Selbstversuch: Wo der Figur geschmeichelt wird

In diesen Luzerner Umkleidekabinen probiert es sich am besten

Luzerner Umkleidekabinen – oder über graue Haare, Billig-Bordelle und kleine Schummeleien.

 

(Bild: ida)

Ein Shopping-Marathon ist nicht nur lustig. In unvorteilhaften Umkleidekabinen erspäht man Fettpölsterchen, Falten und gar graue Haare. In anderen deckt man Schummeleien auf. Welche Luzerner Umkleidekabinen gleichen einer Wohlfühloase und welche einer Kammer des Schreckens? Die Unterschiede sind frappant.

Niemand mag Umkleidekabinen. Es ist eine Tortur des Anprobierens: Im gespiegelten Angesicht zeigen sich elektrisierte Haare und ein errötetes Gesicht. Schweissausbrüche später stellt man sich die Frage, ob man den ganzen Tag so schrecklich ausgesehen hat. Neuentdeckte Fettpölsterchen, Falten und graue Haare, die man so noch nie gesehen hat. Voller Selbstzweifel sucht man das Weite.

Doch nicht überall muss das Ego leiden. Andere Umkleidekabinen schmeicheln der Figur, verdecken die dunklen Augenringe. Zufrieden betrachtet man sich im Spiegel. Das Kleid sitzt und sieht auch noch gut aus. Erst zu Hause treibt es einem dann die ersten Sorgenfalten auf die Stirn. Weil’s vor dem hauseigenen Spiegel dann doch nicht mehr so gut aussieht.

Doch: Um welche Luzerner Umkleidekabinen kann man getrost einen Umweg machen, um nicht in totale Selbstzweifel zu verfallen? Und wo gibt’s ein akzeptables Spiegelselfie? zentralplus fotografierte sich durch zwölf Umkleidekabinen.

«Mango»: Die Angst vor den «Spienzlern»

Als Erstes treibt es uns in die Umkleidekabine von «Mango». Die Lichtverhältnisse überzeugen, sie schmeicheln der Figur, aber auch dem Teint. Fast so, als ob man einen Monat auf den Malediven am Strand geweilt hätte. Die Kabine selbst ist schlicht gestaltet. Ton in Ton: graue Wände, grauer Boden und graue Vorhänge – was einen guten, dennoch nicht allzu krassen Kontrast mit den Farben der Kleidungsstücke erzielt. Jedoch tragen die kahlen Wände nicht viel dazu bei, länger als nötig in der Kabine zu verweilen. Es wirkt steril. Und mit der Zeit setzt sich der Gedanke durch, in einer Zelle zu stehen.

Minuspunkte gibt’s für den Vorhang. Nach einem Kampf mit ihm geben wir schliesslich die Hoffnung auf, diesen richtig zu schliessen. Also ergreifen wir die Flucht, bevor jemand zuguckt und sich wundert, welch selbstverliebte Spiegelselfies hier geknipst werden.

Ideal: mit dem mangofarbenen Rock in die Kabine von «Mango».

Ideal: mit dem mangofarbenen Rock in die Kabine von «Mango».

(Bild: ida)

Graue Haare in der «Bershka»-Kabine

Eine kleine Katastrophe und einen halben Nervenzusammenbruch erleben wir in der Umkleidekabine von «Bershka». Kühle und triste Farben tragen kaum zu einer Wohlfühloase bei. Das Licht lässt das Gesicht blass erscheinen. Die «Schnute» gibt’s extra. Die Kabine ist lieblos gestaltet und macht einen schmuddeligen Eindruck. Das karge Licht kommt aus einer kleinen Lichtquelle an der Decke. Das Einzige, wofür diese Kabine geeignet ist: Graue Haare kommen jetzt so richtig zur Geltung. Ideal, um sich darüber aufregen zu können.

Immerhin erkennen wir nun, dass sich die Feierabendbierchen der letzten Tage wohl doch ein wenig am Bauch angesetzt haben.

Verärgert und von Selbstzweifel gepackt ergreifen wir die Flucht.

 

Unglücklich und schmollend.

Unglücklich und schmollend.

(Bild: ida)

Das Billig-Bordell à la «Metro-Boutique»

Alles Andere als ein glückliches Gesicht macht man in der Kabine der «Metro-Boutique». Gewohnt trashig halt. Ein Vorhang aus braunem Blachen à la Billig-Kunstleder und ein Stuhl in Zebra-Optik tragen zur Billig-Bordell-Stimmung bei. Genauso billig fühlt man sich, beschämte Blicke auf den Boden gibt’s hier wohl nicht selten. Das Licht sieht ab der Hüfte abwärts zwar ganz in Ordnung aus und scheint die Figur etwas ins Dünne zu schummeln.

Der Teint wirkt jedoch blass. Und nach einem prüfenden Blick ins gespiegelte Antlitz hängt man auch hier die Kleidung lieber gleich wieder an die imaginäre «Nee, doch nicht»-Stange.

Lack, Leder und Zebraoptik. Die Umkleidekabine der «Metro-Boutique».

Lack, Leder und Zebraoptik. Die Umkleidekabine der «Metro-Boutique».

(Bild: ida)

Glattgebügelt im «Vero Moda»

Ein Lächeln ins Gesicht zaubert einem die Umkleidekabine von «Vero Moda». Das Licht schmeichelt der Figur, dem Teint und der Kleidung. Die Kleidung sieht glattgebügelt aus. Ob der Spiegel ein wenig dünner macht? Wir vermuten es – und nehmen es dankend zur Kenntnis.

Das Licht kommt von der Decke sowie von beiden Seiten des Spiegels. Die Kabine macht einen heimeligen Eindruck, wohl nicht zuletzt dank dem türkisfarbenen Vorhang.

«Vero Moda»: mit einem Lächeln.

«Vero Moda»: mit einem Lächeln.

(Bild: ida)

Extravagant im «Hunkemöller»

Ein Highlight war der Abstecher in den «Hunkemöller» in der Mall. Die Kabinen sind gross, dennoch fühlt man sich bei einem Blick in den Spiegel nicht wie ein verlorenes Mädchen in der weiten Welt. Überraschend, dass man bei dem warmen und dämmrigen Licht dennoch die Farbe seiner Augen erkennen kann.

An einem Tablet kann man die Stimmung des Lichtes selbst wählen. «Casual», «sport», «swim», oder «seductive» stehen zur Auswahl. Je nach Effekt wirkt der Teint sonnengebräunt oder -gebrannt. Und die Haut gleicht eher derjenigen einer Orange.

Da «Hunkemöller» einzig Damenunterwäsche in seinem Sortiment hat, ist die Klingel, mit der man die Bedienung holen kann, optimal, um nicht der ganzen Mall seine entblösste Schokoladenseite präsentieren zu müssen. Deshalb sieht bei dem Licht wohl alles so glattgebügelt aus. In Dessous wären lästige Fettpölsterchen wohl eher sichtbar.

Nach dem Motto «sex sells» im «Hunkemöller».

Nach dem Motto «sex sells» im «Hunkemöller».

(Bild: ida)

Einsam und allein in der Kabine des «C&A»

Ein wenig verloren stehen wir in der Umkleidekabine des «C&A». Nicht nur, weil man hier vergebens nach mehr Licht sucht. Die Kabine ist riesig. Das schummrige Licht bringt einen zum Gähnen, auch der Schlafzimmerblick legt sich automatisch übers Gesicht. Zeit für ein Nickerchen? Genug Platz hätte es ja.

Lauscht man den Gesprächen aus den Umkleidekabinen nebenan, vernimmt man, wie auch eine andere Shopperin nicht mehr aus der Kabine möchte. Aber eher, weil es «mega komisch» aussehe.

Ein Daumen-Hoch gibt’s jedoch für die Wand. Vier Kleiderhaken stehen zur Verfügung – inklusive Bemalung. Ein Haken für die Tasche, ein Haken fürs «Das-nehm-ich-Kleid» sowie ein Haken für «Nee, ganz bestimmt nicht». Der letzte mit Fragezeichen ist für die Kleidung, die man sich zehnmal überstreift, um danach immer noch nicht zu wissen, ob das einem nun steht oder doch nicht.

 

«C&A»: Auf der Suche nach Licht.

«C&A»: Auf der Suche nach Licht.

(Bild: ida)

«Scheinwerfer-Look» im «New Yorker»

Schlängelnd kämpfen wir uns durch das Labyrinth des völlig überfüllten «New Yorkers».

Hatten wir vorhin noch über zu wenig Licht geklagt, überkommt uns hier eine wahre Lichtflut. Und die ist ein wenig arg grell. Wie eine Schaufensterpuppe und völlig überbelichtet steht man in dieser Kabine fehl am Platz. Und auch diese gleicht einer Zelle. Die Wände sind schwarz und weiss, Details von Tür und Sitzbank sind aus Metall.

Den Weg zu dieser Kabine hätte man sich sparen können. Nach einem peinlich-berührten Selfie suchen wir auch hier das Weite.

Und es wurde Licht. Und wie! Im «New Yorker» setzt man sich wohl lieber gleich die Sonnenbrille auf.

Und es wurde Licht. Und wie! Im «New Yorker» setzt man sich wohl lieber gleich die Sonnenbrille auf.

(Bild: ida)

Schummeleien im «Marc O’Polo»

Gut, wenn man sich in der Mall verirrt, sonst hätten wir wohl kaum den «Marc O’Polo» erblickt. Schade wär’s gewesen: Denn diese Kabine überzeugt. Auch hier: glattgebügelte Kleidung, keine Falten, keine Augenringe, keine grauen Haare.

Dafür gibt’s auch mal ein Lächeln. Aber Vorsicht: Ob die gekaufte Kleidung zu Hause genauso gut ausschaut? Befürchtete Bierbäuchchen oder zerknitterte Kleidung scheinen hier jedenfalls wie weggezaubert zu sein.

«Marc O'Polo» weiss gekonnt, wie man die Kunden in der Kabine hält.

«Marc O’Polo» weiss gekonnt, wie man die Kunden in der Kabine hält.

(Bild: ida)

«Only» Reggae

Im «Only»-Store dröhnt Reggae-Musik aus den Boxen. Die Kabinen sind zwar eher klein und der metallene Hocker wenig einladend, um darauf zu sitzen. Dafür ist das Licht ganz gut und warm. Besonders grelle Farben kommen zur Geltung.

Auch muss man sich nicht mit dem Vorhang abringen. Dafür gucken unten die Füsse raus, sichtbar für alle Wartenden.

«Only»: Daumen hoch für das Licht.

«Only»: Daumen hoch für das Licht.

(Bild: ida)

Schlicht und natürlich im «Kofler»

Zurück in der Stadt Luzern bugsieren wir uns – langsam ein wenig müde – in den «Kofler». Kurz ein nettes Kompliment der freundlichen Mitarbeitenden abgesahnt, die uns – auch, während wir in der Kabine stehen – stets mit neuer Kleidung versorgt.

Die Kabine ist schlicht. Das Licht scheint alles so wiederzugeben, wie es auch in Natura ist. Nichts beschönigt, aber auch nichts verschlimmert. Kleidung, die hier sitzt, sitzt hoffentlich auch noch zu Hause.

Ziemlich in Natura sieht's wohl in der Umkleidekabine des «Koffler» aus.

Ziemlich in Natura sieht’s wohl in der Umkleidekabine des «Koffler» aus.

(Bild: ida)

Noch kurz für ein Selfie auf den «Matschu Pitschu»

Die Mall hat hauseigene virtuelle Umkleidekabinen, die rund sechs Quadratmeter gross sind – ein echter Geheimtipp sollen sie sein. Den Hintergrund kann man per Video individuell verstellen: Ob ein Selfie vor dem Machu Picchu, in einem Dschungel oder vor einer idyllischen Berglandschaft – die Mall macht’s möglich.

Auch hier ringen wir uns einen Kampf ab – nicht mit dem Vorhang, jedoch mit dem hauseigenen Selfiestick, der zur Kabine gehört. Glücklicherweise ist der Boden mit einem flauschigen Teppich belegt, sonst wäre das Display unseres Handys in tausend Stücke gebrochen. Die Kamera so auszurichten, dass der Hintergrund schön mittig auf dem Bild zu sehen ist, erfordert eine Taktik, die wir nicht beherrschten.

Das Resultat zeugt eher von einem Missgeschick. Mit dem gefälschten Ferienselfie kann man wohl kaum seine Kollegen davon überzeugen, dass man gerade den Ausblick auf dem «Matschu Pitschu» – so schreibt es jedenfalls die Mall – geniesse. Oder man kurz davor sei, seine Füsse in den eiskühlen Bergsee zu tauchen.

Nicht wirklich überzeugend: das gefälschte Ferien-Selfie.

Nicht wirklich überzeugend: das gefälschte Ferien-Selfie.

(Bild: ida)

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