Nonnen und Gemeinde gegen Denkmalpflege

Im Kloster Menzingen schwelt der Kampf um den Südflügel

Kloster Menzingen: Im Südflügel (Vordergrund) sollen Wohnungen entstehen.

(Bild: zvg)

Das Mutterhaus der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Menzingen – scherzhaft Muttikan genannt – ist gross und zu teuer im Unterhalt. Die franziskanischen Schwestern haben deshalb einen Plan gemacht, wie sie es erneuern und mit neuem Leben füllen könnten. Ob er gelingt, ist jedoch nicht sicher.

Was Rom der Vatikan ist, ist dem Kanton Zug das Kloster Menzingen. Das Mutterhaus der Schwestern von Heiligen Kreuz ist ein gewaltiger Bau, das von einer grossen Kuppel gekrönt wird – und fast ein bisschen an den Petersdom erinnert.

Bald glänzt diese kupferne Kuppel wieder – denn sie wurde eingerüstet, um erneuert zu werden. Die Renovation des West- und Nordtraktes ist in vollem Gang und soll noch bis 2020 dauern. Denn die Schwestern wollen das ganze Ensemble, das teuer im Unterhalt und zum Teil auch sehr renovationsbedürftig ist, schrittweise auf Vordermann bringen. Geplant ist gleichzeitig die Öffnung des Klosters.

Neues Leben im Muttikan

Die Schwestern, von denen es immer weniger gibt, ziehen sich nämlich in den Westflügel zurück. Von hier aus gelangen sie einfach in die Kirche und ans Grab der Ordensgründerin Bernarda Heimgartner. Wie bisher wird der Orden von Menzingen aus geleitet, wie bisher werden die Schwestern auch spirituelle Dienstleistungen in Form von Exerzitien anbieten. Auch das Missionsmuseum soll wieder öffnen – in einer neu konzipierten Form.

Eingerüstet: Nord- und Westflügel des Klosters.

Eingerüstet: Nord- und Westflügel des Klosters.

(Bild: mam)

Ausserdem sollen später im Ostflügel Gewerbler, Dienstleister und Ärzte einziehen, im Südflügel sind Mietwohnungen angedacht – und alles zusammen soll dann den Komplex mit Leben füllen – ganz im franziskanischen Sinne einer offenen christlichen Gemeinschaft.

Unterschiedliche Ansichten über Schutzwürdigkeit

Doch einen Haken gibt es noch: Obwohl die Renovationarbeiten begonnen haben, ist keinesfalls sicher, dass sie im Sinn der Schwestern zu Ende geführt werden können. Der Knackpunkt ist der Südflügel, wo einst das Lehrerinnenseminar beheimatet war und wo dereinst Mieter einziehen sollen.

Hier haben das Amt für Denkmalpflege und Archöologie und der Regierungsrat des Kantons Zug noch kein grünes Licht für die Arbeiten gegeben. Es bestehen unterschiedliche Ansichten darüber, was am Objekt schutzwürdig ist. Die Schwestern möchten am liebsten neu bauen, die Denkmalpflege neigt zum Erhalt der Bausubstanz vom Ende des 19. Jahrhunderts.

Offizielle Stellen schweigen

Wiewohl sie inhaltlich keine Stellung nimmt. «Denn es handelt sich um ein hängiges Verfahren», sagt Franziska Kaiser, die kantonale Denkmalpflegerin. Nach Recherchen von zentralplus käme indes eine komplette Renovation des alten Gemäuers die Schwestern teuer zu stehen. Es liesse sich kaum bezahlbaren Wohnraum realisieren und die angestrebte Wohnqualität wäre schwierig zu erreichen.

«Ziel ist es, dass das Projekt selbsttragend ist», sagt Thomas Odermatt, der stellvertretende Geschäftsführer des Instituts Menzingen. Den finanziellen Rahmen der ganzen Umgestaltung des Komplexes mag er nicht öffentlich benennen. Aber er bestätigt Gespräche mit der Denkmalpflege wegen des Südflügels. «Wir sind auf einem guten Wege, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen», sagt er.

Das Innenleben der Kuppel von Menzingen

Das Innenleben der Kuppel von Menzingen.

(Bild: zvg)

Gemeinde stärkt Kloster den Rücken

Wie diese aussieht – darauf mag sich Odermatt nicht festlegen. Ob der Flügel in der alten Form neu aufgebaut wird, oder nur in Teilen, oder auch ein anderes architektonisches Gesicht erhält, ist noch nicht entschieden. «Wir sind offen für mehrere Möglichkeiten», sagt er.

Unterstützung erhalten Odermatt und die Schwestern von der Gemeinde. Präsident Andreas Etter (CVP), der auch gleichzeitig die Finanzen von Menzingen verwaltet, sagt: «Wir sind sehr daran interessiert, dass das Umbauprojekt als Ganzes zustande kommt.» Wobei der Gemeinderat vorab am Gewerbeflügel im Osten interessiert ist – für neue Unternehmungen, oder auch für eine gemeindeeigene Nutzung. Jedoch sind auch neue Mietwohnungen im Südflügel sehr erwünscht, denn solche sind in Menzingen Mangelware.

Südflügel des Klosters Menzingen.

Südflügel des Klosters Menzingen.

(Bild: mam)

Auch der Ostflügel wurde neu gebaut

Die Verhandlungen mit dem Kanton verliefen konstruktiv, sagt auch Etter. Am Schluss hat aber nicht die Denkmalpflege das Sagen, sondern über deren Antrag entscheidet die Regierung des Kantons Zug. Was vielleicht auch den Optimismus der Leute am Berg erklärt.

Denn der neu gewählte Zuger Regierungsrat hat in jüngster Vergangenheit gleich mehrfach gegen die Anliegen des Denkmalschutzes entschieden (zentralplus berichtete). Ausserdem konnte das Kloster in der Vergangenheit schon einmal einen maroden Gebäudeteil abreissen und neu errichten: den Ostflügel in den Jahren 1983 bis 1985. Architektonisch fügt er sich dennoch gut ins Gesamtbild ein.

«Lex Menzingen»

Zu guter Letzt geniessen die Menzinger das Wohlwollen des baufreundlichen Zuger Kantonsparlaments. Als im vergangenen Jahr das neue Denkmalschutzgesetz beraten wurde, entschied der Kantonsrat, den finanziellen Beitrag an denkmalgeschützte Bauteile von 30 auf 50 Prozent zu erhöhen. Gleichzeitig sollen aber die Gemeinden, die bisher die Hälfte des Beitrags der öffentlichen Hand zu tragen hatten, entlastet werden und künftig nur noch 25 Prozent davon bezahlen müssen

Diese Bestimmung ist eine eigentliche «Lex Menzingen», denn diese Gemeinde wird auch künftige Unterhaltsarbeiten am Riesenkomplex mittragen müssen. Denn das Ensemble, das bisher erst als schützenswert gilt, soll vom Regierungsrat nach den laufenden Abklärungen unter Schutz gestellt werden – was auch die Voraussetzung für die Ausrichtung von öffentlichen Beiträgen ist.

Die Kirche, geplant durch Architekt Augsut Hardegger, wurde 1897 vollendet.

Die Kirche, geplant durch Architekt August Hardegger, wurde 1897 vollendet.

(Bild: zvg)

Finanzielle Entlastung ist unsicher

Wie teuer die Renovation die Gemeinde am Ende zu stehen komme, sei daher derzeit noch nicht ganz klar, sagt Andreas Etter. «Sicher ist es eine spürbare Belastung für Menzingen», sagt er. «Und natürlich wären wir froh, wenn sie kleiner ausfallen sollte.»

Aber bedrohlich sei die Höhe des finanziellen Zustupfs keineswegs. Etter ist nicht in Weltuntergangsstimmung. Sollte er auch nicht, denn ob das neue Denkmalschutzgesetz in Kraft treten wird, steht derzeit noch in den Sternen. Heimatschützer, Politiker, Kultur- und Geschichtsfreunde sammeln Unterschriften, um es an der Urne zu bodigen (zentralplus berichtete). Ihnen geht es nicht um Finanzierungsfragen – sondern darum, dass der Denkmalschutz nicht aufgeweicht und das bauliche Erbe erhalten bleibt.

Was jetzt passiert: Westtrakt wird ausgehöhlt und Kirche renoviert

Fast wie früher: So soll der Westflügel nach der Renovation aussehen.

Fast wie früher: So soll der Westflügel nach der Renovation aussehen.

(Bild: zvg)

Im ersten Bauabschnitt wird der Westtrakt des Klosters bis auf die Treppenanlage vollständig ausgehöhlt. Hinter der historischen Neubarockfassade entstehen dann neue, zeitgemässe Räume. Die Fassade wird saniert; wobei ein spezieller Dämmputz zum Einsatz kommt, um den Energieverbrauch der Gebäude zu optimieren. Die Energie für Warmwasser und Heizung wird das Kloster künftig per Fernwärme vom Holzwärmeverbund Menzingen beziehen.

Anschliessend ziehen 20 Schwestern in den Trakt, wo sie Wohn-, Gebets- und Aufenthaltsräume vorfinden sowie die Büros, das Archiv, Sitzungs- und Seminarräume, welche für die Verwaltung und Leitung der Gemeinschaft nötig sind. Die Räume sind dabei so konzipiert, dass das Gebäude später umgenutzt werden kann, zum Beispiel für eine soziale Institution mit begleitetem Wohnen. Ein zusätzlicher Eingangsbereich auf der Westseite ermöglicht in Zukunft eine unabhängige Nutzung des Westtrakts.

Museum in der Kapelle

Kloster Menzingen, zirka 1892. Damals standen noch weniger Bauten.

Kloster Menzingen, zirka 1892. Damals standen noch weniger Bauten.

(Bild: zvg)

Im Gebäudeteil mit den sakralen Bauten sind die geplanten Arbeiten weniger umfassend: Unter anderem wird die bestehende Brandschutzüberwachung ergänzt und modernisiert, ebenso die Elektroinstallationen. An der Kuppel und im Kirchentrakt müssen dringend nötige Sanierungsarbeiten ausgeführt werden. Das Grab von Mutter Bernarda Heimgartner bleibt im Bereich der heutigen Kreuzkapelle.

Grössere räumliche Veränderungen gibt es im Erdgeschoss sowie unter der Kirchenkuppel: Das Museum, heute direkt unter der Kuppel eingerichtet, wird ins Parterre in die Räumlichkeiten der Kapelle verlegt. In diesem Raum wird die kunsthistorisch interessante Kassettendecke aus bemalten Schieferplatten entkleidet und restauriert.

Zusammen mit dem Grab von Mutter Bernarda entsteht im Museum eine Erinnerungsstätte an die Ordensgründerin. Die heute als Museum genutzte Fläche wird zu einem modernen Seminarraum umgebaut. Später gibt’s im Klosterbereich übrigens auch ein Bistro.

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