Kunsthochschule zieht aus Luzern weg

«Low-Budget» im Vergleich zu Zürich oder Basel

Visualisierung des künftigen Sitzes der Hochschule Luzern Kunst & Design in Emmen. Vorne rechts der geplante Park. (Bild: zvg)

Im Sommer 2016 zieht die Hälfte der Kunsthochschule ins Viscosi-Areal nach Emmenbrücke, das sind rund 400 Kunststudenten und 180 Mitarbeiter. Zirka 2019 will die gesamte «Kunsti» in den Vorort von Luzerns zügeln und braucht dafür viel Platz. Wo dieser Raum entsteht und was er kosten darf, wird zurzeit kontrovers diskutiert.

Vor einem Jahr wurde das letzte Mal offiziell über das Projekt informiert: Die Hochschule Luzern Kunst & Design wird nächstes Jahr in die «Viscosi-Stadt» ziehen. Genauer ins ehemalige Fabrikgebäudes «Bau 745, das umgebaut werden soll. An einer Informationsveranstaltung in Emmen wurden jetzt neue Visualisierungen gezeigt, wie «Bau 745» aussehen wird (siehe Fotos). Zudem erfuhr man Neues über die Gestaltung: Im Erdgeschoss des Gebäudes sind öffentliche Räume vorgesehen: Eine Bibliothek, eine Cafeteria und eine «Animationsplattform. «Wir werden diese Plattform ganzjährig mit Ausstellungen bespielen », sagt Gabriela Christen, Direktorin der Hochschule Luzern Design und Kunst.

Zwei Etappen: 2016 und 2019

zentral+ hat mit der Direktorin und weiteren Personen gesprochen, gefragt, wie sich das Grossprojekt entwickelt und wo es allenfalls noch feststeckt. Denn trotz der demonstrierten Einigkeit an den Dreikönigsgesprächen in Emmen gibt es noch einige Knackpunkte zu lösen.

Ein Teil der Kunst- und Designstudenten lernt und arbeitet bereits in provisorischen Werkräumen an der Gerliswilerstrasse 19 im Viscosi-Areal. In Emmen wird fotografiert, gezeichnet, gefilmt und gemalt. Der grosse Umzug erfolgt aber im Sommer 2016: Dann ist das frühere Monosuisse-Fabrikgebäude «Bau 745» bezugsbereit, rechtzeitig zum Semesterbeginn 2016/2017. «Die Hälfte der Hochschule zieht nächsten Sommer auf einen Schlag nach Emmen», sagt Gabriela Christen.

Fast 1'000 Personen

Die traditionsreiche Hochschule Luzern Design & Kunst zählt rund 800 Studierende. Dazu kommen 100 Professoren und 82 Mitarbeitende. Die Schule erzielt einen Umsatz von rund 30 Millionen Franken im Jahr und hat ein Forschungsbudget von fünf Millionen Franken.

Die Schule ist heute auf sieben Standorte verteilt. In Luzern sind das der Hauptsitz Sentimatt (Direktion, Administration, Graphic Design, Illustration, Design Management, Textil Design, Objekt Design, Vorkurs), ebenso Rössligasse, Baselstrasse 61a und b (Animation, Video, Camera Arts, Master Design), Lädelistrasse sowie Grossmatte 28/30 in Littau (Master Kunst). Dazu kommt der provisorische Standort in der Viscosi-Stadt in Emmen (Bachelor Kunst).

Die Zentralisierung wird einiges vereinfachen für die Hochschule, denn heute ist die Schule auf sieben Standorte in Luzern und Emmen verteilt (siehe Box). Die Schule ist überall eingemietet. Die Liegenschaften in Luzern gehören teilweise dem Kanton, teilweise Privaten – im Stadtzentrum wird also nächstes Jahr viel Platz frei.

Erste Etappe 24 Millionen Franken

Den Umbau des neuen Hochschulstandorts in Emmen zahlt die Viscosi-Stadt AG. Der Kostenrahmen von 24 Millionen Franken kann laut Christen eingehalten werden. «Wir mussten aber Kompromisse machen. Die erste Planung war zu teuer», sagt sie. Die Hochschule wird eine Jahresmiete von 1,9 Millionen Franken über die nächsten 20 Jahre bezahlen. Fest steht ebenfalls: Das Gebäude bleibt im Eigentum der Viscosi-Stadt AG.

Christen spricht von einem absoluten «Low-Budget-Projekt» für die Zentralschweiz. Sie weist auf ähnliche Vorhaben in anderen Schweizer Städten hin, die viel teurer gewesen seien. «Der Umbau der früheren Toni-Fabrik für die neue Zürcher Hochschule der Künste in Zürich hat schlussendlich rund 700 Millionen gekostet.» Auch der im Oktober eröffnete Neubau der Basler Hochschule für Gestaltung und Kunst verschlang rund 140 Millionen Franken. «Insofern haben wir einen guten Job gemacht hier in Luzern», sagt Christen.

Zweite Etappe in Planung

Gabriela Christens «Herzenswunsch» ist, dass die gesamte Hochschule bis zirka 2019 nach Emmen zieht. Der Konkordatsrat als Trägerschaft der Zentralschweizer Kunstkochschule hat dazu bereits Ja gesagt. Die Diskussionen über die so genannte zweite Etappe haben 2014 begonnen. «Wir sind in Verhandlungen mit der Besitzerin des Areals Viscosi-Stadt AG», erklärt die Hochschul-Direktorin. Auch die Gemeinde ist involviert. «Die Interessen gehen teilweise noch auseinander», fügt Christen hinzu. «Ich bringe es mal salopp so auf den Punkt: Die Kreativen möchten viel und günstigen Raum. Der Vermieter möchte eine angemessene Rendite erzielen, und die Gemeinde wünscht sich einen Wohnanteil im Areal.»

Ob das alles unter einen Hut gebracht werden kann, wird sich weisen. Dass unterschiedliche Ideen und Interessen existieren, zeigte sich auch an einem Workshop zum Thema Kreativwirtschaft mit Vertretern diverser Interessengruppen aus Luzern und Emmen im Dezember 2014.

Anbau an «Bau 745»

Zum Erweiterungsprojekt, das die Besitzerin plant, meint Elmar Ernst, stellvertretender Geschäftsführer der Viscosistadt AG, es werde ein Neubau sein. «Wahrscheinlich ein Anbau an den Bau 745.» Zu den Kosten des Erweiterungsprojekts kann Ernst keine Angaben machen, dazu sei es noch zu früh. «Die Kosten sind schlichtweg noch nicht bekannt», sagt Ernst. Die Viscosistadt AG plane aber alles selber und gebe sich hierfür die notwendige Zeit.

Der Arealbesitzerin schwebt ein bunter Mix auf dem Areal vor, sagt Ernst. «Die Kunst-Schule soll darin Platz haben, ebenso Industrie und Gewerbe, Bars und Wohnungen.» Man werde leer stehende Gebäude an Firmen vermieten. Reine Wohnbauten seien nicht geplant. «Da wir nicht verkaufen wollen, sind auch keine Eigentumswohnungen vorgesehen», so Ernst.

Wohnanteil von 30 Prozent angestrebt

Und was sind die Interessen der Gemeinde? «Emmen freut sich auf die Studierenden, Dozierenden und ihre Inputs», sagt die Emmer Gemeinderätin Susanne Truttmann. Man sei offen für kreativwirtschaftliche Betriebe, fügt die Direktorin Schule und Kultur hinzu. Emmen wolle unter anderem Projekte und Interventionen im öffentlichen Raum ermöglichen, zum Beispiel im Studiengang «Public Spheres».

Zum gewünschten Wohnanteil erklärt Truttmann, der Bebauungsplan Viscosistadt gehe von einem Wohnanteil von mindestens 30 Prozent aus. Ziel sei, neben Gewerbe- und Schulbauten dadurch auch ein gewisses «Leben im Quartier» stattfinden zu lassen. Ist es nicht zu laut dort für Wohnungen? Truttmann weist auf bauliche Massnahmen hin, um Wohneinheiten vor Lärmimmissionen zu schützen. «Künftige Mieter werden im Gegenzug die gute Verkehrsanbindung und das anregende kulturelle Leben im Quartier Viscosistadt zu schätzen wissen», so Truttmann.

Der Bebauungsplan Viscosistadt wird am 24. März zur zweiten Lesung in den Einwohnerrat Emmen kommen. Bebauungspläne seien nicht sakrosankt, erklärt die Gemeinderätin, «sie können nach einigen Jahren auch wieder überarbeitet und angepasst werden, je nach Erfahrung und Entwicklungstendenz.»

Kreativwirtschaft als Jobmotor

Emmen wird mit dem Zuzug der Hochschule ein eigentliches Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft. Man hofft auf neue Jobs. Zum Wirtschaftszweig zählt man Berufe wie Designerinnen, Architekten, Künstler, Grafiker, aber auch Verleger und Softwareentwickler. Die Direktorin der Hochschule Luzern Design und Kunst, Gabriela Christen: «Die Kreativwirtschaft ist in den letzten Jahren der am schnellsten wachsende Wirtschaftszweig der Schweiz und ein eigentlich Jobmotor». In Luzern arbeiteten bereits 7,4 Prozent der Beschäftigten in diesem Bereich (zentral+ berichtete). In der EU sei der Wirtschaftszweig sogar der drittgrösste Arbeitgeber, vor der Telekommunikationsbranche.
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon