Der Stadt-Land-Graben der Kultur

«Städter, schaut: Auch hier läuft was!»

Urbane Kultur gegen die ländliche – das ist kein so grosser Unterschied, wie es oftmals scheint, sagt Marco Sieber vom Verein Kulturlandschaft Luzern. (Bild: Montage tkre)

Auf dem Land, da besteht Kultur bloss aus Cover-Bands, Trachten und Lotto-Abenden. So die Meinung vieler Luzerner, die Konzerte und Theater lieber in der Stadt besuchen und das Land Land sein lassen. Hier setzt der Verein Kulturlandschaft an – für mehr Vielfalt und gegen die Reisefaulheit aller Luzerner.

«Der Stadt-Land-Graben vertieft sich» – eine These, die seit den Wahlen zahlreiche politische Artikel dominiert. Doch dieser Graben ist nicht nur in der Politik Thema. Auch in der Kultur besteht er schon lange.

Der Verein Kulturlandschaft Luzern setzt sich nun bereits seit rund fünfzehn Jahren für eine lebendige Kultur ausserhalb der Stadt Luzern ein. 21 Kulturveranstalter sind mittlerweile Teil der Gemeinschaft, welche Ende Oktober die Tage der Kulturlandschaft organisiert.

Sprachrohr für Kultur auf dem Land

«Die Eröffnung und das erste Wochenende gingen sehr gut über die Bühne», freut sich der Präsident des Vereins, Marco Sieber. Der selbstständige Fotograf und Kulturschaffende ist auch als Leiter des «Kulturkellers im Schtei» in Sempach tätig.

Grosse Auswahl Ende Oktober

Die Tage der Kulturlandschaft finden vom 23. Oktober bis zum 1. November in diversen Kulturhäusern im Kanton Luzern statt. Ganze 14 Veranstaltungen stehen am zweiten Wochenende noch zur Auswahl.

So ist Sieber als Veranstalter selbst eine Mischung aus Stadt- und Landkind. Der Kanton Luzern sei eigentlich sowieso zu klein für einen Stadt-Land-Graben, findet er. Es sei alles so nahe und gut erschlossen, dass man sich ganz einfach etwas ausserhalb der Stadt anschauen könne. «Wir setzen uns für Veranstalter auf dem Land ein. Geben diesen eine Stimme in der Politik, lobbyieren für sie und versuchen die Wahrnehmung dieser Orte zu verbessern.» Und dies funktioniere immer besser. «Wir haben als ‹Sprachrohr› durch den Mitgliederzuwachs der letzten Jahre immer mehr Gewicht bekommen», so Sieber.

«Ich wundere mich oft darüber, wie schwer sich Städter tun, mal den Arsch zu heben.»
Pirmin Bossart, Kulturjournalist

Der Verein fasst Veranstalter professioneller Kultur im Kanton Luzern zusammen. «Dabei geht es um ganz unterschiedliche Häuser und Veranstalter. Da gehören Konzerthäuser, Kleintheater, Galerien oder Museen dazu.» Laienkultur und Vereinsleben sind kein Thema. «Das ist zwar sehr wohl auch Kultur, und in der Stadt wie auch auf dem Land vertreten und gut besucht. Aber hier geht es um andere Interessen.» Der Verein Kulturlandschaft setzt sich klar für die professionelle Kultur auf dem Land ein.

Kultur statt Energie tanken

In der Programmzeitung der Kulturlandschaft kommen in diesem Jahr Politiker, Künstler und Journalisten zu Wort. Der Luzerner Kulturjournalist Pirmin Bossart wird zitiert: «Ich wundere mich oft darüber, wie schwer sich Städter tun, mal den Arsch zu heben für eine kulturelle Veranstaltung, die 18 oder 33 Minuten Fahrzeit entfernt in einem Dorf stattfindet.»

«Wieso nicht auch mal aufs Land, um Kultur zu tanken?»
Irene Brügger alias Frölein Da Capo

Tatsächlich hört man von Veranstaltern aus Sempach, Sursee oder Hochdorf immer wieder, dass die Städter sich mit Besuchen in ländlichen Kulturhäusern zurückhalten. Auch Irene Brügger alias Frölein Da Capo argumentiert deshalb für den Verein. «Seit jeher reist der Mensch aufs Land – um Energie zu tanken … wieso nicht auch mal aufs Land, um Kultur zu tanken?»

Man rufe natürlich «Städter, schaut: Auch hier läuft was!», aber nicht nur die Städter könnten sich etwas mehr bewegen, so Sieber. «Wir sagen auch: Surseer, schaut, was in Willisau oder Hitzkirch passiert. Wir wollen auch die Leute in den ländlichen Gebieten dazu bewegen, sich nicht nur im eigenen Wohnort oder in Richtung Stadt zu orientieren, sondern auch die Kultur in anderen Dörfern und Städtchen wahrzunehmen und zu besuchen.»

In einem Plädoyer für die Kulturlandschaft spricht die Satirikerin Olga Tucek davon, Kultur zu geniessen «fernab pseudo-urbaner Hipstercoolness». Tucek  schreibt: «In Zeiten grassierender ‹Eventitis›, wo einem in Zelten, die vorgeben, Theater zu sein, lauwarme Comedycüpli serviert werden, sind für mich Spielstätten auf der Landschaft zu Zufluchtsorten geworden.»

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