Musiker sauer wegen Inserat von «Bodu»

Shitstorm gegen Luzerner Kult-Lokal

Viele Musiker regten sich nach dem Inserat der Luzerner Brasserie Bodu öffentlich auf. (Bild: fotalia)

Zu Beginn der Woche löste die bekannte Brasserie Bodu einen medialen Shitstorm aus. Mit einem Inserat hat sich das Lokal den Zorn einiger Musiker zugezogen – und das nicht nur aus der Schweiz. Der Geschäftsführer versteht den Aufruhr nicht, findet jedoch auch, er habe aus der Situation gelernt.

«Dieser Shitstorm hat uns aufgezeigt, wie schnell im Internetzeitalter aus etwas Positivem Negatives werden kann», sagt Inhaber Samuel Vörös nun, wo es wieder ruhiger um die Brasserie Bodu geworden ist.

Anfang der Woche wurde es für das Luzerner Lokal mit 13 Gault Millau Punkten ungemütlich. Denn nach einem Inserat (siehe Bild unten), geteilt durch die Facebookgruppe «Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen & Auditionserlebnisse», hatten sich hunderte von Personen geärgert. Über 145 Mal wurde der Post geteilt. Mehrere hundert Kommentare griffen die Brasserie dabei an.

Die Kommentatoren nahmen kein Blatt vor den Mund und liessen ihrem Ärger freien Lauf:

Vörös sagt, er war sehr erstaunt. «Ich finde die Reaktionen absolut übertrieben und in dem Masse unverständlich.» Es sei vor allem Schade, denn sie hätten den Auszubildenden etwas bieten wollen. «Wir wollten eine Plattform für Studenten, also nicht ausgebildete Musiker, bieten. Und wir wollten uns durch die Musiker auch nicht bereichern.» Die Idee sei auch mit der Musikhochschule besprochen worden, und von deren Seite seien keine Bedenken geäussert worden.

Als schöne Idee gedacht

Begonnen hatte alles mit einer «Bieridee», schrieb Vörös in einer öffentlichen Antwort auf Facebook: «Eines Abends, zusammen bei einem Glas Wein, hatten wir eine Idee – sie mag ignorant gewesen sein, in Unkenntnis Eurer Branche: an einem der schönsten Orte in Luzern eine spannende Plattform für angehende Profimusiker zu bieten. Eine schöne Idee, dachten wir, ohne kommerziellen Gedanken und Nutzen unsererseits, da unsere Brasserie so oder so meist täglich voll belegt ist.»

Die Antwort beziehungsweise Entschuldigung von Vörös wurde jedoch nicht von allen angenommen. «Da fällt uns nur eines ein: Lieber aufrichtige Arroganz als falsche Bescheidenheit …», kommentiert die Gruppe bereits direkt. Doch allgemein beruhigte sich die Diskussion unmittelbar, so Vörös: «Die Mails hörten auf, und bei den Kommentatoren wurde es nach unserer Stellungnahme ausgeglichener.»

Jetzt wo es vorbei ist, ärgere ihn vor allem, dass man sich in einem solchen Moment gar nicht mehr wehren könne. «Es urteilen 17’000 Leute, viele davon aus anderen Gründen frustiert, ohne die Hintergründe zu kennen und ohne sich die Sichtweise der anderen Partei anzuhören.»

Nicht mit Mahlzeit abspeisen lassen

Martin Schüssler, Leiter Aus- und Weiterbildung der Hochschule Luzern – Musik, betont jedoch: «Grundsätzlich kann jeder Konzertveranstalter über das Schwarze Brett bei uns nach Musikern suchen. Und jeder Musiker, jede Musikerin kann für sich entscheiden, ob sie oder er ein Angebot annehmen möchte oder nicht. Aber selbstverständlich erwarten wir, dass Studierende adäquat für ihre Leistungen honoriert werden. Es ist daher meine Auffassung, dass sich Studierende nicht mit einer Mahlzeit als Gegenwert für ihre künstlerische Leistung abspeisen lassen sollten.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Stoph Ruckli
    Stoph Ruckli, 03.05.2015, 14:48 Uhr

    Geschätzter Herr Moser, geschätzte Gleichdenkende

    «Klein muss anfangen, was einmal gedeihen soll». Mit diesen abgewandelten, geflügelten Worten möchte ich meine Gedankengänge beginnen. Ich lasse Sie alle gerne daran teilhaben.

    Nein, ernsthaft jetzt: Mir kommt die Galle hoch, wenn ich solche Aussagen lese. Sind Sie sich denn eigentlich bewusst, was im Hintergrund einer Musikausbildung an Kosten entstehen? Tausende Franken für Studiengebühren, für ein Instrument, unzählige Übestunden, die nicht verrechnet werden und schon im Vorfeld – vor dem eigentlichen Studium – Unterrichtseinheiten an Musikschulen, um nur einige Faktoren aufzuzählen. Wie soll ich das mit «Naturallohn» bezahlen? Da nehme ich lieber die 60 Franken in bar und kaufe mir im Coop ein Sandwich.

    Das Angebot der Brasserie Bodu ist, als würde ein Schreinerlehrling mit bereits ordentlichen Fähigkeiten in der Ausbildung einen sehr guten Stuhl bauen und diesen dann für ein Mittagessen raushauen – «jeder fängt mal klein an», nicht wahr? Nur WIE klein, das ist hier die Frage. Diesbezüglich Vergleiche anzustellen mit Yehudi Menuhin oder Anne-SoPHie Mutter ist ein Witz. Das sind Relationen im Stile «ein guter Schreiner» versus Michael Thonet. Im Endeffekt bieten Ihnen aber beide Leistungen, die die Ansprüche erfüllen.

    Ich stehe zudem sicher nicht vor mein Publikum und «nutze die gute Gelegenheit, um eine Runde zu üben» (so gelesen bei jemanden, der ähnlich denkt wie Sie); nein, ich leiste mein Bestes, um den Zuhörern ein Spektakel zu bieten, welches bewusst macht, dass man nicht immer ins KKL rennen muss, um richtig gute Musik hören zu dürfen. Und wenn es «nur» darum geht, eine Mahlzeit zu umrahmen. Das bin ich dem Privileg, Musik machen zu dürfen, STUDIEREN zu dürfen und damit verbunden der Ausbildung einfach schuldig.

    Wenn Sie also weiterhin Musikliebhaber bleiben wollen, sollten Sie sich Ihre Gedankengänge gut überlegen. Denn ansonsten werden Sie bald einmal nur noch die für ganz grossen Namen richtig viel Geld hinblättern dürfen, weil die (für mich) ohnehin viel spannenderen Anlässe im kleinen Rahmen verschwunden sind, da die Musiker und Musikerinnen sich diese gar nicht mehr leisten können.

    Zur Brasserie Bodu noch folgender Gedankengang: Ich nenne das Angebot dieses vermögenden Betriebs «Musik-Dumping». Vermutlich wären wieder ein paar Musikprostituierte angezogen worden, die sich unter ihrem Wert verkauft und der Einstellung von Vörös und Co. recht gegeben hätten. Von dem her ist es nur gut und recht, dass besser gar nichts stattfindet. So wird dieses mühsame Denken noch eher ausgerottet. Meine konstruktive Empfehlung: Weiterhin gutes Essen anbieten und das Organisieren von Musik den Profis mit der richtigen Einstellung überlassen.

    Freundliche Grüsse
    Christoph Ruckli
    Musikstudent, Musikjournalist, Musiktexter, Musikorganisator, Musikfanatiker

    PS: Ich bin mir bewusst, dass diese Aussagen bei Ihnen allen vermutlich ein Tropfen auf den heissen Stein sein werden. Aber ein Statement war schon lange überfällig. Hier ist es.

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  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 02.05.2015, 13:46 Uhr

    Sehr geehrter Herr Schüssler,
    Klein muss anfangen was einmal gedeihen soll… Mit diesem abgewandelten geflügelten Wort möchte ich meinen Gedankengang beginnen. Ich lasse Sie gerne daran teilhaben. Ich kann in dem Inserat der Brasserie Bodu absolut kein Negativum erkennen. Herr Vörös sagt ganz einfach, ich biete eine Plattform an, auf der sich Musikstudenten einen Namen erarbeiten können. Er bietet für diese Dienste einen Verköstigungs- Gutschein in der Höhe von 60 SFr. an. Erst einmal ist diese Offerte ein ganz normaler Vorgang. Es wird um eine Leistung angefragt und als Lohn erhält der Student die Möglichkeit sich während der Auftrittspausen zu verköstigen (Naturallohn). Also ich weiss nicht welche Vorstellungen Sie von ihren Studenten haben. Also ich glaube kaum, dass da bereits Leute mit einem Können eines Yehudi Menuhin oder einer Anne Sofie Mutter die Schulbank drücken. Zudem sollte man nicht den Stundenansatz eines Studenten mit dem Stundenansatz eines Musikers am Stadttheater Luzern vergleichen. Dieser Vergleich hinkt nämlich ganz gewaltig. Im Prinzip muss auch ein Student erst mal kleine Brötchen backen, oder leben ihre Studenten nach dem Prinzip: Bescheidenheit ist eine Zier, doch besser kommt man ohne ihr? Ein bisschen Bescheidenheit hätte da wohl besser die Wogen geglättet als der Aufschrei. Jetzt hat Herr Vörös das Angebot erst einmal zurückgezogen. Eine Chance ist vertan. Herrn Vörös gratuliere ich zu der Konsequenz, sich dem Aufschrei nicht zu beugen.
    Herrn Schüssler an Sie vielleicht die Bitte, bitte lernen sie ihre Studenten nicht nur musikalisch den richtigen Ton zu treffen, sondern auch menschlich weniger mit «forte» zu spielen. Ein «piano» oder gar «pianissimo» klingt in den menschlichen Ohren sehr oft angenehmer. Vor allem ein «pianissimo» zwingt die Menschen zum hinhören.
    Mit freundlichen Grüssen
    Marc Moser
    Musikliebhaber

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