Kriens erhält neues Buch-Café «BuK»

Wie ein Arzt das Buch vor dem Tod retten will

Ein Bild aus Zeiten vor Corona: Bernadette Reber Muheim, Simone Gschwend (Mitte) und Thomas Conzett. (Bild: zvg) (Bild: zvg)

In der Krienser Teiggi eröffnet bald eine neue Buchhandlung mit Café. Oder umgekehrt. Ein Arzt erfüllt sich damit einen alten Wunsch. Dass er dabei ein Risiko eingeht, ist ihm völlig bewusst.

Kürzlich erst hat Thomas Conzett den Barista-Kurs absolviert, jetzt füllt er Bücher in die Gestelle. «Es wird noch zwei Nachtschichten geben, dann sind wir bereit», sagt er und klingt dabei erstaunlich gelassen.

Dabei hätte er durchaus Grund, nervös zu sein, beginnt der 46-jährige Hausarzt doch einen neuen Lebensabschnitt: Am Samstag eröffnet er in der Wohnsiedlung Teiggi seine neue Buchhandlung mit Café – oder umgekehrt, je nach Präferenz.

Die neue Genossenschaftssiedlung auf dem alten Teiggi-Areal bietet quasi eine Rundumversorgung in einer Nische. Neben Wohnungen, Ateliers, Geschäften, Kinderkrippe oder Bierbrauerei gehört nun bald auch das «BuK» zum Angebot, kurz für «Buch und Kaffee» (zentralplus berichtete). Die Kaffeemaschine fehlt zwar noch im Lokal gleich beim Eingang der Siedlung, aber die Getränke stehen schon bereit.

Weg vom Bildschirm, rein in die Bücherwelt

Der Mediziner, der daneben noch als Hausarzt arbeitet, hat die Chance in der Teiggi wahrgenommen, um sich den Traum der Buchhandlung zu erfüllen. Der Quereinsteiger erhält Unterstützung von zwei erfahrenen Fachfrauen: Bernadette Reber Muheim und Simone Gschwend wechseln von der Hirschmatt-Buchhandlung nach Kriens, also von dem Geschäft in der Luzerner Neustadt, das seit 30 Jahren tapfer der Bücherkrise trotzt (zentralplus berichtete).

Da wären wir auch schon beim Thema: Wieso von der sicheren Medizinbranche in die unsichere Bücherzunft? Diese Frage hat sich Conzett natürlich auch gestellt. «Rein wirtschaftlich gesehen würden die meisten davon abraten», sagt er, der sein Lokal auch als Beitrag sieht, die Gegend im Zentrum Kriens aufzuwerten. «Aber ich glaube, es gibt ein Bedürfnis nach solchen Orten zum Verweilen, Lesen und Treffen von Leuten.» Weg vom Bildschirm, rein in die analoge, sinnliche Kaffee-Bücher-Welt.

«Und vielleicht schaffe ich es, ein paar davon zu überzeugen, ihre Bücher nicht mehr online zu bestellen», sagt er, auch wenn er natürlich gegen die Giganten Amazon und Co. keine Chance hat. Jedoch ist er sicher, dass es immer gedruckte Bücher geben werde. «Das Haptische wird immer ein Bedürfnis bleiben, man will Bücher in der Hand halten und spüren.»

Nach zwei Jahren Bauzeit ist die Teiggi-Überbauung fertig, Leben zieht ein.

Nach zwei Jahren Bauzeit ist die Teiggi-Überbauung fertig, Leben zieht ein.

(Bild: zvg)

Eher Bücherei als Café

Die Idee für die Buchhandlung war zuerst da, der Kaffee kam erst nach langer Überlegung dazu. «Das Gastronomische ist ein Anknüpfungspunkt, um Leute einzuladen, zu stöbern und so vielleicht zum Buch zu finden», sagt er. Gefühlsmässig sei es für ihn aber eher eine Buchhandlung, zwei Drittel vom Lokal werden denn auch durch Bücher eingenommen. Der Schwerpunkt werde Belletristik sein, daneben gibt es Kinderbücher, Ratgeber und Fachbücher.

Conzett ist bei seiner Suche zufällig auf die Teiggi gestossen und hat schnell gemerkt, dass es ein guter Nährboden ist. «So ist das in den letzten drei Jahren gewachsen und ich habe gemerkt, dass es der richtige Ort für mein Projekt ist», so Conzett.

Einzelne Lokale sind schon offen, andere noch im Umbau.

Einzelne Lokale sind schon offen, andere noch im Umbau.

(Bild: jwy)

In Luzern hätte er das Gleiche nicht gewagt, weil es mit der Hirschmatt-Buchhandlung, dem Buchhaus Stocker und dem «Alter Ego» für alle Bedürfnisse Buchhandlungen gibt. Im Krienser Zentrum jedoch existiert keine Buchhandlung mehr, lediglich im Pilatusmarkt. Conzett glaubt, dass es in Kriens mit seinen 26’000 Einwohnern genügend bücheraffine Leute gibt. «Wenn Luzerner den Weg hierhinfinden, umso schöner, aber Kriens hat genug Potenzial», glaubt Thomas Conzett.

Und hat er keine Angst, dass Leute einfach zum Lesen kommen und dann wieder verschwinden, ohne etwas zu kaufen? «Überhaupt nicht, das darf man», sagt er. Alle Gäste seien willkommen, man soll an diesem Begegnungsort auch einfach Kaffee trinken können, ohne Bücher zu kaufen.

Eröffnung und Lesungen

Eröffnung «BuK – Buch und Kaffee»: Samstag, 15. September, 9 bis 16 Uhr. Teiggi-Eröffnungsfest: Samstag, 22. September, 12 bis 20 Uhr.

Erste Lesungen: 25. Oktober, Professor Aldo Colombi; 8. November, Gianna Molinari (die mit ihrem Debütroman «Hier ist noch alles möglich» auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis stand); 16. November, Emil Zopfi.

Üben für den Cappuccino

Ohne die Unterstützung der zwei erfahrenen Buchhändlerinnen könnte er die Buchhandlung nicht stemmen – einerseits von den Ressourcen her, andererseits vom Fachwissen. Er lese zwar selber viel, aber die Erfahrung sei Gold wert. Und wie hat er die Mitarbeiterinnen der Hirschmatt abgeworben? «Das musste ich nicht, sie haben selber vom Projekt erfahren und sich interessiert», sagt er.

Die drei arbeiten alle Teilzeit im Bücher-Café und teilen sich die Tage von Dienstag bis Samstag auf, über den Mittag, wenn sie noch kleine Speisen anbieten, sind sie jeweils zu zweit. Alle machen alles, von Bücherbestellungen bis zum Milchaufschäumen. «Für den perfekten Cappuccino sind wir noch am Üben», sagt Conzett und lacht, klingt aber zuversichtlich. Den Kaffee beziehen sie von der kleinen Horwer Rösterei «El Imposible Roasters».

Ab und zu stehen Lesungen im «BuK» auf dem Programm (siehe Box). Vorbilder für solche Bücher-Cafés gibt es einige, etwa das Sphères in Zürich oder das Kosmos, das neben Kinos ebenfalls einen Buchsalon anbietet – wenn auch eine Nummer grösser. «Man muss einfach schauen, dass es nicht kippt und irgendwann einfach eine Bar oder ein Café ist, dieses Risiko besteht», sagt Conzett. Darum will sie sich als gute Buchhandlung profilieren.

Aber eben, erst noch der Endspurt. Am Samstag geht das Lokal auf und dann wird Conzett hoffentlich auch wieder mehr Zeit haben, um selber zu lesen. Denn es sei paradox: «Jetzt, wo ich mir den Traum einer eigenen Buchhandlung erfülle, komme ich kaum mehr zum Lesen.»

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