Elektronische Busspur an Luzerner Spitalstrasse

Borgula jubelt und die SVP schäumt

Gibt die Richtung der städtischen Verkehrspolitik vor: Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula.

(Bild: bic)

Dank der elektronischen Busspur an der Luzerner Spitalstrasse haben 1,2 Millionen Buspassagiere künftig Vortritt gegenüber den stehenden Autos. Trotz der Vorteile wird es in der Stadt Luzern in absehbarer Zeit aber keine weiteren solcher Anlagen geben. Mit der scharfen Kritik der SVP hat dies aber nichts zu tun. 

Ein halbes Dutzend Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) und der Stadt begleiteten Stadtrat Adrian Borgula am Donnerstagmorgen bei seinem Gang vor die Medien. Die Freude und vor allem der Stolz über die erste elektronische Busspur im Kanton Luzern an der Spitalstrasse war förmlich spürbar.

Die neue Anlage hat Pioniercharakter. Anstatt auf der Strasse eine separate Busspur zu bauen, wird mit Hilfe der Digitalisierung die Gegenfahrbahn für die Busse kurzerhand zur Überholspur. Fährt der Bus in die neue Haltestelle vor dem Kantonsspital, springt für die Autos in beiden Richtungen eine Ampel auf Rot und die Chauffeure können die abendliche Autoschlange mühelos umfahren.

So funktioniert die Anlage (Video):

Freie Fahrt für 1,2 Millionen Passagiere …

Der Clou an der Sache: Weil das System nur zu den Stosszeiten eingeschaltet ist, bleibt die Situation während gut 20 Stunden am Tag wie bisher. Der Verkehr kann tagsüber normal fliessen. 3,1 Millionen Franken hat das Ganze gekostet. Inklusive des Einbaus eines neuen schalldämpfenden Strassenbelags.

«Wir brauchen keine Busspuren, sondern nur Vorfahrt.»

Beat Nater, Leiter Betrieb und Markt bei den VBL

«Es ist ein enorm wichtiger Tag für die VBL», sagte Beat Nater, Leiter Betrieb und Marketing bei den Verkehrsbetrieben. «Dank neuester Technologie konnte an der Spitalstrasse etwas umgesetzt werden, das wir schon lange propagieren. Wir brauchen keine Busspuren, sondern nur Vorfahrt.» Damit blickt er bereits in die Zukunft. Denn Platz für herkömmliche Busspuren ist in der Stadt kaum vorhanden.

Die Linien 18 und 19 transportieren heute gut 1,2 Millionen Passagiere pro Jahr vom Kantonsspital zum Bahnhof. «Bisher stieg die Reisezeit wegen der Stausituationen auf der Spitalstrasse für die Passagiere um das Dreifache», so der Betriebsleiter. Dank der Anlage könne man sich künftig aber wieder auf den Fahrplan verlassen. 

Fährt der Bus in die neue Station, wird die Ampel automatisch rot und der Chauffeur kann links vorbei fahren.

Fährt der Bus in die neue Station beim Spital, wird die Ampel automatisch rot und der Chauffeur kann links vorbei fahren.

(Bild: bic)

… und die Ambulanz

Profitieren werden aber nicht nur die Mitarbeiter und Besucher des Kantonsspitals. Im Zuge der neuen Busspur wurde auch eine Ampel installiert, damit die Ambulanzfahrzeuge an der Spitalstrasse künftig freie Fahrt haben.

«Wenn die 144 ausrückt, wird der Bus noch vor der Ausfahrt der Rettungsfahrzeuge angehalten. Somit können die Rettungsfahrzeuge ohne Zeitverlust in die Spitalstrasse einbiegen und die Durchfahrt bei der Bushaltestelle bleibt frei», sagt Projektleiter Reinhard Hofmann. Sollte bereits ein Bus an der Haltestelle stehen, teilt das System dies der Ambulanz automatisch mit.

Damit die Buspriorisierung künftig wie vorgesehen klappt, stehen neu auch Ampeln bei den privaten Ausfahrten der Anwohner. Diese werden gleichzeitig wie diejenigen auf der Strasse auf Rot schalten.

Keine weiteren Anlagen in Planung

Trotz der genannten Vorteile wird es laut Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) in Luzern in nächster Zeit keine weiteren Busspuren dieser Art geben. «Wir haben eine identische Anlage auch für die Bernstrasse geprüft», so der Stadtrat. Die verkehrstechnischen Voraussetzungen seien dort jedoch nicht gegeben.

«An der Spitalstrasse hat es genügend Platz, wenn es aufgrund der Buspriorisierung zu kurzen Rückstaus kommt. An der Bernstrasse würden die Autos allenfalls aber im Kreisel Kreuzstutz stecken bleiben und somit die ganze Kreuzung blockieren», erklärt Borgula. «Das Resultat wäre wohl ein Verkehrskollaps in der ganzen Stadt.»

«Es ist sehr fragwürdig, dass derartige Experimente umgesetzt werden.»

SVP Stadt Luzern

Zudem gebe es dort im Gegensatz zur Spitalstrasse oft in beiden Richtungen Stau, weshalb der Bus gar nicht auf die Gegenfahrbahn ausweichen könne. «Auf der Spitalstrasse staut sich der Verkehr auch während der Stosszeiten in der Regel nur abwärts Richtung St.Karli-Kirche», erläutert Borgula. Deshalb sei die Strasse ideal für eine elektronische Busspur.

Die Technologie sei keine Übergangslösung, bis man etwas besseres findet, sagt Borgula abschliessend. Vor allem, da solche Projekte vergleichsweise kostengünstig und ohne grössere Eingriffe in die Umgebung realisiert werden können.

Die SVP ist nicht begeistert

Während sich die Einen über die elektronische Busspur freuen, stösst sie den Anderen sauer auf. Die SVP äusserte bereits am Tag der Inbetriebnahme der Anlage in einer Mitteilung scharfe Kritik. Insbesondere wittert sie eine Benachteiligung der Autofahrer zu Gunsten des öV.

«Es müssen langfristige, nachhaltige und für alle Verkehrsteilnehmer vertretbare Lösungen gesucht werden», so die Partei. Die Anlage sei reine Pflästerlipolitik. «Ein Abschnitt wird mit einer elektronischen Busspur ausgerüstet, gleichzeitig wird einmal mehr der motorisierte Individualverkehr eingeschränkt», lautet die Kritik. «Es ist sehr fragwürdig, dass derartige Experimente umgesetzt werden.»

Borgula beschwichtigt jedoch: «Es sind vielleicht 10 bis 15 Sekunden, die ein Autofahrer bei Betrieb der Anlage verliert. Statt vor dem Bus trifft er dann einfach hinter ihm beim Kreuzstutz ein», so der Stadtrat.

Somit könnten die Busse auf der St.Karli-Brücke ungehindert auf die bereits bestehende Busspur fahren. Eine Auswirkung auf die Länge des Staus habe die Anlage also nicht.

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