waldstocks zur Selbstverständlichkeit geworden, wie ein Mythos.»

Tobias Glauser

zentralplus: Hat sich die Programmierung während all den Jahren verändert?

Glauser: Das Programm trägt immer die Handschrift des jeweiligen Verantwortlichen. Seit einiger Zeit macht dies Beno Staub. Er flösst dem Ganzen sein individuelles Konzept ein: Es sind immer besondere Farbtupfer dabei, die die nötige Waldstock-Crazyness beinhalten. Lokale und internationale Bands sind eigentlich immer dabei sowie unbekannte Acts, die es zu entdecken gibt.

zentralplus: Ist das Programm eigentlich egal? Es scheint, als kämen die meisten Zuger nicht deshalb ans Open Air.

Glauser: Es gibt Bands, wo die Leute sagen: «Die mussten ja hier spielen, das ist doch typisch Waldstock!». Der Ticketverkauf hängt aber nicht nur vom Programm ab. Ich glaube, es ist die besondere Atmosphäre des Entdeckens und des Originellen, welche die Leute anzieht. Gewisse Highlights im Programm ziehen jedoch sicher auch. Das funktioniert besonders beim älteren Publikum. Im Mittelpunkt steht aber das Zusammenkommen, teilweise von Leuten, die sich schon lange nicht mehr gesehen haben oder sich einfach einmal im Jahr wieder treffen wollen. Dann heisst es, drei Tage in diesem besonderen Raum Verweilen und Rumträumen. Man hört oft Besucher sagen: «Ich kenne zwar niemanden auf dem Programm, aber ich weiss, es wird gut. Das war’s bis jetzt immer.»

zentralplus: Hast du etwas Vergleichbares wie das Waldstock schon einmal gesehen?

Glauser: Ich persönlich kenne nichts, das vergleichbar wäre. Vielleicht ähnlich dekoriert, das etwas verrückte Tomorrow-Land, natürlich in einem krass grösseren Stil. Das hat aber ein ganz anderes Budget, eine andere kommerzielle Aufmachung. Für Schweizer Festivals ist unseres sicher einzigartig. Eine bestimmte Lagerfeuerstimmung und die Unkompliziertheit sind sehr wichtig. Auch das Anstehen für ein Bier erscheint in der stressfreien Atmosphäre relaxter und weniger mühsam als an grossen Open-Air-Events. Die Menschen verhalten sich an diesem Ort anders als sonst. Ich habe in all den Jahren noch nie grössere Auseinandersetzungen oder Probleme zwischen den Leuten dort erlebt.

zentralplus: Seid ihr eher soziales Netzwerk als Event geworden, etwas, das die Leute aus der Umgebung miteinander verbindet?

«Ein, zwei Konzerte während dem Jahr wurden neu ins Konzept aufgenommen und lassen den kreativen Spirit aufleben.»

Tobias Glauser

Glauser: Für viele Leute ist der Besuch des Waldstocks zur Selbstverständlichkeit geworden, wie ein Mythos. Man hat sich’s eingeschrieben in die Agenda, immer um den 1. August herum, und man muss gar nicht viel darüber sprechen. Woher die immer wieder neuen Besucher von überall her kommen, weiss niemand von uns. Es gibt Leute, die kommen, um die ganze Nacht durchzufeiern, andere wiederum trinken zusammen gemütlich eine Flasche Wein und gehen nach dem Schauen eines Films wieder nach Hause. Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel drei Familienväter mit ihren Kindern vor Ort, die dann super viel Spass hatten. Solche Dinge überraschen mich immer wieder. Oder mein polnischer Kumpel, dem ich vom Waldstock erzählt hatte und der mich vor zwei Tagen anrief und meinte, er komme in die Schweiz für das Festival und den Aufbau. Da war er schon gebucht. (lacht)

zentralplus: Bleibt das Waldstock, wie es ist? Auch der Eintrittspreis ist seit jeher gleich geblieben.

Glauser: Absolut, das Nicht-teurer-Werden ist sehr wichtig. Das Waldstock hat seine maximale Grösse erreicht, was für uns super ist. Diese erlaubt uns noch, den Charme und die Atmosphäre beizubehalten. Trotz der Grösse haben wir noch immer mehrheitlich lokale Lieferanten und Partner. Vielleicht kostet es mehr, aber dafür kennt und schätzt man sich. Das Marketingbudget reicht für gewisse Dinge, wir nutzen das Geld aber dann lieber für eine grössere Freiheit beim Dekorieren und beim Programm. Wir investieren eher viel Zeit in internes Marketing, wenn wir Helfer suchen, die das Ganze jedes Jahr stemmen. Das ist die grössere Herausforderung.

zentralplus: Du bist selber schon lange dabei. Wird man süchtig nach dem Spektakel?

Glauser: Leute sagen oft, es wäre ihr letztes Jahr und dann, wenn’s wieder an die Planung geht und darum, kreative Ideen auszuarbeiten, sind alle trotzdem wieder dabei und vom Virus angesteckt. Sie wollen unbedingt nochmals die eine Bar-Deko machen oder die Bands betreuen. Es ist definitiv ein positiver Suchtfaktor dabei. Loslassen ist echt schwierig und viele nehmen extra frei, um mitzuhelfen.

zentralplus: Gibt es Tiefpunkte während den Vorbereitungen?

Glauser: Mitte Woche, bevor’s losgeht, gibt es manchmal das bekannte Zwischentief, vor allem, wenn irgendwo etwas gerade nicht läuft. Dinge wie das Feuerverbot im letzten Jahr zeigen jedoch wieder, dass das Team immer voll bereit ist. Die vielen Beziehungen untereinander und mit allen Leuten rundherum machen es auch erstaunlich flexibel und effizient.

zentralplus: Was ist die grösste Herausforderung fürs Team?

Glauser: Wenn alles rundherum sich verändert, wird es zur Herausforderung, nicht jedem Trend zu verfallen und den eigenen Charme und Charakter zu bewahren. Man bietet den Leuten so auch eine Konstante. Meine Vorgänger haben das Waldstock super aufgebaut und es liegt an uns, das weiterzuführen. Sehr viele Details, kleinere Überraschungen und Entdeckungen: Darin steckt die grösste Attraktion des Waldstocks. Frischer Wind kommt jedoch schon auch. Ein, zwei Konzerte während dem Jahr im Namen des Waldstocks sind neu und lassen den Waldstock-Geist aufleben.

zentralplus: Die schönsten Momente?

Glauser: Der eine ist der Gang durchs Gelände, wenn alles ruhig und fertig aufgebaut ist, kurz vor Öffnung. Der zweite, wenn alles voll ist und alle von der Atmosphäre völlig absorbiert sind.

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