Wie es um den Zuger Skinachwuchs steht

Zunehmend mehr Kinder aus Migrantenfamilien im Skilager

Zwischen 10 und 20 Prozent aller Zuger Schüler nehmen an Skilagern teil.

(Bild: zvg)

Die Schweiz sieht sich als Skination. Doch seit Jahren lernen immer weniger Kinder in der Schule das Skifahren. Wie sieht es da im multinationalen Zug mit dem Ski-Nachwuchs aus?

Der Winter steht vor der Tür. Schweizer Bergbahnen klagen seit Jahren über rückläufige Benutzerzahlen. Gemäss jüngsten Statistiken der Seilbahnen Schweiz werden bei den Winter-Ersteintritten (siehe Box) sogar deutlich negativere Zahlen als in Österreich, Italien und Frankreich verbucht.

Lieber zum Kicken als zum Carven

Woran liegts, dass die Skination Schweiz so schwächelt? Das Preisniveau und schneearme Winter haben sicher ihren Anteil daran, dass weniger Ski gefahren wird. Zumal es inzwischen viele alternativen Freizeitmöglichkeiten gibt – wie etwa Schlitteln oder Schneeschuhwandern. Grundsätzlich scheint der Schweiz zunehmend der Skinachwuchs wegzubrechen.

Rein und zehnmal rauf und runter

Von Winter-Ersteintritten bei Bergbahnen spricht die Seilbahnbranche, wenn ein Gast durchs Drehkreuz einer Gondel oder eines Lifts geht und sich während eines Tages zehnmal hinaufbefördern lässt.

Während auf dem Fussballplatz nämlich die Xhakas und Shaqiris von morgen bereits zu Tausenden in Vereinen kicken, sind Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund im Verhältnis längst nicht so häufig auf Skipisten anzutreffen. Die traditionelle Verbundenheit mit dem Skisport scheint den Schweizern nicht mehr in die Wiege gelegt. «Im Fussball wird die Migration gemeinhin als Chance verstanden, im Skisport eher als Gefahr für den Fortbestand der Skination Schweiz», wie die «NZZ» schreibt.

Viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund

Diese Misere belegen auch Zahlen der auf alpinen Tourismus spezialisierten Beratungsfirma Grischconsulta. Diese wertete Grundlagen des Bundesamts für Statistik aus.

Demnach wachsen in der Schweiz rund 50 Prozent der Kinder unter 15 Jahren in einem Haushalt mit Migrationshintergrund auf – das waren 2013 rund 600’000 Kinder. Von diesen 600’000 Kindern stammen die meisten aus Deutschland, Portugal, Italien, Kosovo, Serbien, Frankreich, Mazedonien, der Türkei, Spanien, Grossbritannien, Sri Lanka, Eritrea sowie Bosnien-Herzegowina. Die wenigsten dieser Länder haben eine Skisport-Tradition.

Aller Anfang ist schwer: Die ersten Fahrversuche auf der Piste.

Aller Anfang ist schwer: Die ersten Fahrversuche auf der Piste.

(Bild: zvg)

Gerade Zug ist ein multinationaler Kanton, wo rund 30 Prozent Ausländer aus gut 120 Nationen leben. Lernen hier deshalb eher weniger Kinder und Jugendliche das Skifahren? Wenn man sich anschaut, wie wenige Primar- und Oberstufenschüler tatsächlich pro Jahr nur an Skilagern teilnehmen, gewinnt man auf den ersten Blick diesen Eindruck.

«Die meisten Kinder und Jugendlichen können bereits Ski fahren.»

Urs Landolt, Rektor Stadtschulen Zug

An den Stadtschulen Zug beispielsweise finden pro Jahr drei Schneesportlager für Primarschüler und eines für die Oberstufe statt. Auf der Primarstufe nehmen dabei 126 von 1463 Schülern an den Skilagern teil. Auf der Oberstufe sind es zuletzt 57 von 403 Schülern. Das sind gerade mal etwas mehr als 10 Prozent aller Schüler. «Die meisten Kinder und Jugendliche können bereits Ski fahren, das heisst, es hat nur eine geringe Anzahl Anfänger darunter», sagt Urs Landolt, Rektor der Stadtschulen Zug, gegenüber zentralplus.

Ein Drittel der Skifahrer mit ausländischem Namen

«Andererseits sind, abgeleitet von den Namen, in allen Skilagern zusammen 57 Schüler mit ausländischen Wurzeln vertreten, was etwas mehr als einem Drittel der total 183 Teilnehmer entspricht», sagt Landolt. «Der Ausländeranteil an den Stadtschulen beträgt im Schnitt der letzten Jahre rund ein Drittel.»

An den Schulen in Baar und Cham liegt die Teilnehmerquote an Skilagern deutlich höher. «Wir führen insgesamt fünf Wintersportlager durch, vier Ski- und Snowboardlager sowie ein Polysportlager», sagt Bruno Burri, Leiter der Abteilung Planung und Logistik der Gemeinde Baar. Teilnehmen können an diesen Wintersportlagern Kinder von der 4. Primarklasse bis zur 3. Oberstufe. «Angemeldet haben sich dieses Jahr 202 Kinder und Jugendliche von total 1075 Schülern», so Burri.

«Insgesamt beträgt die Teilnehmerquote ziemlich genau 20 Prozent.»

Bruno Burri, Gemeinde Baar

Die Entwicklung der Teilnehmerzahlen sei sehr erfreulich, es seien gegenüber 2018 nämlich 30 Anmeldungen mehr eingegangen. Seit 2016 seien die Anmeldungen Jahr für Jahr angestiegen. Burri: «Insgesamt beträgt die Teilnehmerquote ziemlich genau 20 Prozent.» In Cham sind es bei jährlich fünf Skilagern laut Rektor Philipp Fuchs 14 Prozent aller Schüler.

Finanzielle Kosten für Breitensport zu hoch?

So weit, so gut. Doch will man den Skisport in der Schweiz als Breitensport erhalten, geht es nicht anders, als mehr Menschen mit Migrationshintergrund auf die Piste zu bringen. Doch dafür scheinen die finanziellen Kosten für solche Skilager relativ hoch. Fussball spielen im Verein ist da für Jugendliche deutlich kostengünstiger – mit 120 Franken kann ein Jugendlicher etwa ein Jahr lang bei Zug 94 kicken und trainieren.

Für die Skilager müssen Eltern da wesentlich tiefer in die Tasche greifen. In Cham liegen die Elternbeiträge für solche Skilager zwischen 300 und 400 Franken. «Soweit es möglich ist, leiht die Schule Schülern bei Härtefällen die Ausrüstungen aus. Zudem können sich diese Eltern auch beim Sozialdienst melden», sagt Rektor Fuchs. In der Stadt Zug betragen die Kosten pro Skilager und Schüler zwischen 320 und 350 Franken – die Stadt Zug selbst trägt jährlich 42’500 Franken der Winterlagerkosten. 

In Baar kosten Skilager weniger

In Baar ist die Gemeinde am grosszügigsten, wenn es um die Unterstützung der Eltern für ein Skilager geht. Bruno Burri: «Die Teilnehmer bezahlen für eine Wintersportlagerwoche 250 Franken, der grosse Rest wird von der Gemeinde Baar bezahlt.» Bei zwei Kindern aus der gleichen Familie kostet das zweite Kind noch 110 Franken, das dritte Kind aus derselben Familie noch 90 Franken.

«Mit dem äusserst günstigen Preis verfolgen die Schulen Baar das Ziel, dass auch Kinder aus Familien mit geringeren finanziellen Möglichkeiten Wintersportferien erleben können», sagt Burri.

«Tendenziell freuen wir uns, dass die Anmeldungen von Kindern mit Migrationshintergrund zunehmen.»

Bruno Burri, Baar

Diese finanzielle Förderstrategie der Gemeinde Baar scheint Früchte zu tragen. «Wir haben jedes Jahr Kinder, die ins Wintersportlager fahren, um Skifahren oder Snowboarden zu lernen. Auch Kinder mit ausländischer Herkunft nehmen an den Lagern teil», sagt Bruno Burri von der Gemeinde Baar. Statistik führe man in dieser Hinsicht jedoch keine. «Tendenziell freuen wir uns, dass die Anmeldungen von Kindern mit Migrationshintergrund zunehmen.»

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