Egolzwiler Zeitzeugen erinnern sich

Was bringt Ex-Gemeindepräsi Alois Hodel dazu, sein Dorf zu verfilmen?

Als die Kühe noch von Hand gemolken wurden: Mit Zeitzeugen blickt Alois Hodel zurück auf alte Zeiten. (Ausschnitt aus dem Film Egolzwil im Wandel).

Im Rahmen des Projekts «Egolzwil im Wandel» hat der ehemalige Gemeindepräsident Alois Hodel vier Filme realisiert. Darin kommen Zeitzeugen zu Wort, die Erinnerungen aus ihrem persönlichen Alltag festhalten und so ein lebhaftes Bild vergangener Epochen schaffen. Zum Beispiel der letzte Leichenführer des Dorfes.

Wer an die charmante Gemeinde Egolzwil denkt, hat nicht unbedingt eine Kulisse für vier Filme vor Augen. Über das Dorf mit rund 1’500 Einwohnern am Rande des trockengelegten Wauwilersees am Südhang des Santenbergs gibt es jedoch einiges zu erzählen.

Beispielsweise kamen im letzten Jahrhundert bei Grabungen am ehemaligen Rand des 1859 verlandeten Wauwilersees Siedlungsreste, Werkzeug und Keramik aus der Zeit von 4500 bis 4300 vor Christus zum Vorschein.

Somit ist Egolzwil die älteste Siedlung im Kanton Luzern und die Grabstätte «Egolzwil 3» ist im Unesco-Weltkulturerbe eingetragen. Aktuell ist der Ort allerdings auf kultureller Ebene mit den Zeitzeugen des Projekts «Egolzwil im Wandel» im Visier der Bevölkerung.

Von Glasi Wauwil bis Haute Couture

«Ich habe 35 ortsverbundene Einwohner interviewt und ihre Erinnerungen auf vier Filme mit einer Dauer von 50 bis 60 Minuten aufgeteilt», erzählt Alois Hodel, der zwischen 1974 und 2004 Egolzwiler Gemeindepräsident war. Die Erinnerungen an frühere Situationen in der Gemeinde Egolzwil wurden mit Fotos und Dokumentationen, welche die Gesprächspartner zur Verfügung stellten oder extern gesammelt werden konnten, bildhaft illustriert. Aufgenommen wurden die Interviews von seinem Kollegen Toni Koller aus Grosswangen.

Kobi Lütolf-Kronenberg (Jahrgang 1936), der letzte Leichenführer im Dorf, blickt zurück:

Bereits in diesem Frühjahr erzählten Dorfmitglieder in den ersten beiden Filmen über das Arbeiten in der Glasi Wauwil, den Männerchor, Güterzusammenlegung oder Couture Egli, ein kreatives Familienunternehmen, das jahrelang die Teilnehmerinnen der Miss-Schweiz-Wahl einkleidete.

Frohe Jugend im «Mösli»

Im dritten und vierten Teil der «Zeitzeugen-Interviews» hat etwa die erste Gemeinderätin und Sozialvorsteherin der Gemeinde, Annelies Schmid-Schärli, einen Auftritt. Oder Hans Hodel-Gassmann, der Gründer der Elektro Hodel AG, sowie ehemalige Angestellte der Justizvollzugsanstalt Wauwilermoos kommen zu Wort. Robert Dahinden-Birrer erzählt von seinen 40 geleisteten Dienstjahren als Aufseher und Chef des Inneren Dienstes der Strafanstalt.

Landwirt Alfred Egli-Müller (Jahrgang 1931) erinnert sich an das Torfstechen:

 

Martha Räber, Tochter des ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebsleiters Franz Räber-Arnold, erzählt von ihrer frohen Jugend im «Mösli» und den guten Kontakten zu den Sträflingen. «Als in Egolzwil aufgewachsener und politisch engagierter Bürger kannte ich unsere Mitbürger samt ihrem beruflichen und familiären Hintergrund. So entstand ein spannender und authentischer Mix mit unterschiedlichen Erinnerungsspektren», sagt der 72-jährige Projektleiter Hodel. Kamerascheu war kaum einer der Angefragten, nur wenige wollten aus Altersgründen nicht mitmachen.

Drei Jahre Arbeit

Laut dem diplomierten Agroingenieur Hodel war die eigentliche Zielsetzung, den Wandel der Gemeinde möglichst authentisch darzustellen und für die Nachwelt zu dokumentieren: Gestartet wurde Ende 2014 mit ersten Überlegungen zum Projekt zusammen mit der kulturbeauftragten Gemeinderätin Annelies Schmid-Schärli. «Danach begannen wir mit den Kontaktaufnahmen zu den gewünschten Interviewpartnern», sagt Hodel.

Alois Hodel.

Alois Hodel.

(Bild: zvg)

Er wolle dank einem vielseitigen Fundus an Schriftstücken, Fotos und Dokumenten sowie dem breiten dörflichen Netzwerk dazu beitragen, die Egolzwiler Dorf- und Schulgeschichte im Rahmen des «dörflichen Kulturprojekts» sichtbar und erlebbar zu machen. «Die ursprüngliche Idee, im Rahmen eines Fotobuches die Veränderungen im Dorf aufzuzeigen, wurde aufgeschoben. Den gefilmten Interviews mit den sogenannten Zeitzeugen wurde der Vorzug gegeben», erzählt der ehemalige CVP-Grossrat.

Sechs bis acht Stunden pro Zeitzeuge am Computer

«Als Amateure haben Kameramann Toni Koller und ich als Interviewer bei angemeldeten Hausbesuchen die Gespräche geführt», sagt Hodel. Im Zeitfenster von je ein bis zwei Stunden hätten sie den «Rohstoff» für die spätere Bearbeitung gesammelt. Einiges aufwendiger war die Arbeit danach – das Schneiden der Filminterviews, das Suchen und Beschaffen von Fotos, Bildern oder schriftlichen Dokumenten und schliesslich das entsprechende Einfügen in die Kameraaufnahmen. «Je nach Themenspektrum haben Toni und ich zwischen sechs und acht Stunden pro Zeitzeuge am Computer verbracht.»

Die frühere Posthalterin Annelies Stöckli-Hodel (Jahrgang 1934) erzählt:

Die eigentliche Hürde sei ihre eigene Unerfahrenheit gewesen. «Dennoch sind wir mutig in dieses Filmabenteuer gestartet, haben laufend mehr Routine bekommen und dabei autodidaktisch viel gelernt», so Hodel stolz.

Die Präsentation der «Zeitzeugen»-Filme habe ein erfreulich positives Echo ausgelöst. «Gerade bei hier aufgewachsenen und inzwischen an einem anderen Ort wohnhaften Filmbesuchern gab es einige erfreuliche Erinnerungen», freut sich Hodel.

Die Filminterviews dieser Art seien nun vorläufig abgeschlossen. Im Rahmen des bevorstehenden, geplanten Projekts «Dorf- und Schulgeschichte» mit Einbezug der örtlichen Archäologie, der Vereine und des Brauchtums hat Alois Hodel allerdings bereits neue Ideen «im Köcher».

Der ehemalige Käsereimeister Eugen Dräyer (Jahrgang 1929) erzählt:

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