Er soll 20'000 Franken veruntreut haben

Luzerner Hotelier macht vor Gericht auf Tony Soprano

Dem ehemaligen Betreiber des Jailhotels Löwengraben wird Veruntreuung vorgeworfen.

(Bild: Archiv)

Wer ist eigentlich der Mann, der früher in den Klubs Froschkönig und Alcatraz die Fäden zog und heute als Hoteldirektor in Weggis Negativschlagzeilen macht? Ein schlauer jedenfalls, wie sich vor dem Bezirksgericht Luzern zeigte.

Aussehen tut er wie Mafiaboss Tony in der TV-Serie Sopranos. Und auch eine gewisse Kaltschnäuzigkeit verbindet den wohl umstrittensten Hotelier Luzerns mit der bekanntesten Rolle des Schauspielers James Gandolfini.

An diesem Mittwochnachmittag steht der mehrfach vorbestrafte Mann vor Gericht, weil er einen Geschäftspartner über den Tisch gezogen haben soll. 20’000 Franken in bar hat er von diesem kassiert, als er ihm Ende 2013 die Klubräumlichkeiten im Hotel Jail untervermietete. Als Mietkaution sollten sie auf ein Sperrkonto überwiesen werden. Stattdessen landeten sie im Hoteltresor und wurden nie mehr wiedergesehen.

Eine Veruntreuung sei das gewesen, findet die Staatsanwaltschaft. Sie hat ihn per Strafbefehl zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen à je 60 Franken verurteilt. Das hat der Hotelier aber nicht akzeptiert. Und deshalb sitzt man nun im Gerichtssaal, um den ganzen Fall nochmals aufzurollen.

Er lässt sich nicht in die Karten blicken

Wer allerdings erwartet hat, nun endlich einmal hinter die Kulissen des Mannes sehen zu können, der wurde arg enttäuscht. Der 46-Jährige, über den in den letzten 15 Jahren mehr als 100 wenig schmeichelhafte Zeitungsartikel erschienen sind, kennt seine Rechte genau. Er weiss, dass er sich als Beschuldigter nicht in die Karten schauen lassen muss. Er hat das Recht zu schweigen. Und das tut er auch.

Zivilstand? Ausländerstatus? Ausbildung? Einkommen? Vermögen? Schulden? Zu all diesen Fragen des Einzelrichters verweigert er die Aussage. Wohlwissend, dass Medienschaffende im Raum sind und diese nur allzu gern einen Blick hinter die Fassade dieser umstrittenen Figur werfen würden.

Als er zur Sache befragt wird, antwortet der Beschuldigte aber dann doch ausführlich. Diese ist relativ verzwickt, wie sich zeigt. Und als die Verhandlung nach gut zwei Stunden endet, ist man fast versucht zu glauben, «Mister Soprano» sei in dieser Angelegenheit das eigentliche Opfer. Und doch lernt man in diesen zwei Stunden einiges über das Geschäftsgebaren dieses Mannes.

Mietzins von 21’333 Franken

Sein Anwalt schildert den Ablauf des Geschehens so: Am 21. Dezember 2013 trifft sich sein Mandant mit einem Geschäftsmann, den er zuvor noch nie gesehen hat, in den Räumlichkeiten des Jailhotels am Löwengraben in Luzern.

Nachdem man gemeinsam die Räumlichkeiten begangen hat, ist der Besucher Feuer und Flamme. Er will den Klub per sofort übernehmen, unbedingt noch vor Weihnachten, damit man vom Feiertagsgeschäft noch so richtig profitieren kann. «Ums verrecken» habe der andere das gewollt, sagt der Hotelier.

«Ich selber habe zugegebenermassen noch nie so etwas Schräges gelesen.»

Anwalt des Beschuldigten

Der gutmütige Hotelier will dem Interessenten entgegenkommen und so setzt man kurzerhand einen Vertrag auf. Für einen monatlichen Mietzins von 21’333 Franken soll der neue Klubbetreiber die Räumlichkeiten übernehmen können.

Zuvor aber sind 20’000 Franken Mietzinskaution fällig, die der Neo-Klubbetreiber sogleich auf den Tisch legt. Abgemacht wird, dass im kommenden halben Jahr zusätzlich zur Miete jeweils 4000 Franken Kaution überwiesen wird, bis ein Betrag von 40’000 Franken erreicht sein wird.

Im Anschluss soll das Geld dann vom Hotelier auf ein Mietzinskonto überwiesen werden. Eine mehr als krude Vereinbarung. «Ich selber habe zugegebenermassen noch nie so etwas Schräges gelesen», räumt der Anwalt der Beschuldigten ein. Aber so sei es nun mal vereinbart worden.

Böses Erwachen nach der Rückkehr aus den Ferien

Der neue Klubbesitzer übernimmt die Schlüssel, da sind die Unterschriften unter dem Vertrag noch nicht getrocknet. Und der Hotelier fährt über die Festtage entspannt in die Ferien.

Das böse Erwachen kommt bei der Rückkehr. Und zwar für beide Vertragsparteien. Der neue Klubbetreiber muss feststellen, dass seine Geschäftsidee nicht hinhaut und er bei weitem nicht genug Einnahmen generiert, um die Miete zu bezahlen. Der Hotelier hingegen muss feststellen, dass die vereinbarte Miete ausbleibt.

Was tun? Auf die Schnelle wird ein neuer Untermieter gesucht, der einspringen soll. Die Räumlichkeiten sollen künftig tagsüber von einem Restaurant genutzt werden – und abends als Club. So könnte man sich die Miete teilen.

«Er geht bis heute nicht davon aus, dass er etwas Falsches gemacht hat.»

Anwalt des Beschuldigten

Es klingt nach einer Win-win-Situation. Der Hotelier will aber nur in den neuen Untermietvertrag einwilligen, wenn der Klubbetreiber seine bereits angehäuften Mietschulden begleicht.

Grosszügig willigt er ein, die 20’000 Franken Kaution mit den Schulden zu verrechnen, da beim Klubbetreiber zu dem Zeitpunkt sonst bereits nichts mehr zu holen ist. «Für ihn war es eine Erlösung, aus dem Mietvertrag entlassen zu werden», sagt der Hotelier. Das Geld sei dann einfach für den Betrieb verwendet worden.

Der Beschuldigte, das eigentliche Opfer

«Aus allen Wolken» sei man gefallen, als mehr als ein Jahr später eine Klage wegen Veruntreuung eingereicht wurde. Nie habe der Hotelier die Absicht gehabt, eine Straftat zu begehen, versichert dessen Anwalt. «Er geht bis heute nicht davon aus, dass er etwas Falsches gemacht hat, weil er sich vertragsgemäss verhalten hat.»

Die Sache mit dem Vertrag ist allerdings so eine Sache. Obwohl die Staatsanwaltschaft den Mann aufgefordert hatte, die angeblich vorgenommenen Verrechnungen von Mietzinsschulden und Kautionsgeldern vorzulegen, hat der Hotelier dies nie getan.

Es wäre im Übrigen auch nicht zulässig gewesen, weil Kautionsgelder von Gesetzes wegen immer auf ein Sperrkonto eingezahlt werden müssen, das auf den Namen des Mieters läuft.

Das habe sein Mandant aber weder gewusst, noch hätte er es wissen können. Das sei schliesslich juristisches Fachwissen, das einem Laien nicht zugemutet werden könne, sagte dazu der Verteidiger. Sein Mandant habe erstens keine Veruntreuung begangen, zweitens keine begehen wollen und drittens nicht gewusst, dass er das Geld gar nicht anders hätte verwenden dürfen. Es sei deshalb freizusprechen.

Einblick in das Geschäftsgebaren einer umstrittenen Figur

Was also erfuhr man nun in dieser Verhandlung über den umtriebigen Hotelier und seine Geschäftspraxis? Dass er schlau genug ist, andere nicht mehr über ihn wissen zu lassen als unbedingt nötig. Dass er bereit ist, im Eilzugstempo einen Vertrag abzuschliessen, wenn er ein Geschäft wittert. Und dass er nicht davor zurückschreckt, sich als eigentliches Opfer darzustellen. Und dass er ein Meister darin ist, sich in juristischen Grauzonen zu bewegen.

Ob das strafbar ist? Das hat nun der zuständige Einzelrichter zu entscheiden. Er wird das Urteil den Parteien schriftlich zustellen. zentralplus wird im Anschluss darüber berichten.

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