Zuger Regierungsratsverkleinerung

Regierungsräte rauswerfen, Beute aufteilen?

Nun geht die Debatte los: Braucht Zug sieben Regierungsräte? Oder reichen auch fünf? Das ist einerseits eine Machtfrage. Aber andererseits eine gesellschaftliche Grundsatzentscheidung. Für die es gute Gründe geben muss. Das ist schlicht nicht der Fall.

Fakt ist: Der Zuger Regierungsrat will sich verkleinern. Unklar bleibt die Motivation. Ist das ein Machtspiel? Oder ist tatsächlich was dran an der «kleiner-ist-feiner»-Rhetorik, die der Regierungsrat am Donnerstag angeschlagen hat?

In der Parteienlandschaft scheinen die Meinungen gemacht: Es gehe nur um Machtgewinn für CVP und FDP, sagen die Linke und die SVP. Alles parteipolitisches Gejammer, sagt die CVP – man dürfe hier nur sachpolitisch entscheiden. Und dabei nicht an mögliche Sitzverluste der Linken oder der Rechten denken.

Dummerweise kauft man der Partei diese hehre Haltung nicht ganz ab – denn die CVP hat im Kanton Zug eine reichhaltige Geschichte mit der Gestaltung von politischen Spielregeln. Sie hat diese schon bei der Umstellung des Wahlsystems von Proporz auf Majorz zu ihren Gunsten verändert, und das mit Erfolg (vier neue Sitze in Gemeinde-Exekutiven). Und mit Nachdruck: Die ersten beiden Versuche scheiterten, erst der dritte brachte den erhofften Wechsel.

Auch die Verkleinerung des Regierungsrats steht schon länger auf der CVP-Wunschliste, bereits 2006 versuchte die Partei eine Initiative auf die Beine zu stellen, um den Rat zu beschneiden. Allerdings scheiterte sie – damals war die FDP dagegen.

Warum der CVP eine Verkleinerung nützen würde? CVP-Kandidaten haben bei den Regierungsratswahlen regelmässig Bestresultate gemacht – es wären also nicht sie, die um ihre Sitze bangen müssten.

Machtfrage beiseite: Was nützt das wirklich?

Aber tun wir der CVP den Gefallen. Legen wir die Machtfrage beiseite. Und stellen uns die sachliche Frage: Was nützt eine Reduktion tatsächlich?

Dahinter steckt eine grundlegende gesellschaftspolitische Frage: Wieviel Gestaltungsmacht soll ein Regierungsrat haben? Wieviel Zeit soll er oder sie haben, Visionen ins Leben zu rufen? Dass ein Kanton mit nur fünf Regierungsräten regiert werden kann, zeigen einige Beispiele in der ganzen Schweiz. Unter anderem auch der Kanton Luzern.

Das hat allerdings ganz konkrete Folgen. Haben Sie schon ein Mal versucht, in Luzern einen Regierungsrat ans Telefon zu bekommen? Viel Glück. Dafür ist schlicht die Distanz zu gross. Klar. Das ist ein sehr eigennütziger Journalisten-Gedanke. Wir schätzen die Nähe in Zug. Damit sind wir aber nicht alleine – auch die Wirtschaft schätzt sie.

Das ist aber nicht alles. Hätte Baudirektor Heinz Tännler sich so heftig für das Stadttunnelprojekt einsetzen können, wenn er gleichzeitig noch einen Drittel der Volkswirtschaftsdirektion hätte leiten müssen? Hätte Finanzdirektor Peter Hegglin es auf die Reihe bekommen, das Entlastungsprogramm durchzupeitschen, wenn er sich gleichzeitig noch um die Führung der kantonalen Schulen hätte kümmern müssen? Und würde Direktorin des Inneren Manuela Weichelt mit der Unterbringung der wachsenden Flüchtlingszahlen fertig werden, wenn sie gleichzeitig Teile der Gesundheitsdirektion leiten müsste?

Eine Reduktion von Regierungsräten bringt vor allem eines mit sich: Weniger Gestaltungsraum für die verbleibenden Regierungsräte. Das kann in einer lebendigen Demokratie niemand wirklich wollen.

Also müsste eine Reduktion einen wirklich gewichtigen Vorteil haben, der diesen Nachteil aufwiegen könnte. Landammann Heinz Tännler sieht diesen Vorteil in einer radikaleren Neugestaltung der Departemente. Das Argument: Wenn man das Gremium verkleinert, muss man automatisch und zwingend die Departemente neu aufsetzen. Die Reform der Departemente wäre dadurch einfacher zu realisieren.

Das Argument ist ähnlich einleuchtend, wie wenn man ein neues Auto kaufen möchte – und dafür zur Sicherheit das alte in die Wand fährt. Einfach um Tatsachen zu schaffen.

Erlaubnis, sich zu drücken

Dabei ist es gar nicht nötig, eine Situation herbeizuführen, in der eine Reform der Departemente zwingend wird. Wenn man die Verwaltung neu organisieren will, geht das auch mit sieben Regierungsräten. Natürlich würde das auf sozialer Ebene im Regierungsrat etwas schwieriger. Es ist nicht leicht, in einem gleichberechtigten Gremium jemandem etwas wegzunehmen. Es wäre einfacher, zwei Personen rauszuwerfen und ihre Ämter als Beute unter den Übriggebliebenen zu verteilen.

Was die Mehrheit der Regierungsräte da verlangt, ist eine Erlaubnis vom Kantonsrat, sich vor einem schwierigen Prozess drücken, und gleichzeitig die Macht unter den Stärkeren aufteilen zu dürfen. Nicht mehr und nicht weniger. Dafür würde der Rat in Kauf nehmen, dass die Verwaltung stärker wird, die Bürgernähe schrumpft, die politische Landschaft in der Regierung weniger genau abgebildet werden kann, die politischen Minderheiten aus der Verantwortung entlassen werden. Das ist es schlicht nicht wert.

 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Tabea Zimmermann Gibson
    Tabea Zimmermann Gibson, 17.01.2016, 22:56 Uhr

    Das ist ein sehr guter Artikel, der äusserst wichtige und zentrale Fragen aufwirft – vielen Dank!
    Wenn unsere Regierungsräte/rätinnen nicht nur Zeit zum Verwalten und Reagieren haben sollen, sondern auch zum Denken, Visionen entwickeln und für den Kontakt mit der Bevölkerung, müssen wir unbedingt die 7 Regierungsratssitze beibehalten.
    Hinter vorgehaltener Hand: das Beispiel Luzern ist ja nicht unbedingt nachahmenswert, oder was finden Sie? Aus das ist ein guter Grund, der für 7 Regierungsratssitze spricht.

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