170-Millionen-Bauprojekt ohne weitere Kinosäle

Auch wegen der Mall: Maxx in Emmenbrücke krebst zurück

So sieht das neue Gebäude aus, das vor das heutige Centrum Seetalplatz gebaut wird. Blick von Richtung der heutigen Zwischennutzung NF49. (Visualisierung: zvg)

Rund um das Multiplex-Kino Maxx am Seetalplatz entsteht ein Anbau mit rund 180 neuen Wohnungen, Läden und Freizeitangeboten. Allerdings ohne zusätzliche Leinwände: Die geplante Aufstockung um sechs Kinosäle ist vom Tisch. Wieso die Kinobetreiberin davon absieht und was man sonst über das 170-Millionen-Franken-Projekt wissen muss.

Das 20-jährige Centrum Seetalplatz – besser bekannt als Kino Maxx – erhält ein radikales Facelifting. Das bestehende Gebäude wird in Zukunft von einem Dreieck an Neubauten umrahmt werden. Auf rund 45’000 Quadratmetern Nettogeschossfläche entstehen Büros, Wohnungen, Läden und Freizeitangebote. Das Projekt 4Viertel ist der Auftakt für den neuen Stadtteil zwischen Reussbühl, Emmenbrücke und Luzern (zentralplus berichtete).

Die Verantwortlichen haben Mitte April das Baugesuch eingereicht (siehe Box). Wer die Unterlagen studiert, dem fällt allerdings auf: Von der geplanten Aufstockung des Multiplex-Kinos ist keine Rede mehr. Die Kitag AG als Betreiberin wollte ursprünglich ihr Kino von heute 8 auf 14 Säle ausbauen.

Doch von Anfang an gab es dahinter Fragezeichen, zum einen wegen der Krise der Kinos im Allgemeinen, zum anderen wegen der neuen Konkurrenz durch das Pathé-Multiplexkino bei der Mall of Switzerland in Ebikon (zentralplus berichtete).

Aufrüsten statt aufstocken

Nun ist der schweizweit agierende Kinobetreiber, dem auch das Capitol am Bundesplatz gehört, von den anfänglichen Plänen abgekommen. «Die Kitag AG wollte das Kino ursprünglich erweitern, möchte nun aber darauf verzichten», sagt Erika Roos, Geschäftsführerin der Viscosuisse Immobilien AG, die mitverantwortlich ist für das Projekt 4Viertel.

«Der Kinomarkt hat sich weltweit verändert.»

Olivia Willi, Mediensprecherin Kitag

Was hat die Kitag AG zu diesem Schritt bewogen? «Der Kinomarkt hat sich weltweit verändert. Entsprechend lassen dies die derzeitigen Marktbedingungen nicht mehr zu», sagt Mediensprecherin Olivia Willi auf Anfrage. Die technischen Möglichkeiten und Streaming-Dienste erlauben es heute, in den eigenen vier Wänden ein Home-Cinema einzurichten, was die Kinos zu spüren bekommen. Und was den Konkurrenzdruck verstärkt. Auf die Frage, welchen Einfluss die Eröffnung der Pathé-Kinos in der Mall of Switzerland auf den Entscheid gehabt hätte, sagt sie: «Dies hat teilweise damit zu tun.»

Dennoch ist Kitag betreffend dem Standort am Seetalplatz zuversichtlich. Es seien zusätzliche Angebote im Maxx geplant. «So haben wir bereits ein 4DX-Kino realisiert und das Kino um eine Gamezone erweitert», erwähnt Willi zwei Beispiele. Und auch Erika Roos sagt, dass statt eines Ausbaus die bestehenden Säle auf den neusten technischen Stand gebracht werden.

Vom Bauprojekt 4Viertel erhofft sich die Kitag zudem eine Stärkung des Standorts. Eine Schliessung des Multiplex-Kinos ist laut Willi kein Thema.

Fitness statt Sportkleider

Klar ist indes: Es wird nicht die einzige Änderung bleiben. Bislang sind im Haus der Discounter Lidl und das Sportgeschäft Athleticum sowie die Gastroangebote Subway, Sam’s Pizza Land und McDonalds eingemietet.

Bereits ausgezogen ist der Sportartikel-Verkäufer Athleticum, der ohnehin vom französischen Anbieter Décathlon übernommen wird. Dieser hat kürzlich angekündigt, Mitte Juni ein Geschäft im nahegelegenen Emmen-Center zu eröffnen (zentralplus berichtete).

In der interaktiven Karte sehen Sie, wie das Projekt aussehen soll:

Ein zweites Sportartikelgeschäft am Seetalplatz ist offenbar keine Option. Deshalb wird die Fläche von Athleticum, wo zurzeit temporär ein Manor-Outlet eingerichtet ist, zukünftig anders genutzt. Wie zentralplus weiss, plant die deutsche Fitness-Kette Clever Fit in Emmenbrücke ihre erste Filiale. Dies bestätigt auf Anfrage von zentralplus Andreas Kosanke, Geschäftsleitungsmitglied der Manser Group AG, die sich die Franchiserechte für die Schweiz gesichert hat. Man stehe mit dem Center im Gespräch über die nächsten Schritte. 

In den Kantonen Luzern und Zug seien zudem weitere Standorte geplant. Über das Eröffnungsdatum am Seetalplatz kann er allerdings noch nichts Näheres sagen.

Auch Werner Jakob, Center Manager in Emmenbrücke, bestätigt, dass es eine Umnutzung von der heutigen Retailfläche hin zu einer Freizeitnutzung geben wird. Konkreter will er aber noch nicht werden: «Wir befinden uns derzeit in Mietvertragsverhandlungen, deshalb ist noch nichts spruchreif.»

Verzicht mit Folgen

Durch den Verzicht auf zusätzliche Kinosäle können weitere Büro-, Gastro-, Freizeit- und Gewerbeflächen realisiert werden. So sind zum Beispiel im Riegelbau zum Seetalplatz hin mehrere neue Läden und Gastroangebote geplant. Wer dort einziehen wird, ist noch offen. Der Detailhändler Lidl – auf vergrösserter Fläche – sowie auch die Fast-Food-Anbieter McDonald’s und Subway hingegen werden auch in Zukunft im Zentrum bleiben.

Baustart 2020

Das 4Viertel ist ein gemeinsames Projekt der Viscosuisse Immobilien AG sowie des Investmentfonds CS 1a Immo PK der Credit Suisse. Gemeinsam investieren die zwei Bauherren rund 170 Millionen Franken. Das Projekt wird durch die Alfred Müller AG aus Baar entwickelt. Als Bauherrenvertreterin ist die Brandenberger+Ruosch AG aus Luzern tätig. Die Architektur stammt von Lussi & Partner, ebenfalls aus Luzern.

Mitte April haben die Verantwortlichen das Baugesuch eingereicht. Die Baubewilligung wird im Herbst 2019 erwartet. Ein Spatenstich könnte im 1. Quartal 2020 erfolgen. Die Bauzeit beträgt schätzungsweise drei Jahre.

Und das, obwohl der Um- und Neubau bei laufendem Betrieb stattfindet, was während der rund dreijährigen Bauzeit für einige Einschränkungen sorgen dürfte. So fällt zum Beispiel ein Teil der 520 Parkplätze weg, was auch den McDrive zum Umzug ins Emmen- Center bewogen hat (zentralplus berichtete). Provisorisch wird deshalb auf der Brache des Kantons, mitten auf dem Seetalplatz, ein Parkfeld für rund 230 Autos errichtet. Trotz allem: «Unsere Mieter glauben an das Projekt 4Viertel, das ja nur ein Teil der Neugestaltung am Seetalplatz ist», sagt Werner Jakob. «In dem Sinne blicken sie in eine positive Zukunft.»

Wohnen am Wasser oder im Hochhaus

Kein Wunder: Wenn die Bauphase voraussichtlich 2023 abgeschlossen sein wird, dürften sie von neuen Kunden profitieren. Denn nur schon im 4Viertel dürften hunderte neue Bewohner einziehen. Rund 180 Mietwohnungen sind geplant.

«Ob man im Hochhaus am Seetalplatz oder entlang der Kleinen Emme wohnt, macht einen grossen Unterschied.»

Roland Ferrari, Bauherrenberatungsbüro Brandenberger+Ruosch

Davon werden über 40 Prozent 2,5-Zimmer-Wohnungen sein. Es sollen aber nicht nur urbane Singles und Paare angesprochen werden. Das Projekt beinhaltet auch zahlreiche grössere Wohneinheiten. «Ob man im Hochhaus am Seetalplatz oder entlang der Kleinen Emme wohnt, macht einen grossen Unterschied», sagt Roland Ferrari vom Bauherrenberatungsbüro Brandenberger+Ruosch. Denn im Hochhaustrakt entstehen laut Ferrari «moderne Grundrisse» für junge Zielgruppen, im Nordtrakt hingegen eher flexible Grundrisse für innovative Wohnformen und im Westtrakt wiederum funktionelle Grundrisse für durchmischtes Publikum. «Die drei neuen Gebäudekörper weisen verschiedene Charakteristiken auf, entsprechend durchmischt ist das Publikum, das darin wohnen wird.»

Von diesen verschiedenen Gesichtern stamme auch der Name 4Viertel: Er bezieht sich zum einen auf die vier einzelnen Gebäude, die dereinst auf dem Areal stehen werden. Aber auch auf die unterschiedlichen Nutzungen morgens, mittags, abends und nachts. «Wer hierherzieht, wohnt nicht einfach in einer Überbauung oder eine Schlafstadt», sagt Ferrari. «Hier wird gewohnt, gearbeitet, eingekauft, gelebt – alles an einem Ort.»

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