Andreas Gröber geht, was nun?

Die Chollerhalle aufgeben? «Das wäre eine Schande»

Zurück zu den Wurzeln: Nach der Rücktrittserklärung von Andreas Gröber braucht es neue Ideen fürs Konzerthaus im Choller. (Bild: zvg)

Das Haus sei zu gross für Zug, sagt der scheidende Intendant der Chollerhalle. Das Dilemma zwischen Kohle und Kultur könne keiner lösen, sagt der Chef der IG Kultur. Was ist dann die Zukunft des Hauses?

Schon wieder geht ein Intendant des Zuger Konzerthauses. Ziemlich mitgenommen ist er noch dazu (zentral+ berichtete). Was läuft da schief? Der scheidende Intendant Andreas Gröber sagt, das Haus sei für Zug zu gross. Aber hat die Chollerhalle tatsächlich ein strukturelles Problem? Nein, sagt Christoph Balmer, der Präsident der Interessengemeinschaft Kultur Zug. «Sie steckt aber im Dilemma zwischen ökonomischen Ansprüchen und kulturellen Notwendigkeiten.»

Sein Verein hatte damals die Chollerhalle überhaupt erst gegründet, als Ersatz für die ehemalige Spinnihalle. Der Verein Chollerhalle, der heute die Geschicke des Hauses leitet, ist ein Spinoff der IG Kultur. Der Grundstein der Zuger Kulturhalle liegt also hier.

Und es ist Zeit für eine Rückblende: «Die Spinnihalle war natürlich ganz anders aufgestellt», sagt Balmer. «Das war ein alternativer Raum für Kultur. Da konnten Künstler auch mal für zwei Wochen die ganze Halle mieten, zum Proben.»

Typische Pionierphase

In der Spinnihalle hatte sich die Zuger Tanzszene aufgebaut, hatte sich auch eine Musikszene rund um den Verein «Werkstatt für improvisierte Musik» gebildet, im «Spinni-Spot» wurde interdisziplinäre Kultur entwickelt. Die Spinnihalle war ein Labor, gegründet aus Enthusiasmus und mit künstlerischem Spielraum. «Wir konnten das damals mit grösseren Konzerten alles finanzieren. Aber wir haben vor Ort auch viel mehr ehrenamtliche Arbeit geleistet, als heute möglich ist. Es war eine typische Pionierphase.»

Die Chollerhalle ist dagegen ein hochprofessioneller Betrieb, ein Kulturhaus mit Gewicht, aber offenbar auch eines mit grossen Problemen. Ist das Ganze einfach zu gross geworden, zu professionell? «Nein», sagt Balmer, es sei die Umgebung, die sich verändert habe.

«Die Bedingungen sind ganz anders heute. Die Kulturszene konzentriert sich in Zürich. Alles geht in diese Stadt. Auch in Basel und Bern klingt es nicht anders. Zudem sind die Konzerte nicht annähernd so gut besucht wie früher. Nicht mal mehr die Rolling Stones füllen das Stadium.»

«Back to the roots»

Vor diesem Hintergrund sei es nahezu unmöglich geworden, mit Konzerten das Geld zu verdienen, um einen alternativen Kulturraum zu ermöglichen. Das ist Gröber nun zu viel geworden. «Es kann kein Geschäftsleiter der Chollerhalle das Dilemma zwischen kulturellem und  kommerziellem Anspruch überwinden», sagt Balmer.

Aber was könnte dann die Zukunft der Chollerhalle sein? Soll Zug das Haus aufgeben? «Auf keinen Fall», sagt Balmer. «Das wäre eine Schande. Ich sage, back to the roots.»

Die Chollerhalle müsse wieder mehr in Richtung alternativer Kulturraum gehen. «Und es müssen Modelle entwickelt werden, wie das organisatorisch, mit Sponsoren und mit Unterstützung der öffentlichen Hand erreicht werden kann, um den ökonomischen Druck wieder zu verringern.»

«Jetzt muss man den Kopf lüften und ihn für neue Ideen öffnen»

Aldo Caviezel, Leiter Amt für Kultur des Kantons Zug

Das sieht auch Aldo Caviezel so, der Leiter des Amts für Kultur des Kantons. «Die Chollerhalle wird vielleicht etwas wegkommen müssen vom Konzept des Gastspiels. Mit Konzerten mit künstlerischem Anspruch lässt sich in diesem Rahmen schlicht kein Geld mehr verdienen – und, dass die Chollerhalle mittels sinnbefreiten Grossveranstaltungen zur trivialen Partyhütte verkommt, nur damit sie Einnahmen generiert, war nie Sinn und Zweck des Unterfangens.»

«Kopf lüften»

Auch Caviezel findet, die Chollerhalle sei nicht grundsätzlich falsch angelegt. Sie müsse aber zurückfinden zur ursprünglichen Ausrichtung. «Man muss jetzt einen Schritt zurück machen und schauen, wie sich die Bedürfnisse in Zug und der Zentralschweiz entwickelt haben. Den Kopf lüften und ihn für neue Ideen öffnen.»

Man müsse jetzt gewachsene Strukturen, Inhalte und Schwerpunkte überdenken und auf bestehende Bedürfnisse der Region eingehen, die nicht oder zu wenig bedient würden, sagt Caviezel. «Ein stark ausgewiesenes Bedürfnis des Zentralschweizer Kulturschaffens sind zum Beispiel großflächige Produktionsräume für die Entwicklung von Theater-, Tanz- oder Filmproduktionen.»

Nachfolger als Freelancer?

Dabei könnte es auch wichtig werden, die Vereine ins Boot zu holen, sagt Caviezel. «Die Halle ist der einzige Ort im Kanton Zug, in dem lokale Vereine keine oder punktuell kleine Sonderkonditionen erhalten.» Die Chollerhalle gehört der privaten AG Chollerhalle, die die Halle zu guten Konditionen an den Verein Chollerhalle vermietet. Trotzdem sei diese Miete auch zur Knacknuss geworden, sagt Gröber (zentral+ berichtete). «Da könnte man ansetzen um Lösungen zu finden», sagt Caviezel.  

«Ein weiterer Ansatz könnte die Geografie bieten: Die unmittelbare Nähe zum Kulturzentrum Galvanik bietet Synergiepotential, von dem beide Trägerschaften und Betriebe profitieren.» Der Dialog zwischen der öffentlichen Hand und dem Verein Chollerhalle sei offen und transparent, «Wir unterstützen den aktuellen Prozess beratend und konstruktiv zusammen mit der Stadt Zug und der Gemeinde Baar.»

Zurück zu den Wurzeln, hiesse das aber auch zurück zu mehr Ehrenamtlichkeit, zu einer weniger professionellen Ausrichtung? «Man könnte sich vielleicht auch vorstellen, einen Nachfolger für Andreas Gröber auf Freelance-Basis zu finden», sagt IG-Kultur-Chef Balmer. Wird es aber überhaupt möglich sein, jemanden zu finden? Gröber hat sich an den Umständen aufgerieben. «Ich bin überzeugt, dass der Verein Chollerhalle eine Lösung finden wird», sagt Balmer.

 

 

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