Verkäuferinnen berichten aus dem Weihnachtsverkauf

Wenn Kunden ihre Schwiegermutter übers Ohr hauen

Zera Aliu arbeitet seit rund zehn Jahren beim Coop City in der Luzerner Altstadt.

(Bild: sah)

Während Luzern im Weihnachtsrummel versinkt, versuchen sie, die Leute und ihren Laden in Schach zu halten: Verkäuferinnen und Verkäufer. Zwei Angestellte aus der Luzerner Altstadt berichten von weihnachtlichen Panikkäufen, verloren geglaubten Kindern und Nazis in Dortmund.

«Verrückt war, als wir im November auf alle Spielwaren 30 Prozent Rabatt hatten. Da ging ein regelrechtes Wettrennen los, bei dem die Kunden sich die Spielwaren aus den Händen rissen und einige rund 1’000 Franken ausgaben», erzählt Zera Aliu. Die 31-Jährige arbeitet bereits seit rund zehn Jahren im Coop City in der Luzerner Altstadt und hat schon etliche Geschichten miterlebt.

«Von mir aus kannst du auf den Boden kotzen, ich kauf dir das Spielzeug nicht.»

Coop-City-Kundin zu ihrem Kind

«Ein Kind hat unglaublich geweint, weil seine Mutter ihm die Spielzeugwaffe nicht kaufen wollte. Die Mutter ist unterdessen einen Kaffee trinken gegangen. Als sie wiedergekommen ist, hat das Kind immer noch geweint. ‹Von mir aus kannst du auf den Boden kotzen, ich kauf es dir nicht›, sagte sie zu ihrem Kind», erzählt Aliu lachend.

Der Schwiegermutter in Rechnung gestellt

Solche Spielpistolen oder Waffen seien grundsätzlich sehr beliebt auf der Spielzeugabteilung, erzählt Aliu weiter. Um Weihnachten laufen besonders auch eine Art Kugelibahn sehr gut oder die in der ganzen Stadt ausverkaufte «Beyblade». Dabei handelt es sich um eine kleine Plastikarena, wo verschiedene Figürchen gegeneinander antreten können.

«Jemand wollte sogar, dass ich den Originalpreis bei einer reduzierten Ware dran lasse, da die Schwiegermutter den Betrag zurückzahlen würde.»

Zera Aliu, Verkäuferin im Coop City Luzern

Besonders an Weihnachten seien die Menschen gestresst und schnell genervt. Besonders, wenn Dinge ausverkauft sind, reagieren viele mit Unverständnis. Es werde aber grundsätzlich viel Geld ausgegeben, meint Aliu. «Jemand wollte sogar, dass ich den Originalpreis bei einer reduzierten Ware dran lasse, da die Schwiegermutter den Betrag zurückzahlen würde.» Zurückgebracht würden aber nicht viele Spielwaren.

Da kämen eher mal in der Kleiderabteilung einige Kleidungsstücke nach Weihnachten zurück, wenn sie nicht gepasst haben. Oder bei den Esswaren kamen auch schon Reklamationen, dass ein Geflügel nicht mehr gut gewesen sei. «Da ist schon eine mit einem selbst gemachten Video gekommen. Auf dem Video waren ihre Kinder zu sehen, wie sie am Pouletfleisch rochen und anfingen zu schreien», erzählt Aliu, als sie durch die Unmengen an Plüschtieren, Puzzles und Playmobil läuft.

«Einmal bin ich selbst etwas in den Stress gekommen, als ein Mann mit ausländischem Akzent fragte, wo denn Anna und Elsa seien. Die seien doch gerade hier gewesen, meinte er. Ich dachte damals, dass es sich um seine zwei Töchter handle. Kurz bevor ich sie am Schalter habe ausrufen lassen, habe ich dann begriffen, dass er nach dem Spielzeug von Anna und Elsa aus dem Disney-Film ‹Frozen› suchte», so Aliu.

Christine Wuthier arbeitet bereits seit zehn Jahren im Buchhaus Stocker in Luzern.

Christine Wuthier arbeitet bereits seit zehn Jahren im Buchhaus Stocker in Luzern.

(Bild: sah)

Ebenfalls hektisch, aber wie es scheint gesitteter, geht es in Bücherverkauf zu und her. Hier arbeitet Christine Wuthier. Schon seit ungefähr 35 Jahren arbeitet sie im Verkauf, seit rund zehn Jahren ist sie im Buchhaus Stocker in der Luzerner Altstadt angestellt.

Sie liebt und lebt Bücher und blüht bei der Frage nach ihrem Lieblingsbuch sprichwörtlich auf und nimmt einige Bücher von der sogenannten «Bücherpyramide» in die Hand. Bei der «Bücherpyramide», wie sie intern genannt wird, handelt es sich um ein kleines, pyramidenförmig gestapeltes Gestell, auf dem die Lieblingsbücher der Verkäuferinnen ausgestellt werden. Sie befindet sich direkt neben dem Infopoint, wo auch Wuthier oft steht, wenn sie nicht an der Kasse eingesetzt wird. Gerne gibt sie dort Auskunft und erteilt Ratschläge zu den Büchern, die sie mit einer Handbewegung im Griff hat.

Kinder-, Kochbücher und Michelle Obama

Besonders während der Weihnachtszeit scheinen ihre Ratschläge für Bücher Gold wert. Denn zu Weihnachten möchte man seinem Liebsten etwas schenken, das Freude bereitet – ein Buch ist da für viele die richtige Wahl. «Grundsätzlich läuft um Weihnachten einfach mehr. Häufig kaufen Leute ganze Bücherstapel», sagt Wuthier und fügt hinzu: «Am besten laufen Kinderbücher, Kochbücher oder Biografien. Zum Beispiel jene von Michelle Obama ist zurzeit sehr beliebt. Es wird aber auch oft nach Rat gefragt, welche Bücher man selber empfiehlt», so Wuthier.

«Männer geben sich schneller als Frauen zufrieden.»

Christine Wuthier, Verkäuferin im Buchhaus Stocker in Luzern

Sie erkennt dabei auch einen gewissen Unterschied zwischen Mann und Frau. «Männer geben sich ziemlich schnell zufrieden und nehmen gleich eins von den empfohlenen Büchern. Frauen sind meist kritischer und wollen zuerst etwas darin lesen», so Wuthier.

Das Bild von einem ungeduldigen, unfreundlichen und gestressten Kunden vor Weihnachten kann sie nur teilweise bestätigen. «Man spürt schon den Druck der Leute. Manche sind sehr kurz angebunden oder mögen es nicht, zu warten. Die meisten sind jedoch gelassen und stellen sich darauf ein, dass es viele Leute in den Geschäften hat», so Wuthier. Ausserhalb ihrer Arbeit meide Wuthier die Geschäfte. «Grundsätzlich sucht man abseits der Arbeit eher die Ruhe.» Selber kauft sie ihrem engsten Kreis schon seit Jahren keine Weihnachtsgeschenke mehr.

Aus Hesses Roman «Narziss und Goldmund» wird «Nazis in Dortmund»

Seit ihrer Anstellung im Buchhaus Stocker hat sie bereits einige lustige Situationen erlebt. «Es ist einmal jemand gekommen, der nach dem Buch ‹Nazis in Dortmund› suchte. Als ich begriff, dass er Hesses Roman ‹Narziss und Goldmund› meinte, musste ich etwas lachen», so Wuthier und fügt an: «Aus dem Buch über Heilkräuter ‹Gesundheit aus der Apotheke Gottes› von Maria Treben wurde ‹Die Apotheke aus der Bibel›. Oder es wurde nachgefragt, ob es das ZGB (Zivilgesetzbuch) als Hörspiel gäbe.»

Besonders während Weihnachten scheinen einige Kunden auch besonders spendabel. «Erst letzte Woche ist ein Mann gekommen, der einen Büchergutschein für 700 Franken gekauft hat. Da musste ich nochmals nachfragen, ob ich es richtig verstanden hatte», so Wuthier.

Zwischen den Büchern ist die Verkäuferin Christine Wuthier in ihrem Element.

Zwischen den Büchern ist die Verkäuferin Christine Wuthier in ihrem Element.

(Bild: sah)

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