Luzerner Kletterhallenbetreiber sind wenig erfreut

In Zug entsteht eine grosse Boulderhalle – für kurze Zeit

Eine ähnliche Boulderhalle soll im August in Zug entstehen.

(Bild: wia)

Im Rahmen der Zwischennutzung auf dem LG-Areal beim Bahnhof Zug soll im Sommer eine neue Boulderhalle entstehen. Während der Begründer der Idee zuversichtlich ist, dass das auf dreieinhalb Jahre begrenzte Projekt nachhaltig ist, schütteln Konkurrenten nur den Kopf.

Die Sportart Bouldern befindet sich im Aufwind. Da und dort schiessen Hallen aus dem Boden, in denen man ungesichert an vier Meter hohen Wänden herumkraxeln kann, geschützt durch dicke Matten am Boden.

Noch müssen Zuger nach Zürich, Arth, Root oder Kriens pendeln, um ihr Boulderbedürfnis ausleben zu können. Das dürfte sich jedoch bald ändern. Wie man der Homepage von «Freiruum», der geplanten Zwischennutzung auf dem LG-Areal in Zug, entnimmt, dürfte ab Spätsommer auch dort eine Boulderhalle stehen. Und erst noch keine kleine. 850 Quadratmeter gross soll der Boulderbetrieb werden. Und damit «eine der grössten Boulderanlagen der Schweiz» werden, wie auf der Website steht.

Die alte Shedhalle der Siemens soll während dreieinhalb Jahren zwischengenutzt werden. Doch lohnt es sich überhaupt, für diese limitierte Zeit eine ganze Kletterinfrastruktur aufzubauen?

Ein sportlicher Fahrplan

Paul Sennrich, der Kopf hinter dem Projekt, sagt: «Der ‹Freiruum› läuft während mindestens dreieinhalb Jahren mit der Option auf zwei Jahre Verlängerung. Ich war bereits bei vielen Bauprojekten involviert und noch nie wurde der Fahrplan eingehalten.» Zuversichtlich schaut er auf die geplante Boulderhalle. Denn er ist überzeugt, dass das Projekt nachhaltig ist.

«Unser Konzept ist klar: Mit der Halle in Zug wollen wir Bedürfnisse wecken und eine Stammkundschaft aufbauen», sagt Sennrich. Dies mit einem klaren Ziel: «Während der Zwischennutzung werden wir den Markt beobachten, denn wir suchen eine Anschlusslösung in Zug. Wir wollen hier Fuss fassen.»

«Ich bin schwer der Meinung, dass ein Bedürfnis besteht.»

Paul Sennrich, Projektleiter der Zuger Boulderhalle

Sennrich ist ein alter Hase in der Branche. Unter anderem ist er der Geschäftsinhaber der Kletterhalle «Ap ’n Daun» in Chur. Er ist sich sicher, dass der Markt hierzulande mit den umliegenden Boulder- und Klettermöglichkeiten noch nicht übersättigt ist.

«Der Kanton Zug hat 120’000 Einwohner. Chur ist mit 35’000 Einwohnern viel kleiner und es gibt kaum Ortschaften in der Nähe», so Sennrich. «Ich bin deshalb schwer der Meinung, dass ein Bedürfnis besteht. Gerade, weil es auch viele Leute gibt, die zwar Lust auf Bewegung haben, aber nicht motiviert sind, ein Fitnesscenter zu besuchen.»

Ein Weltrekord-Versuch

Der Bau einer Boulderhalle ist nicht günstig. Wie soll sich das rechnen für diese relativ kurze Zeitspanne? «Wir haben schon mehrere Hallen konzipiert und können auf bereits erstellte Budgets, auf bestehende Kontakte und Partner zurückgreifen», so der Projektleiter. «Ausserdem planen wir, einen Grossteil der Infrastruktur bei einem späteren Projekt wiederzuverwenden.»

Am 9. August soll die Halle eröffnet werden, erst vor einem Monat wurde das Projekt bewilligt. Angst, dass man es nicht bis zum Stichdatum schaffen könnte, hat Sennrich nicht. «Das ist ein Weltrekord, wenn wir das in der Zeitspanne schaffen. Dennoch haben wir keine Angst. Alles, was eine längere Vorlaufzeit braucht, wie Griffe, Matten und Wände, bestellen wir jetzt. Ausserdem können wir von unserer Erfahrung profitieren.»

Szenenkenner aus der Region sind sehr kritisch

Der Plan, den die Churer für die Zuger Zwischennutzung haben, stösst nicht überall auf Euphorie. Andrea Lerch, Betreiber der Kletterhalle «Pilatus Indoor» in Root und Mitbegründer der Boulderhalle «Cityboulder» in Kriens sagt: «Wir halten schon länger Ausschau nach einer Möglichkeit, in Zug eine Boulderhalle zu realisieren und haben schon mehrere Projekte geprüft.» Fündig geworden sei man jedoch nicht.

«Eine Halle zu bauen mit einer solch kurzen Laufzeit, ist weder sinn- noch verantwortungsvoll.»

Andrea Lerch, Hallenbetreiber

«Bis jetzt haben wir noch keine Lösung gefunden, die nachhaltig wäre. Und auch das geplante Projekt im LG-Areal erachten wir als nicht nachhaltig», sagt Lerch. Er führt aus: «Eine Halle zu bauen mit einer solch kurzen Laufzeit, ist aus unserer Sicht in der heutigen Zeit weder sinn- noch verantwortungsvoll.»
 
Die Idee, Teile der Infrastruktur später in eine neue Halle zu integrieren, beurteilt Andrea Lerch als fragwürdig. «Boulderwände, die drei Jahre in Gebrauch waren, unkompliziert in eine nigelnagelneue Halle zu integrieren, ist erfahrungsgemäss nicht realistisch beziehungsweise heikel und nur sehr aufwändig zu bewerkstelligen», erklärt er. «Eine neue Anlage zu bauen, macht dann sowohl finanziell als auch vom Aufwand her mehr Sinn – wobei dann wieder bei der Nachhaltigkeit ein grosses Fragezeichen zu setzen ist.»
 

Braucht es eine Boulderhalle in Zug?

Auch betreffend der Lage wäre Lerch vorsichtig. «Wir betreiben in Root eine grosse Kletter- und Boulderanlage, ausserdem entsteht in Wädenswil derzeit eine der grössten Boulder- und Kletteranlagen der Schweiz. Zug wäre daher optimal abgedeckt.»

Der Szenenkenner sagt weiter: «Viele Betreiber von Schweizer Kletteranlagen sind mit uns einig: Dem Projekt in der Zwischennutzung ist gut anzumerken, dass es nicht von langer Hand geplant wurde – was in unserer Branche sehr unüblich ist.»

Schlussendlich sei aber eines nicht zu vergessen, findet Lerch. «Klettern macht Spass und solange der Kunde aufgrund eines Überangebots nicht unter Qualitätseinbussen leiden muss, ist zumindest diesbezüglich alles im grünen Bereich.»

 

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