Hochschule Luzern feiert Neuheit in der Schweiz

Parmelin: «Wichtig ist, dass wir bei der Cyber-Sicherheit schnell aufholen»

Guy Parmelin Vorsteher des Departments für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, in Rotkreuz.

(Bild: Ingo Hoehn)

Cyber-Attacken haben den Bundesrat aufgeschreckt. Verteidigungsminister Guy Parmelin (SVP) reist deshalb auf den Campus Rotkreuz der Hochschule Luzern, wo neu Cyber-Sicherheit-Spezialisten ausgebildet werden. Der Zuger Ständerat und Sicherheitspolitiker Joachim Eder (FDP) liest dort dem Gesamtbundesrat tüchtig die Leviten.

Eigentlich sind die 50 Studenten des dreijährigen Bachelor-Lehrgangs zu Informations- und Cybersicherheit schon einen Monat am Büffeln. Aber weil die Hochschule Luzern (HSLU) als erste in der Schweiz eine Fachhochschul-Ausbildung in diesem Bereich anbietet, Cyber-Sicherheit immer wichtiger wird und in der Schweiz Fachleute Mangelware sind, gibt’s auf dem Campus Rotkreuz am Donnerstag eine Erföffnungstagung mit Apéro riche.

Vertreter der Industrie referieren über Technik und Standards, nachdem Bundesrat Guy Parmelin und andere hohe Amtsträger der Schule auf dem Suurstoffi-Areal ihre Aufwartung gemacht haben.

Heilsamer Schock

«Wie ein Elektroschock» sei es für ihn gewesen, erzählt danach der Verteidigungsminister den lokalen Medien, als vor zwei Jahren der Schweizer Rüstungskonzern Ruag Opfer von Cyber-Attacken wurde. Er war damals 20 Tage im Amt.

Wer der Ruag damals Daten gestohlen hat, weiss man beim Bund zwar immer noch nicht. (Verdächtigt wird Russland). Aber man rüstet nun auf. 165 Stellen sollen im Departement Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport geschaffen werden, doch erst gut 60 hat man besetzt.

«Je mehr, desto besser»

Die Spezialisten, welche in der Schweiz in Cyber-Sicherheit ausgebildet werden, kommen von Universitäten. Guy Parmelin rechnet vor, wie viele Abgänger der ETH in Zürich und Lausanne die Industrie absorbiert. «Google allein nimmt mehrere Hundert.» Deshalb sei es wichtig, dass auch Fachhochschulen Fachleute ausbilden, sagt der Bundesrat.

«Bildungspolitik ist immer auch Wirtschafts- und Standortpolitik.»

Reto Wyss (CVP), Bildungsdirektor des Kantons Luzern

In Zukunft droht der Fachkräftemangel in der Schweiz weiter anzuwachsen. Verschiedene Zahlen werden in den Medien herumgeboten. Parmelin, der im Bundesrat für die coolen Sprüche zuständig ist («Irgendein Problem gibt’s immer») bringt es auf eine einfache Formel. «Je mehr, desto besser», sagt er auf die Frage, wie viele Spezialisten die Schweiz denn nun brauche.

Hochschule Luzern ist Vorreiterin

Dazu beitragen und von der Notwendigkeit profitieren soll die Zentralschweiz. Die Hochschule Luzern sei die erste Fachhochschule in der Schweiz gewesen, die ein eigenes Departement für Informatik eingerichtet habe und sich auch weiter auf IT spezialisieren wolle, sagt Reto Wyss (CVP), der Bildungsdirektor des Kantons Luzern, in seiner Eröffnungsrede.

Er steht dem Konkordat der Zentralschweizer Kantone vor, welche die HSLU betreibt. An ihr sind 6600 Studenten eingeschrieben, 660 davon im Departement Informatik.

Hopp Zentralschweiz

«Bildungspolitik ist immer auch Wirtschafts- und Standortpolitik», sagt Wyss. Man wolle die Zentralschweiz gemeinsam voranbringen. Das ist auch dem hohen Gast aus Bern zu Ohren gekommen. Guy Parmelin lobt später im Gespräch die Zentralschweiz «als wirtschaftlich und touristisch dynamische Gegend» mit schöner Landschaft. «Ich bin gerne hier», sagt der Waadtländer.

Sein Spezialist für Cyber-Sicherheit beim VBS ist Diego Schmidlin. Dieser sagt, was ihm an Cyber-Attacken Sorgen macht: Die private Cyber-Kriminalität, mit der eine effiziente Untergrund-Wirtschaft darauf aus sei, möglichst viel Geld zu machen. Meist durch Erpressung, ansonsten sie Dienste lahmlegten. Ausserdem fürchtet er Cyber-Angriffe durch Staaten, die sich strategisch-politische, wirtschaftliche und nachrichtendienstliche Vorteile verschaffen wollten. «Dazu haben sie auch die Mittel», so Schmidlin.

Alle müssen am selben Strang ziehen

Auch Joachim Eder, Ständeherr aus dem Kanton Zug und FDP-Sicherheitspolitiker, begleitet den Anlass. Während der Politikerreden bllickt er streng. Dann schreitet er zum Rednerpult. Er ist gewissermassen der Rufer in der Wüste, denn er hat den Bundesrat dazu gebracht, Cyber-Sicherheit auch wirklich als Verbundaufgabe zu begreifen. 

«Sicherheit ist eine Grundvoraussetzung für eine prosperierende Schweiz.»

Joachim Eder (FDP), Zuger Ständerat

Sie bedinge die Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft, Bund, Kantonen, Wirtschaft und Wissenschaft. So ist es in Rotkreuz mehrfach zu hören.

Eders Schelte

Auf Eders Motion hin wurde die Landesregierung gegen ihren Willen verpflichtet, eine zentrale Stelle für Cyber-Sicherheit einzurichten, die nun im Finanzdepartement platziert wird. Eder möchte auch, dass die Stelle ein Gesicht erhält, jemand soll dafür verantwortlich sein, so wie es einen Beauftragten für Datenschutz gibt.

Reto Wyss (links), Guy Parmelin und Joachim Eder in Rotkreuz.

Reto Wyss (links), Guy Parmelin und Joachim Eder in Rotkreuz.

(Bild: Ingo Hoehn)

«Sicherheit ist eine Grundvoraussetzung für eine prosperierende Schweiz», sagt Eder. Es gebe aber hierzulande nicht die nötigen Strukturen und Ressourcen für ausreichende Cyber-Sicherheit. Der Bundesrat habe zu lange geschlafen. «Das muss mit höchster Priorität korrigiert werden.»

Den anwesenden Verteidigungsminister nimmt er von der Kritik aus. «Er gehört zu den Vorbildern», sagt Eder.

Schweiz ist Mittelmass

Dann verschafft Sicherheitsspezialist Eder den Anwesenden einen Überblick über die Lage. In Sachen Cyber-Sicherheit bewege sich die Schweiz im Mittelfeld, sagt er. In Europa sei Deutschland führend, noch schlechter dran als die Schweiz seien Süd- und Osteuropa. Auf internationaler Ebene sind im Cyberspace Russland und China unübertroffen.

«So schlecht, wie einige sagen, sind wir gar nicht.»

Guy Parmelin (SVP), Bundesrat

Zwei autoritär geführte Staaten also. Hat die Schweiz als zwar hochentwickeltes und wohlhabendes, aber gleichzeitig liberales und föderales Land Schwierigkeiten, den koordinativen Erfordernissen der Cyber-Welt gerecht zu werden, fragen wir am Schluss Guy Parmelin. «Ach, so schlecht, wie einige sagen, sind wir doch gar nicht», sagt er. «Wichtig ist, dass wir jetzt schnell aufholen.»

 

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