Zeit für frischen Wind bei der NLZ

Thomas Bornhauser dankt als Chefredaktor ab, der NZZ-Kader Pascal Hollenstein übernimmt die publizistische Leitung der «Neuen Luzerner Zeitung». Eine aus Zürich geführte Zeitung: Was lange Zeit als Horrorszenario über der Zentralschweiz schwebte, wird mit der Neubesetzung des Chefpostens nun also Tatsache. 20 Jahre nach der Fusion der «Luzerner Zeitung» und «Luzerner Neuste Nachrichten» zur NLZ wird diese nun nicht mehr nur finanziell, sondern auch publizistisch aus Zürich gesteuert.

«Stärke bedeutet Macht», schrieb Thomas Bornhauser in der ersten Ausgabe der NLZ. Das war 1996. Und Macht vereinte der Chefredaktor der Zentralschweizer Monopolzeitung während der letzten 20 Jahre auf sich. Zur Unzufriedenheit so einiger. Zu populistisch sei das Blatt, es bausche irrelevante Themen auf oder betreibe selber Politik, statt sie aus der Distanz zu beobachten. Aber auch aus dem Maihof selbst drang immer wieder Kritik nach aussen: Mangelnde Transparenz in der Führung, geringe Wertschätzung. Und über allem schwebte der Vorwurf einer direktiven Führung, ein autoritärer Stil alter Schule, gepaart mit nicht immer vorhersehbaren Emotionen.

Erfolgreich mit harter Hand

Zeit der Abrechnung mit einem fast schon übermächtigen Gegner also? Keineswegs. Wer eine Zeitung 20 Jahre lang führt, führen kann, verdient Anerkennung. Es fällt schon fast schwer, sich eine Luzerner Zeitung ohne Thomas Bornhauser vorzustellen. Zu eng ist sein Name mit dem regionalen Monopolblatt verknüpft. Er führte zwei sich zuvor konkurrenzierende Häuser zusammen und formte diese mit harter Hand zu einer funktionierenden Redaktion.

Man kann sich nur vorstellen, wie aufreibend diese Sandwichposition zwischen Mutterhaus in Zürich, Werbemarkt, Politik und Öffentlichkeit sein kann, wie vielfältig die Einflussversuche sind. Das fordert und zermürbt. Dass die regelmässig vorbeiziehenden Sturmböen nur ein Baum mit starken Wurzeln übersteht, versteht sich von selbst. Und wenn das Blatt dann trotz Medienkrise und jährlichem Obolus ans Mutterhaus auch finanziell noch halbwegs über die Runden kommt, dann kann der Chef nicht alles falsch gemacht haben.

Zeit für Neues

Und doch wird es Zeit für einen Wechsel. Die Zeitung wurde für Aussenstehende berechenbar. Man wusste ziemlich gut, was man morgen in den Händen halten wird. Grosse Veränderungen waren nicht zu erwarten. Seit der Fusion 1996 fallen eigentlich nur zwei Dinge auf: Lancierung der Sonntagsausgabe. Und stetige Reduktion der Inhalte. Online hinkt das Blatt seiner Zeit bis heute hinterher, verfolgt trotz respektabler Zugriffszahlen eine defensive Strategie.

Ist es also tatsächlich so schlimm, dass hier bald nur noch ein «Mini-Chefredaktor» herrscht und mit Hollenstein ein Ostschweizer die überregionalen Geschicke leitet? Der Zuger Alt-Ständerat Markus Kündig, der die Fusion vor 20 Jahren vorantrieb, würde sich zwar einmal mehr im Grab umdrehen. Den verbleibenden Lesern jedoch wird ein frischer Wind nicht schaden.

Gemessen an regionaler Kompetenz

Und auch wenn es derzeit offenbar noch kein Thema ist: Eine Übernahme überregionaler Inhalte könnte der NLZ nur gut tun. Damit frei gewordene Ressourcen liessen sich in den regionalen Teil investieren. Das ist es, was Luzerner und Zuger interessiert, der Grund, um eine Zeitung zu abonnieren. Spätestens wenn die nächste Jahresrechnung über fast 450 Franken im Briefkasten liegt, wird man genau hinschauen, ob die neue Führung dem Geschehen in der Region gebührend Rechnung getragen hat. An Alternativen mangelt es im Internet jedenfalls nicht mehr.

zentral+ berichtete ausführlich über den Chefredaktorenwechsel:

  • Nach Abgang von Chefredaktor – wie weiter mit der NLZ? Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Thomas Bornhauser dankt nach 20 Jahren als Chefredaktor der «Neuen Luzerner Zeitung» ab. Laut einem Experten müssten nun Massnahmen ergriffen werden, um das Blatt wieder auf Kurs zu bringen.

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