50 Fragen an Tobi Gmür

Von Beat Schlatter zur Mundart gedrängt

Tobi Gmür spielt nicht nur gerne auf der Bühne, sondern auch im Bleicher-Pärkli in Luzern. (Bild: Zeline Odermatt)

Er macht seit 25 Jahren Musik und jeder in der Region kennt ihn als Frontman der Band Mother’s Pride. Nun ist der Luzerner Tobi Gmür auf Solopfaden unterwegs und will mit seinem ersten Mundart-Album «Sincerely, T. Gmür» den Durchbruch schaffen. Im 50 Fragen-Interview erzählt der 41-Jährige von seinem peinlichsten Auftritt, weshalb es ohne Musik nicht geht und wen er wählt.

Wir treffen uns an einem sonnigen Tag im Neubad. Draussen sind alle Plätze besetzt, weshalb es uns nach drinnen zieht. Er bestellt ein Café Creme und er redet kurz mit der Barfrau über seinen Musikvideodreh vom Tag zuvor auf dem Rathausquai. Sie war zufällig dort und wird nun auch im Video zu sehen sein. Gmür erklärt mir das Konzept: Er hat Passanten Kopfhörer gegeben und ihre Reaktionen auf sein neues Album gefilmt. Wir bekommen unsere Getränke, setzen uns in eine ruhige Ecke und schon geht es los mit der ersten Frage.

zentral+: 1. Du hattest gerade erst deine Plattentaufe im Südpol. Hast du überhaupt noch Lampenfieber vor einem Konzert?
Tobi Gmür: Oh ja, sehr sogar. Vor Heimspielen bin ich am meisten nervös, weil ich die Leute im Publikum kenne. Er nimmt einen schnellen Schluck von seinem Kaffee.

2. Was ist dein Vor-dem-Konzert-Ritual?
Ich habe kein konkretes Ritual. Ich singe aber gerne zusammen mit der Band eine halbe Stunde vorher noch ein paar Refrains in der Garderobe.

3. Was war dein schlimmster Auftritt?
Oh, da fällt mir gerade einer ein. Es ist zum Glück schon sehr lange her. Das war 1991 in der «Boa Bar». Es war das einzige Mal, dass ich betrunken gespielt habe. Ich meinte, ich sei super, aber ich war der Einzige, der das so gesehen hat. Ich habe mein T-Shirt ausgezogen und oben ohne gespielt. Es war sehr peinlich, aber mit knapp 20 darf man das vielleicht noch. Er lacht. Ich habe den Auftritt ganz schlimm in Erinnerung.

4. Wie fühlt es sich an, als Solokünstler aufzutreten, im Gegensatz zu einer Performance mit Mother’s Pride?
Man ist für alles alleine verantwortlich und es ist das Vorher und Nachher, das den Unterschied ausmacht. Nachher geht man alleine an den CD-Stand zum CD’s verkaufen und vorher mussten das alle zusammen machen. Er lacht.

5. Was möchtest du mit dieser Platte erreichen?
Ich habe eigentlich immer die Hoffnung, dass das aktuelle Album besser läuft als das vorherige. Aber bei diesem ist es schon das Ziel, dass ich meine Hörerschaft in der Deutschschweiz ausbauen kann. Einfach weil es jetzt zugänglicher ist für Leute, die uns vorher nicht so wahrgenommen haben.

6. Du hast 25 Jahre auf Englisch gesungen. Wieso jetzt Mundart?
Die Idee ist schon seit Längerem an mich herangetragen worden. Zum Beispiel von Beat Schlatter. Er hat immer gesagt, ich solle es versuchen und mich fast ein bisschen dazu gedrängt. Für das Projekt aus der FCL-Fanszene «Open Minded Riot Crew» habe ich zudem auf Schweizerdeutsch gesungen. Da habe ich gemerkt, dass ich das noch gerne mache.

7. Hattest du grössere Schwierigkeiten mit dem Schreiben auf Mundart als auf Englisch?
Ja, lustigerweise schon. Ich habe es auch irgendwie geahnt und deshalb immer hinausgeschoben. Es gibt in der Schweiz wenige Mundartbands oder -künstler, bei denen ich wirklich glaube, was sie singen. Oftmals wirkt es belanglos. Es geht um Schnee und Schokolade, bei mir geht es eher um Gras und ums tägliche Brot. Ausserdem kann man sich beim Englisch ein bisschen verstecken, weil man weiss, dass viele nicht so genau hinhören. Beim Schweizerdeutsch singst du etwas und es wird auch so verstanden.

8. In deinem neuen Song «S‘Lebe ged/S‘Lebe nemmt» singst du: «Hami öber 20 Johr uf änglisch ometrebe ond ned werklech wiit omecho. Mängisch send 100 Nase cho aber meischtens nome siebe, druufgleid hani sowieso.» Erhoffst du dir nun den Durchbruch?
Ja, das ist seit ich fünfzehn bin und mit Mother’s Pride Musik mache, immer der Traum gewesen. Der Traum war und ist es, von der Musik leben zu können. Ich weiss aber nicht, ob ich gerade mit diesem Album den Durchbruch schaffe.

9. Denkst du, das Leben als Musiker könnte dir je verleiden?
Gmür antwortet sofort
. Nein, das glaube ich nicht. Es gab in meinem Leben Phasen, da dachte ich, ich möchte und könnte etwas anderes machen. Aber das ging nie lange gut. Das habe ich jetzt eingesehen.

10. Wer unterstützt dich am meisten?
Meine Frau. Definitiv.

11. Ist sie an all deinen Konzerten mit dabei?
Er schmunzelt
. Nein, das weniger. Aber es ist so, dass ich nicht mehr Angst haben muss, dass die Miete Ende Monat bezahlt werden kann, seit ich mit meiner Frau zusammen bin. Nur schon das ist eine grosse Erleichterung. Sie ermöglicht es mir, meinen Weg weiter verfolgen zu können und trägt meine Einkommensschwankungen mit.

12. Seit wann ist dein Bart grau?
Schon eine Weile. Ich würde sagen sicher seit sechs Jahren. Er lacht.

13. Wann schreibst du deine Songs?
Die Ideen kommen mir immer in den Sinn, wenn ich am Laufen bin. Von A nach B. Danach mache ich auf meinem Balkon beim Rauchen weiter. Irgendwann, wenn ich genügend Sachen beisammen habe, nehme ich die Gitarre in die Hand und versuche den Song fertig zu stellen.

14. Welches ist dein Lieblingssong auf dem neuen Album?
Das habe ich mir noch gar nie überlegt. Er denkt nach. «S‘Lebe ged/S‘Lebe nemmt».

15. Um was geht es im Song: «Buddelehof»?
Einerseits ist das der Hof, auf dem ich wohne. Aber eigentlich ist es eine Ode an unsere schöne Stadt. Gleichzeitig geht es im Song darum, dass viele gute Leute gezwungen sind, aus der Stadt wegzuziehen. Ihre Familien werden grösser, aber sie können sich keine grössere Wohnung in der Stadt leisten. Das finde ich sehr bedenklich.

16. Du singst in diesem Lied: «Topshots vo de Hohle fendsch em wiise ond em schwarze Schof.» Welche ist denn deine Lieblingsbeiz?
Das Cafe Meyer am Bundesplatz.

«Suff? Jesses Gott, ich glaube das war in meinen späten Teenagerjahren.»

17. Was bedeutet dir Luzern?
Ich habe immer hier gewohnt. Ich war nie länger als zwei, drei Monate weg. Es ist für mich einfach meine Heimat. Hier sind meine Wurzeln.

18. Rösti oder Sushi?
Rösti.

19. Bier oder Wein?
Wein.

20. Was war der grösste Suff in deinem Leben?
Suff? Jesses Gott, ich glaube das war in meinen späten Teenagerjahren. Wir waren zu viert bei einem Kollgen, der sturmfrei hatte. Dort haben wir die selbergebrannten Schnäpse entdeckt und ein Wetttrinken veranstaltet. Das ist ganz übel eskaliert. Es war der Horror. Wir mussten dann am nächsten Tag noch alles putzen und haben der Katze die Schuld gegeben für gewisse Sachen. Ich habe danach fünf Jahre lang keinen Alkohol mehr getrunken.

21. Mit welchen Drogen hast du schon experimentiert und was ist passiert?
Ich kenne genau zwei Drogen. Die eine ist Alkohol und die andere ist THC. Etwas anderes habe ich nie ausprobiert. Weil ich weiss, wenn es mir gefallen würde, dass ich recht labil wäre. THC habe ich sehr spät entdeckt, mit 25 Jahren. Ich finde von diesen beiden Drogen, Alkohol jedoch viel gefährlicher.

22. Welches ist deine musikalische Jugendsünde?
Ich habe natürlich nur cooles Zeug gehört. Gmür lacht und überlegt. Also gut, ich habe einmal eine CD von Bon Jovi super gefunden.

Zur Person

Tobi Gmür wurde am 10. Oktober 1973 geboren. Der Luzerner erlangte in den 1990er Jahren als Frontman der Band Mother’s Pride nationale Bekanntheit. Mit Mitte Zwanzig war er Radiomacher beim lokalen Jugendradio 3FACH. Im Jahr 2007 gründete er sein eigenes Aufnahmestudio unter dem Namen Chevalac Recordings. Darin nahmen unter anderem Baby Genius, Alvin Zealot und Dans la Tente ihre Platten auf.

Sein erstes Solo-Album «Worldfamous In My Hometown» wurde 2012, sein zweites «Sincerely, T. Gmür» Anfang März 2015 veröffentlicht.

23. Wann hast du deinen ersten Song geschrieben?
Als wir die Band gegründet haben, brauchten wir eigene Lieder, weil wir nichts nachspielen wollten. Das war so mit fünfzehn Jahren. Er hiess: «Les lunettes de Sarah.» Wir konnten damals noch nicht so gut Englisch.

24. Du hast die Anfänge von Radio 3FACH miterlebt. Was war das damals für eine Zeit?
Ich war damals 24 und ich kann mich noch gut daran erinnern. Es war eine super Zeit, weil wir ein kleines Team waren und wir konnten viel bewirken und viel lernen. Zugleich war es die Sterbenszeit der grossen Musikindustrie. Es ging zwar allen noch gut, aber die Party war langsam vorbei.

25. Welche Künstler haben dich beeinflusst?
Ganz sicher John Lennon. Dann Dan Baird, Neil Young, Brian Setzer, Martin Gore, James D. Bradfield und Kuno Lauener.

26. Wen findest du völlig mies?
Bon Jovi. Er lacht.

27. Für wen bist du ein musikalisches Vorbild?
Er überlegt
. Ich weiss zum Beispiel, dass Ivo Amarilli (Anm. d. Red.: Baby Genius) ein grosser Mother’s Pride-Fan war und er hat mir erzählt, dass er auch wegen uns angefangen hat, Musik zu machen. Das ist wirklich cool zu wissen, dass man jemandem auf die Sprünge geholfen hat.

28. Wie und wo wohnst du?
Ich wohne mit meiner Frau und meinem 16-jährigen Sohn im Buddelehof. Er liegt vis à vis vom Moosmattschulhaus und im Garten leben Hühner. Es ist ein echtes Privileg dort wohnen zu dürfen.

29. Wie sieht ein normaler Tag im Leben des Tobi Gmür aus?
Er könnte etwa so aussehen: Ich bin von neun bis sieben Uhr im Studio. Am Abend habe ich noch eine Probe oder gehe nach Hause und koche.

30. Hast du noch irgendwo anders als in Luzern gelebt?
Ja, ich bin einmal nach Zürich gezogen mit 25 Jahren. Aber ich habe es genau drei Monate ausgehalten und dann war ich wieder zurück in Luzern. Er lacht.

31. Wen wählst du am 29. März in den Regierungsrat und warum?
Ich habe noch nicht alle Unterlagen durchgeschaut. Aber ich glaube ich wähle Felicitas Zopfi. Weil ich finde, dass die linke Seite unbedingt im Regierungsrat vertreten sein muss. Wenn es dann noch eine Frau ist, umso besser.

32. Wie viele Parlamentarier sitzen im Grossen Stadtrat?£
Das müsste ich eigentlich wissen, denn mein Vater war auch einmal im Grossen Stadtrat. Er lacht. Aber ich weiss es wirklich nicht. Ich schätze mal zwischen 25 und 30. (Anm. d. Red.: Es sind 48.)

33. Hund oder Katze?
Katze.

«Am meisten Angst habe ich davor, dass ich einmal sterbe und mich zwei Wochen lang niemand findet.»

34. zentral+ oder «Neue Luzerner Zeitung»?
Ja gut, das ist eindeutig: das Erste. Gmür lacht.

35. Wen hast du kommen und gehen sehen in der Luzerner Musikszene?
Einige. Aufstrebende, junge Menschen, die auch grosse Pläne hatten, jetzt aber zum Teil gar nichts mehr mit Musik zu tun haben. Dann aber auch leider Thomas Hösli, der jetzt auch schon ein paar Jahre nicht mehr unter uns weilt.

36. Bei welchem Musiker/ welcher Band aus Luzern siehst du das meiste Potential?
Am meisten Potential sehe ich zurzeit bei «Pink Spider». Ich finde sie hat ein super Album gemacht.

37. Was hältst du von Castingshows?
Er sagt lachend
: Nicht viel.

38. Welches ist der traurigste Film, den du je gesehen hast?
Er überlegt lange
. «Little Miss Sunshine». Obwohl das eigentlich ein fröhlicher Film ist. Aber ich fand ihn sehr emotional.

39. Der brutalste?
Django.

40. Vor was hast du am meisten Angst?
Am meisten Angst habe ich davor, dass ich einmal sterbe und mich zwei Wochen lang niemand findet. Es wäre der Horror, wenn es niemand merken würde. Ich hoffe das passiert nie. Er schmunzelt.

41. Wirst du oft erkannt?
Ja, in Luzern schon ab und zu.

42. Auf welcher Bühne möchtest du gerne einmal stehen?
Da gibt es noch viele, auf denen ich gerne spielen möchte. Zum Beispiel konnte ich bisher noch in keiner Formation in Schaffhausen auftreten. In Luzern wäre es die Stadttheater-Bühne. Das wäre ein Traum.

43. Was sind deine nächsten Ziele?
Im April haben wir vor allem Konzerte. Das Ziel ist es, so gut zu spielen, dass wir die Leute überzeugen können. Damit sie uns weiterempfehlen und eine CD kaufen. Er lacht.


44. Welche Musik hörst du zurzeit?
Ich höre viel Schweizer Musik. Zurzeit das Album von Pink Spider. Allgemein höre ich aber eher wenig Musik in meiner Freizeit, weil ich im Studio schon den ganzen Tag Musik höre. Neben Pink Spider höre ich noch etwas anderes mit Pink: «Lower Pink.»

45. Wann hast du zum letzten Mal geweint?
Er denkt nach
. Erst vor kurzem. An der Abdankungsfeier von meinem Onkel.

46. Beatles oder Rolling Stones?
Beatles.

47. Welches ist dein Lieblingsfluchwort?
Gopferdammi. Das ist ganz harmlos.

48. Schafft der FCL die Kurve?
Er antwortet wie aus der Pistole geschossen
. Ja!

49. Wenn du nochmal auf die Welt kämst, was würdest du anders machen?
Ich würde den gleichen Weg einschlagen. Aber ich würde viel mehr üben, denn ich hätte schneller besser auf den Instrumenten werden können.

50. Was würdest du mit einer Milliarde tun?
Zuerst natürlich meine Altlasten begleichen, die sich über alle meine Musikerjahre angesammelt haben. Dann allen denjenigen, die mir geholfen haben, etwas zukommen lassen. Dann etwas auf die Seite tun und den Rest würde ich wohl weggeben, damit mir niemand die ganze Zeit wegen Geld Stress macht. Gmür lacht und äfft nach: «Hey Tobi, hesch mer en Million?»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von jarofi
    jarofi, 24.03.2015, 08:12 Uhr

    hey tobi, die million cha der schecke
    zentral plus muess mer aber en cd stecke

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  • Profilfoto von Adrian Seeberger
    Adrian Seeberger, 23.03.2015, 22:06 Uhr

    es isch eigetlech ganz schnell gseid,
    au wenn du jetzt solo uftritsch, bisch immer no «mother’s pride».

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